“Words are cheap”, heißt es in Amerika. Frei übersetzt: weniger reden, mehr handeln! Das wünscht man sich gerade beim Thema Umwelt von vielen Unternehmen. „Wir dürfen Nachhaltigkeit nicht als lästige Pflicht begreifen“, sagt Meike Gebhard, Umweltökonomin und Geschäftsführerin von Utopia, im Interview mit der absatzwirtschaft. Statt schicke Attribute zu erfinden, die Produkte möglichst grün erscheinen lassen, sollten Marketingverantwortliche sich darauf konzentrieren, deren Ökobilanzen zu verbessern. Schließlich gibt es technisch viel mehr Möglichkeiten zur Ressourceneinsparung als noch vor wenigen Jahren.
Kreislaufgedanke umgesetzt: 50 vorbildliche Start-ups
Das Innovations- und Gründerzentrum UnternehmerTUM in Garching bei München hat jetzt in einer Untersuchung 50 junge Unternehmen benannt, die in ihren Geschäftsmodellen auf herausragende Weise den Kreislaufgedanken umsetzen – und dabei profitabel sind. Die Berater haben die Start-ups anhand von vier Stufen entlang der Wertschöpfungskette kategorisiert: Verwendung nachhaltiger Rohstoffe, Optimierung des Produktnutzens, Maximierung der Lebensdauer und die Rückgewinnung von Material. Das Ziel: etablierte Unternehmen inspirieren und zum Nachmachen anregen. Na, denn mal los.
Zum Beispiel auf die IFAT, die an diesem Montag in München begonnen hat und noch bis Freitag läuft. Mit rund 2900 Ausstellern aus 50 Ländern ist sie die weltweit größte Messe für Umwelttechnologie. Es geht um Wasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft. Eine Umfrage unter 943 Teilnehmern hat ergeben, dass immerhin bereits ein Drittel der Industrieunternehmen und ein Viertel der Unternehmen in der Wasser- und Abfallwirtschaft zirkuläre Produkte anbieten. Die IFAT wurde übrigens 1966 erstmals veranstaltet, mit gerade einmal 147 Ausstellern. Man sieht, die Welt verändert sich doch.
Kunststoffrecycling stellen auf der Messe so viele Verbände und Unternehmen in den Vordergrund, dass die Kommunikatoren es tatsächlich als „Messehighlight“ bezeichnen. Eine Beschäftigung mit dem Thema scheint indes notwendig zu sein: Selbst die auf Reputation besonders bedachten Dax-Konzerne recyceln im Durchschnitt nur 61 Prozent ihrer Abfälle, wie die Hamburger Firma Resourcify recherchiert hat. Die Unterschiede sind allerdings enorm. Avantgarde sind mit Recyclingquoten von fast 100 Prozent Autohersteller wie Mercedes-Benz und BMW. Zehn von 40 Konzernen wollten ihre Abfallkennzahlen hingegen nicht einmal kommunizieren. Grüne Ziele verkünden, aber wenn’s konkret wird, lieber schweigen – das passt wohl schlecht zusammen. Ja, Worte sind billig – sorgen aber gelegentlich für den nötigen Handlungsdruck.
Innovation radikal: It’s Our F***ing Backyard
Wer Anregungen zum innovativen Materialeinsatz sucht, kann von München gleich nach Amsterdam weiterfahren, wo im Stedelijk Museum die Ausstellung „It’s Our F***ing Backyard“ begonnen hat. Da wird Innovation wirklich radikal gedacht. Zu sehen sind unter anderem Möbel aus Keramikabfällen, Stoffe aus Kiefernnadeln und tiefschwarzes Geschirr, gefertigt aus Rinderblut – normalerweise wird das von den Schlachthöfen diskret entsorgt. Brrr. Aber Designer Basse Stittgen hat ja recht, wenn er beklagt, dass die Fleischindustrie eine der ressourcenintensivsten Branchen ist und trotzdem kaum wahrgenommen wird (außer wenn es mal wieder einen Skandal gibt).
Wenn es unangenehm wird, sehen wir lieber weg statt hin. Aber das werden wir uns abgewöhnen müssen, wenn die Menschheit überleben soll.
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!