Wann lohnt sich Content Marketing eigentlich?

Nie wurde so viel Content produziert wie heute. Marken werden zu Publikationsfabriken für Content. Zwischen Informationsmüll und echtem Inhalt mit Nutzen entscheiden nur zwei Aspekte: Die Relevanz für den Kunden und der Mehrwert für die Marke.
Franz-Rudolf Esch

Wie heißt es so schön: You can’t build a brand around an empty promise. Also muss es zum einen etwas geben, über das man reden kann, und das Ganze muss zudem relevant für Kunden sein und die Marke vom Wettbewerb abgrenzen.

Man könnte auch sagen: Tue Gutes und rede darüber. Die Frage ist nur, wie man damit bei der herrschenden Informationsflut auch wirklich Kunden erreichen kann. Denn mehr Content erhöht also zunächst das Angebot und somit auch die Komplexität und stellt erhöhte Anforderungen an eine wirksame Strategie.

Trotz dieser Herausforderungen verfolgen in den USA laut Content Marketing Institute bereits 88 Prozent der Manager Content Marketing. 76 Prozent wollen künftig sogar noch mehr Content produzieren als zuvor. Bildlich gesprochen: Die Druckmaschine ist in vollem Gange.

Durch die Digitalisierung wird die Verbreitung von relevanten Informationen immer einfacher und wichtiger, um bei (potentiellen) Kunden als Marke präsent zu sein. Das Content Marketing zielt somit darauf ab, das eine Marke den Kundenbedarf identifiziert, analysiert und durch entsprechende Inhalte befriedigt, um davon zu profitieren, indem dieser digitale Inhalt über entsprechende elektronische Kanäle verbreitet wird.

Den Unterschied zwischen klassischer Kommunikation und Content Marketing bringt Susan Solomon schön auf den Punkt. Sie meint: „A firm advertises if it wants to tell the world that it is a rock star, but if it wants to show and prove why it is one, have great contents!”. Hier kommt der Content klar aus der Marke. Red Bull lässt grüßen.

Nike zeigt, wie es geht: In dem Content-Marketing-Projekt „Breaking2“ geht es darum, eine neue Marathon-Bestzeit unter zwei Stunden aufzustellen. Dazu bringt Nike nach eigenen Angaben mehrere sportliche und wissenschaftliche Experten von Athleten über Produktforschung, Trainingslehre, Ernährung bis hin zur Umwelt zusammen. Die Aktion trägt der Mission von Nike Rechnung, die Inspiration und Innovation für Sportler auf der ganzen Welt bieten möchte.

Die Frage ist nur: Wann lohnt sich eine Content-Strategie wirklich und wie setzt man diese um?

Die Content-Strategie wirksam planen

Folgende Fragen sind aus meiner Perspektive wichtig:

Warum brauchen wir eine Content-Strategie? Welche Zielsetzung wird damit konkret verfolgt? Hier sind unterschiedliche Zielsetzungen denkbar.

  • Der Markenaufbau und die Markenstärkung, indem etwa Beweise für die Leistungsfähigkeit einer Marke gegeben werden oder emotionale Geschichten oder Erfolgsstories zur Marke erzählt werden. Blend-Tec hat mit seinen YouTube-Spots und der Frage „Will it blend“ Millionen von Zuschauern erreicht und dadurch einen sensationellen Umsatzschub bewirkt, indem die Leistungsfähigkeit der Mixer plastisch durch das Zermahlen von iPhones und anderen Geräten unter Beweis gestellt wurde.
  • Die Bildung einer Community, die den Austausch zur Marke und untereinander ermöglicht und dadurch die Bindung an die Marke verstärkt oder zu Lösungen bei der Nutzung der Marke beiträgt.
  • Zu PR-Zwecken, um Leistungen und Innovationen oder Fortschritte bei der Marke sichtbar zu machen oder um Stellung zu aktuellen Anlässen zu beziehen.
  • Zur Marktforschung, um die Kundenbedürfnisse der Kunden besser zu verstehen oder Probleme mit der Nutzung von Produkten und Services zu erkennen und Antworten darauf zu finden.
  • Zum Kundenservice, indem etwa wie bei Maggi über Apps gezeigt wird, was man alles zur Fertigstellung eines Gerichtes an Produkten benötigt und wie man dieses Gericht dann zubereiten kann.
  • Zur Lead/Sales-Generierung. Wenn Hornbach als erstes Unternehmen bei einer Google-Anfrage „Wie streicht man Wände richtig?“ auftaucht und erklärt, wie man Wände streicht, die Produkte dazu auf listet und ein Erklärvideo zur Verfügung stellt sowie die Möglichkeit, alle relevanten Produkte direkt bei Hornbach zu ordern, so ist dies vorbildhaft.

Welche Zielgruppe möchte ich konkret mit dem Content adressieren? Guter Content sollte schließlich ein Kundenbedürfnis adressieren und idealerweise auch befriedigen. Gerade hier bietet sich die große Möglichkeit, kohärent Markenwerte zielgruppenspezifisch zu spielen und zu deklinieren. Wichtig ist dabei zu klären, ob die Inhalte und deren Vermittlung auch spezifisch genug für die jeweilige Zielgruppe ist.

Was soll vermittelt werden? Wie kann man nun konkret Inhalte entwickeln, die sowohl die Kundenbedürfnisse treffen als auch die Stärken der Marke vermitteln? Welche Art von Content funktioniert am besten? Ich unterscheide hier zwischen

  • Content aus der Marke (der Red Bull-Weg) und
  • Content für die Marke (indem beispielsweise Kunden über ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit der Marke berichten oder aus Kundenfeedbacks spezifische Kundenbedürfnisse aufgegriffen werden).

Weitere wichtige Aspekte betreffen die Fragen, wann, wo und wie der Content konkret umgesetzt werden soll. Zudem stellt sich die Frage nach der Erfolgsmessung und den KPI’s, damit der Aufwand zur Contenterstellung mit dem qualitativen und quantitativen Return in Beziehung gesetzt werden kann.

Ist Content wirklich King und sind Unternehmen King of Content?

Mein Habilitationsvater Werner Kroeber-Riel meinte schon früh: If you have nothing to say, sing it! Es mag Marken geben, die nichts zu sagen haben, weil deren Produkte so trivial sind. Aber selbst bei diesen Marken muss man bei Kunden auf Sendung sein, sonst hat man verloren. Viele Marken haben aber etwas vorzuweisen, das es zu kommunizieren gilt. Ob Content Marketing hier das Allheilmittel ist, ist zu bezweifeln. Vielmehr kommt es darauf an, die richtigen Instrumente zu bespielen, um als Marke in der Kundenreise präsent zu sein und als Alternative in Frage zu kommen und Kunden zu binden. Dazu reichen alleine die Anstrengungen der Marke nicht aus, vielmehr ist auch die Initiierung von Word of Mouth ein wichtiger Multiplikator, der auch durch Content Marketing angeheizt werden kann. Unternehmen sollten sich allerdings darüber bewusst sein, dass mehr als 90 Prozent des Word of Mouth noch im realen Leben stattfindet.

Bei aller Euphorie bezüglich des Content Marketing darf zudem der Aufwand für die Produktion von relevantem Content nicht unterschätzt werden. Zudem stellt sich die Frage, ob die Marke überhaupt genug Stoff für Content hat oder dieser produzierbar ist. Zudem muss die avisierte Zielgruppe auch wirklich Interesse daran haben. (Bei Toilettenpapier kann ich mir dies beispielsweise schwerlich vorstellen, sowohl von der Marke als auch von den Kunden aus gedacht, es sei denn, es ginge um „Problemhintern“.) Und schließlich bedarf es auch einer Institutionalisierung des Content Marketing in Unternehmen, deren Integration in den gesamten Kommunikations-Mix und die Abstimmung von Verantwortlichkeiten, Prozessen und Strukturen intern sowie mit externen Partnern.

Insofern überrascht es nicht, dass sich hier und da eine gewisse Ernüchterung breit macht, weil das Content Marketing die hohen Erwartungen oft nicht erfüllt – entweder, weil es strategisch falsch aufgesetzt wurde oder weil auf der Kundenreise doch andere Aspekte mehr zählen.