Altmaier will Verlängerung von Corona-Hilfen für Mittelstand

In dieser Woche könnten wichtige politische Entscheidungen fallen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise. Von Wirtschaftsminister Peter Altmaier kommt ein Vorstoß, um den Mittelstand weiter zu unterstützen. Derweil betonte der Chef der "Wirtschaftsweisen", Lars Feld, dass ein zweiter Lockdown eine "Katastrophe" für die Wirtschaft wäre.
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Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) will in der Corona-Krise eine Verlängerung der Überbrückungshilfen für den Mittelstand bis Ende des Jahres. (© Imago)

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will in der Corona-Krise eine Verlängerung der Überbrückungshilfen für den Mittelstand bis Ende des Jahres. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Samstag aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Altmaiers Vorstoß kommt vor einem für Dienstag geplanten Treffen der Koalitionsspitzen, die auch angesichts gestiegener Corona-Neuinfektionen über das weitere Vorgehen beraten wollen.

Gerade der Mittelstand und seine Beschäftigten bräuchten weiterhin dringend Hilfe, um die schwierige Zeit zu überstehen, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. In den besonders von den aktuellen Einschränkungen betroffenen Bereichen sei der Bedarf weiterhin sehr hoch und die Lage ernst.

Die staatlichen Überbrückungshilfen laufen bisher bis Ende August. Die Antragsfrist war bis Ende September verlängert worden, also sind Zahlungen auch rückwirkend möglich. Für die Zuschüsse an die Firmen hat der Bund 25 Milliarden Euro eingeplant. Unterstützt werden sollen vor allem kleine und mittelständische Firmen aus Branchen wie der Reisewirtschaft, dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder den Schaustellern, die weiter erhebliche Umsatzeinbußen haben.

Bisher beantragtes Fördervolumen: 700 Millionen Euro

Bisher wurden bei den Überbrückungshilfen rund 38.000 Anträge gestellt und ein Fördervolumen von über 700 Millionen Euro beantragt, wie es im Wirtschaftsministerium hieß. Damit ist noch viel Geld aus dem Milliardentopf nicht abgeflossen.

Die Antragszahlen stiegen täglich an und würden gerade von kleinen und mittleren Unternehmen stark nachgefragt, hieß es. Rund 94 Prozent Anträge seien aktuell von Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten gestellt worden. Rund 30 Prozent der Anträge kämen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe, zehn Prozent aus der Reisewirtschaft und weitere Anträge vor allem aus dem Kulturbereich sowie der Veranstaltungsbranche.

Erstattet werden fixe Betriebskosten bis zu einem Betrag von insgesamt 150.000 Euro über drei Monate. Die Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden.

Die Bundesregierung hatte zuvor bereits milliardenschwere Rettungsprogramme beschlossen, etwa Sonderkredite und Soforthilfen für Kleinstfirmen. Damit soll verhindert werden, dass Firmen das Geld ausgeht und Jobs vernichtet werden. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland war im zweiten Quartal eingebrochen. Für das Gesamtjahr wird die bisher schwerste Rezession in der Nachkriegsgeschichte erwartet.

Beim Koalitionsausschuss am Dienstag wollen die Spitzen des Regierungsbündnisses voraussichtlich auch über eine Verlängerung der Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes beraten – von regulär 12 auf 24 Monate.

Chef der „Wirtschaftsweisen“: zweiter Lockdown wäre Katastrophe

Angesichts der steigenden Zahl der Neuinfektionen wird in der Wirtschaft eindringlich vor der Gefahr eines zweiten flächendeckenden Lockdowns gewarnt. Aus Sicht des Chefs der „Wirtschaftsweisen“, Lars Feld, wäre ein zweiter Lockdown katastrophal für die Wirtschaft. Feld sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wenn sich eine Beschleunigung zeigen sollte und die Infektionen weiter um sich greifen, dann droht ein zweiter Lockdown. Das wäre wirtschaftlich gesehen eine Katastrophe. Es besteht dann die Gefahr einer dauerhaften Abschwächung des Wachstums.“

„Ein zweiter Lockdown würde die Erholungsphase der Wirtschaft unterbrechen“, sagte Feld. „Derzeit sind wir wie vom Sachverständigenrat prognostiziert in einer V-Phase. Ein zweiter Lockdown würde dazu führen, dass eine ganze Reihe von Unternehmen, die in der jetzigen Erholungsphase noch überlebt haben, in die Insolvenz gehen müssen.“

Die Politik habe aus der ersten Lockdown-Phase sehr viel gelernt, sagte Feld. „Wir haben gelernt, welche Maßnahmen erforderlich sind und dass es nicht notwendig ist, das ganze Land herunterzufahren, sondern dass man dezentral isoliert und Menschen in die Quarantäne schickt. Deswegen ist ein zweiter Lockdown auch weniger wahrscheinlich.“

Feld ist Professor für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Universität Freiburg und Direktor des Walter Eucken Instituts. Seit März 2020 ist er Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dem er seit März 2011 angehört. Der Sachverständigenrat berät die Politik. Die Experten werden umgangssprachlich auch als „Wirtschaftsweise“ bezeichnet.

he/dpa