Der ehemalige BMW-Manager Markus Duesmann wird neuer Audi-Chef. Der 50-Jährige werde den erst zu Jahresbeginn berufenen Vorstandsvorsitzenden Bram Schot im kommenden April ablösen, teilten VW und Audi am Freitag in Wolfsburg und Ingolstadt mit. VW-Konzernchef Herbert Diess, der auch den Audi-Aufsichtsrat leitet, sagte laut Mitteilung, Duesmann werde das Versprechen „Vorsprung durch Technik“ verstärkt unter Beweis stellen.
Diess hatte seinen ehemaligen Mitarbeiter Duesmann zwar schon im Juli 2018 – kurz nach der Verhaftung des damaligen Audi-Chefs Rupert Stadler – aus dem BMW-Vorstand abgeworben. Die Münchner gaben ihn aber erst jetzt aus seinem Vertrag frei. Schot hatte Audi zunächst kommissarisch geführt und war im Januar dieses Jahres zum Vorstandsvorsitzenden berufen worden.
Der VW-Konzernchef lobte Duesmann als „exzellenten Ingenieur“ und dankte Schot: „Er hat die Führung der Audi AG in einer schwierigen Zeit übernommen, die Geschäfte sehr erfolgreich geleitet und wichtige Veränderungen angestoßen.“ Der Audi-Gesamtbetriebsratschef und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Peter Mosch sagte: „Von Markus Duesmann und seinem Vorstandsteam erwarten wir eine stabile Auslastung der Werke und mehr Mut zu Vorsprung durch Technik.“
Duesmann und VW-Chef Diess sind enge Vertraute
Maschinenbau-Ingenieur Duesmann kommt aus dem Münsterland, hatte seine Karriere bei Mercedes-Benz gestartet und war ins Formel-1-Team von BMW gewechselt. Als Leiter der BMW-Motorenentwicklung arbeitete er mit Diess zusammen, der bis 2014 BMW-Entwicklungsvorstand gewesen war. Duesmann, der auch als Experte für Fahrerassistenzsysteme gilt, war 2016 in den BMW-Vorstand berufen worden und sorgte als Einkaufschef für Schlagzeilen mit einem Milliardenvertrag mit dem größten chinesischen Batteriezellenbauer CATL, der nun ein Werk in Thüringen baut.
Bei Audi warten enorme Aufgaben auf ihn. Die VW-Tochter ist seit der Aufdeckung des Dieselskandals 2015 auf Talfahrt und deutlich hinter die Konkurrenten Daimler und BMW zurückgefallen. Der Skandal kostete Milliarden und band Kapazitäten. Sechs Entwicklungschefs hatte Audi in den vergangenen sieben Jahren, die Autos verkaufen sich immer schlechter. Die Werke in Ingolstadt und Neckarsulm sind wenig ausgelastet, Verhandlungen über Stellenabbau laufen. Duesmann soll Audi wieder profitabler machen, enger mit Porsche und VW zusammenarbeiten und bis 2025 auch 30 elektrifizierte Modelle auf den Markt bringen.
Die Stimmung in Ingolstadt selbst verdeutlicht ein Brief von Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) sowie den Betriebsratsvorsitzenden von Audi und Airbus auf Initiative der IG Metall an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie fordern unter anderem Investitionen, um Arbeitsplätze in der Region zu halten.
Vorgänger Schot verlässt den VW-Konzern
Der VW-Aufsichtsrat beschloss am Freitag auch, Duesmann zum neuen Mitglied des Konzernvorstands zu bestellen. Zu seinen Aufgaben sollen die Verantwortung für Konzernforschung und -entwicklung gehören, die aktuell beim Vorstandsvorsitzenden liegt. Im Gegenzug werde die Zuständigkeit für den Konzernvertrieb zu Diess wechseln. Schot verlasse das Unternehmen Ende März 2020 „im besten Einvernehmen“.
Stefan Randak, Autoexperte bei der Managementberatung Atreus, sagte, Schot sei „ein guter Übergangschef“ gewesen nach Stadlers plötzlichem Abgang. Aber „Audi braucht heute einen Techniker an der Spitze“, der eine klare Strategie habe und „endlich eine nachhaltige Modelloffensive starten“ könne. Da sei Duesmann genau der Richtige. Audi habe zu viele Management-Ebenen und beschäftige zwei Drittel seiner 90.000 Mitarbeiter in Ingolstadt und Neckarsulm, „auch da muss Audi ran. Mercedes und BMW produzieren viel mehr im Ausland, günstiger, bei gleicher Qualität“, sagte Randak. „Und wenn der VW-Konzern seine kleineren Elektroautos in Zwickau bauen will, muss sich auch Audi konstruktiv einbringen.“
Ob und wann wiederum Stadler vor Gericht kommt, ist offen. Die Staatsanwaltschaft München hat Anklage wegen Betrugs durch den Verkauf von Autos mit unzulässiger Abgasreinigung erhoben, erwartet die Entscheidung des Landgerichts aber erst nächstes Jahr.
dpa/tht