Von Johannes Neudecker, dpa
Max Lang greift an die Hantel, atmet tief ein und reißt blitzschnell 145 Kilogramm aus der Hocke in den Stand. Der Versuch ist gültig, das Gewicht kracht auf die Wettkampfbühne. Mit Videos von Wettkämpfen und aus dem Training hält der Gewichtheber seine rund 95.000 Fans auf der Social-Media-Plattform Instagram auf dem Laufenden. Der 27-Jährige aus Sandhausen in Baden-Württemberg hebt in der deutschen Nationalmannschaft. Hauptberuflich ist er Sportsoldat. Neben den Videos postet Lang immer wieder auch Fotos als Influencer. Mal ist darauf eine Sporttasche prominent im Vordergrund, mal sieht man ihn mit einer Getränkedose in der Hand.
Lang ist nicht nur Leistungssportler in einer Randsportart, sondern auch Sport-Influencer, wie er sagt. Das heißt, er bewirbt auf seinem Account die Produkte seiner Werbepartner. „Das Ganze ist eigentlich als Experiment gestartet“, erzählt der Heber des rheinland-pfälzischen Athletik-Clubs AC 1892 Mutterstadt. Mit seinem Account will er seinen Sport populärer machen. Nach und nach hätten sich dann Kooperationen mit Werbepartnern ergeben. Mit zwei Partnern arbeite er derzeit zusammen. Zum Leben würde das Geld, das er damit verdient, allerdings nicht reichen. „Es ist ein nettes Zubrot.“ Weniger als ein Drittel seines monatlichen Einkommens macht das Influencing ihm zufolge aus.
Skater macht Werbung für Kreditinstitut
Andere Profis sind allerdings auf sich in der Rolle als Influencer angewiesen. Denny Pham zum Beispiel ist hauptberuflicher Skater. Seit 20 Jahren steht er schon auf dem Board. „Eine Handvoll“ kurzfristige und länger laufende Kooperationen mit verschiedenen Unternehmen hat Pham nach eigenen Angaben. „Die Sponsoren versorgen mich mit Produkten, damit ich skaten kann“, erzählt der 30-Jährige. Für eine Bank hat der angehende Olympionike kürzlich vor der Kamera über seinen Sport berichtet. Skaten ist bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio erstmals als Sportart vertreten.
Doch trotz Sporthilfe und den im Skaten üblichen Contests mit Preisgeldern – leben könnte der Wahl-Berliner davon nicht. „Ich lebe davon, im Alltag meine Sponsoren zu repräsentieren.“ Auf Instagram können ihn seine rund 35.000 Fans beim Skaten sehen. Auf anderen Fotos liegt der Fokus mal auf einer Uhr, mal auf Sneakers und mal auf Skateboard-Ausrüstung. Im Schnitt postet er auf Instagram täglich eine Story – ein Post, der automatisch nach 24 Stunden wieder gelöscht wird – und ansonsten etwa zweimal die Woche einen Beitrag, der auf seinem Account dauerhaft zu sehen ist.
Ich lebe davon, im Alltag meine Sponsoren zu repräsentieren.“
Denny Pham, Skater und Influencer
Nach den Erkenntnissen des Münchner Trendforschers Ulrich Köhler achten Unternehmen immer mehr darauf, dass der jeweilige Influencer neben der notwendigen Reichweite ausreichend Glaubwürdigkeit besitzt und zur eigenen Marke passt. Menschen sehnten sich nämlich nach Authentizität. Spitzensportler, gerade aus Randsportarten, profitierten davon. Lang und Pham ist es nach eigener Aussage wichtig, dass der Werbepartner zu ihnen und ihrem Sport passt.
Sportler kritisieren Fehlentwicklungen durch Influencer-Szene
Soziale Medien als Geldmaschine: Das finden jedoch nicht alle Leistungssportler gut. Ende Dezember des vergangenen Jahres kritisierte Leichtathletin Corinna Harrer die Entwicklung: „Früher wurde man als Athlet viel mehr über Erfolge definiert. Mittlerweile ist man längst nicht mehr automatisch ein Top-Läufer, wenn man erfolgreich ist, sondern wenn man auf Instagram als Influencer auftritt“, sagte sie im Interview der „Süddeutschen Zeitung“. Athleten könnten da mittlerweile mit Werbung viel Geld verdienen. „Das halte ich auch für eine Fehlentwicklung.“
Heute ist man nicht mehr ein Top-Läufer, wenn man erfolgreich ist, sondern wenn man auf Instagram als Influencer auftritt.“
Corinna Harrer, Leichtathletin
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sieht das Influencing dagegen positiv: „Grundsätzlich ist es eine weitere Chance für Sportlerinnen und Sportler, in der Zeit ihrer aktiven Karriere Einnahmen zu generieren“, sagte eine DOSB-Sprecherin. Gerade für Randsportarten seien die sozialen Medien ein Segen, denn in der Regel fänden sie so am besten den Weg in eine breitere Öffentlichkeit. Für die Mitgliedergewinnung seien Instagram oder die Video-Plattform Tiktok unerlässlich für Randsportarten.