Für VW läuft es auf dem US-Markt seit Jahren schlecht. Der deutsche Automobilbauer kämpft schon lange mit schwachen Verkaufszahlen. Gerade weil der Absatz in den USA für VW nicht stimmt, werden die aktuellen Ermittlungen um die Abgas-Manipulationen das Unternehmen und insbesondere die Marke weiter schwächen. Gerade ein Streit mit der US-Umweltbehörde EPA ist ein großer Rückschlag für den Konzern, der seit Jahren versucht mit den Diesel-Motoren auf dem US-Markt zu punkten. Doch die Zahlen sprechen gegen den Konzern: Im Gesamtjahr liegt VW mit rund 238 000 verkauften Autos in den USA 2,8 Prozent unter dem Vorjahreswert.
Eine groß angelegte Marketing-Kampagne mit dem Slogan „Clean Diesel“, sollte die Verbraucher von der Umweltfreundlichkeit der Fahrzeuge überzeugen. Das ging nun nach hinten los.
Die Faktenlage und ein Eingeständnis
Am Freitag ging bei VW ein Schreiben der US-Umweltbehörde EPA ein. In dem Schreiben erheben die Amerikaner Vorwürfe gegen den deutschen Autobauer. Es geht um Verstöße gegen das Klimaschutzgesetz „Clean Air Act”. Um die Messung des Schadstoffausstoßes zu manipulieren, setzte VW eine Software ein, die die Daten verfälschte. Betroffen sind Vierzylinder-Diesel-Modelle von Passat, Golf, Jetta, Beetle und Audi A3 der Baujahre 2009 bis 2015. EPA fordert den Rückruf von 482 000 Diesel-Fahrzeugen in Kalifornien. Durch das Programm soll es möglich sein, das Abgas-Kontrollsystem nur bei offiziellen Emissionstests zu aktivieren. Das würde bedeuten, dass die Luftverpestung in Wirklichkeit viel höher wäre.
VW reagierte am Wochenende und Volkswagen-Vorstandschef Martin Winterkorn (68) kündigte am Sonntag eine externe Untersuchung der Vorgänge an. „Ich persönlich bedauere zutiefst, dass wir das Vertrauen unserer Kunden und der Öffentlichkeit enttäuscht haben”, teilte Winterkorn in Wolfsburg mit. „Wir arbeiten mit den zuständigen Behörden offen und umfassend zusammen, um den Sachverhalt schnell und transparent vollumfänglich zu klären.“
Die Kosten steigen
Es sind rund 482 000 Autos betroffen. Im schlimmsten Fall drohen Zahlungen von mehr als 18 Milliarden Dollar, also Strafen von bis zu 37 500 Dollar (gut 33 000 Euro) pro Auto.
Diesel ist unbeliebt: Ein Schaden für andere Hersteller?
Damit hat VW möglicherweise auch den deutschen Herstellern insgesamt einen Bärendienst erwiesen. Nach Einschätzung des Markenprofessors Karsten Kilian von der Hochschule Würzburg-Schweinfurt sind Dieselantriebe bei den Pkws in den USA sowieso eher unbeliebt. „Der aktuelle Vorfall trägt dazu bei, dass das auch weiterhin so bleibt“, sagt Kilian. Gerade bei Dieselantrieben sind die deutschen Hersteller, allen voran VW, führend – und den US-Wettbewerbern deutlich überlegen. Deshalb sei der aktuelle Vorfall eine deutliche Schwächung nicht nur von VW, sondern für alle deutschen Herstellen, insbesondere von Mercedes, BMW und der VW-Tochter Audi.
Der Fall Winterkorn
Zum Auftakt der Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt wollte Winterkorn endlich mal wieder gute Nachrichten verkünden. Das war ihm nicht vergönnt. Winterkorn steht seit 2007 an der Spitze von Volkswagen. Letztes Jahr kam es zu einem öffentlich ausgetragenen Machtkampf mit dem Konzern-Patriarchen und Großaktionär Ferdinand Piëch, den Winterkorn aber überstand. Und nun der US-Skandal. Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen sagte der „Frankfurter Rundschau“: „Winterkorn ist an der Konzernspitze nicht mehr tragbar.“ Winterkorn habe entweder von den am Sonntag eingeräumten Manipulationen gewusst, oder er sei ahnungslos und überblicke sein eigenes Vorstandsressort nicht, so der Experte.
Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nimmt kein Blatt vor den Mund und fordert Winterkorn zum Rücktritt auf. Dazu fordert die Umwelthilfe eine große Überprüfung der Diesel-Pkw-Modelle in Europa.