Wann sich ein Omnichannel-Management lohnt

Beim Omnichannel-Einkauf nutzen Konsumierende Online- und Offline-Kontaktpunkte und erwarten ein nahtloses Einkaufserlebnis. Lohnt sich der damit verbundene Aufwand?
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Thomas Rudolph ist Professor für Marketing und internationales Handelsmanagement und Direktor des Forschungszentrums für Handelsmanagement an der Universität St. Gallen. Nora Kralle ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungszentrum für Handelsmanagement an der Universität St. Gallen. (© Universität St. Gallen, Montage: Olaf Heß)

Die Bedeutung von Omnichannel-Käufen hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Unsere aktuelle Studie zum „Omnichannel-Management in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ unterstreicht diesen Trend: Im Jahr 2017 konnten lediglich 52 von 100 Verbrauchern im DACH-Raum einen Omnichannel-Händler benennen, während es 2024 bereits 77 von 100 sind. Darüber hinaus nutzen 45 von 100 Befragten im Jahr 2024 mindestens einen Online-Kontaktpunkt (Bewertungsportale, Newsletter usw.) und einen Offline-Kontaktpunkt (Kataloge, Zeitungen, Ladengeschäfte usw.) beim Einkaufen, verglichen mit nur 34 von 100 im Jahr 2017. 

Kund*innen machen es sich bei Routinekäufen einfacher 

Gleichzeitig zeigt die Studie jedoch, dass die Anzahl genutzter Kontaktpunkte während eines Omnichannel-Einkaufs zurückgegangen ist. Im Jahr 2021 nutzten Verbraucher in der DACH-Region und in allen Branchen durchschnittlich 4,1 Kontaktpunkte, während es im Jahr 2024 nur noch 3,6 sind. Dies deutet darauf hin, dass Einkäufe, die wenig kosten und wenig Engagement erfordern, routinemäßig getätigt werden. Wir bemühen uns, diese Art von Einkäufen zu vereinfachen. 

Quelle: Rudolph, T., Kralle, N. & Schraml, C. (2024). Omni-Channel Management in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Daher stellt sich die Frage, welche Einkäufe insbesondere von einem guten Omnichannel-Ansatz profitieren? Ein solcher Ansatz ist besonders sinnvoll bei Einkäufen, die mehr kosten oder ein höheres Engagement seitens der Verbraucher*innen erfordern. Genau diese Art von Einkäufen haben wir in unserer Studie untersucht. Eine Befragung von 3000 Konsumierenden zu ihren kanalübergreifenden Einkäufen in verschiedenen Handelsbranchen des DACH-Raums liefert Erkenntnisse über die genutzten Kontaktpunkte und Ausgabebeträge bei Omnichannel-Einkäufen. 

Omnichannel-Einkäufe steigern den Ausgabebetrag 

Es zeigt sich, dass der durchschnittliche Ausgabebetrag mit der Anzahl genutzter Kontaktpunkte zunimmt, wobei dieser bei sechs Kontaktpunkten am höchsten ist. Offenbar informieren sich Verbraucher*innen auf verschiedenen Online- und Offline-Plattformen, wenn es um größere Anschaffungen geht. Der Ausgabebetrag und das empfundene Kaufrisiko, aber auch das sogenannte Involvement für den Einkauf führen zu einer höheren Kontaktpunktnutzung. Für diese Art von Einkäufen sollten Händler unbedingt ein gutes Omnichannel-Management anbieten. 

Seit 2017 steigt der Ausgabebetrag bei Omnichannel-Einkäufen kontinuierlich an. Im Jahr 2024 geben Verbraucher*innen im Durchschnitt 204 Euro für ihre Omnichannel-Einkäufe aus, was einem Anstieg von 14 Prozent im Vergleich zu 2021 (179 Euro) und 37 Prozent im Vergleich zu 2017 (149 Euro) entspricht.  

Quelle: Rudolph, T., Kralle, N. & Schraml, C. (2024). Omni-Channel Management in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Omnichannel-Management kann also erheblich dazu beitragen, Einkäufe mit einem hohen Ausgabebetrag und einem hohen Involvement zu unterstützen. Verbraucher, die bei solchen Einkäufen mehr als sechs Kontaktpunkte pro Einkauf nutzen, geben im Durchschnitt 295 Euro aus, was einem Anstieg von 127 Prozent im Vergleich zu Verbraucher*innen entspricht, die nur einen Kontaktpunkt nutzen (130 Euro). 

Handlungsempfehlungen für Händler 

Um hohe Ausgabebeträge zu erzielen, sollten Händler Omnichannel-Einkäufe fördern, die als risikoreich eingestuft werden und Kund*innen emotional besonders ansprechen. Dafür sollten sie zunächst verschiedene Offline- und Online-Kontaktpunkte zur Verfügung stellen. Neben einem Online-Shop und einem stationären Laden sollte der Anbieter auch über soziale Medien erreichbar sein. Darüber hinaus sollten die Kontaktpunkte inhaltlich sehr gut aufeinander abgestimmt sein, damit Verbraucher*innen einerseits problemlos zwischen ihnen wechseln können, aber auch um das Kauferlebnis zu verbessern. 

Händler sollten gerade bei teuren Produkten durch gezielte Marketingmaßnahmen Kund*innen dazu ermutigen, ihre verschiedenen Distributions- und Kommunikationskanäle zu nutzen. Dies kann beispielsweise durch Hinweise auf der Webseite geschehen, dass Produkte im Laden in der Nähe ausprobiert werden können, oder durch Verweise auf Social-Media-Kanäle im Geschäft. Dadurch steigt die Sicherheit für einen guten Kauf.  

Das Anbieten von Omnichannel-Services wie Click & Collect führt ebenfalls dazu, dass Verbraucher*innen mehr Kontaktpunkte nutzen. Sie bestellen das Produkt online und holen es im Laden ab. Im Geschäft haben Händler dann die Möglichkeit, den Warenkorb ihrer Kund*innen durch Zusatzkäufe zu erhöhen. Konsumierende besitzen aber auch die Chance, Produkte direkt zu prüfen, was erneut die Kaufsicherheit erhöht. 

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse empfehlen wir Händlern, ihr Omnichannel Management gezielt auszubauen. Dieses sollte sich auf Einkäufe mit hohen Ausgabebeträgen und einem hohen emotionalen Engagement der Konsumierenden konzentrieren. So kann es gelingen, genau diese Produkte häufiger zu verkaufen und die Rentabilität im Handel zu verbessern.