Die Fußball-Europameisterschaft 2024 steht vor der Tür und wieder einmal schauen Unternehmen wie auch Fans gespannt auf die Geschehnisse. Schließlich findet ein Fußball-Großturnier auch nicht alle Tage im eigenen Land statt, sondern es ist erst das vierte Mal in der über 120-jährigen Geschichte des Deutschen Fußball Bundes (DFB).
Die Beteiligten aus der Wirtschaft sind häufig als Sponsoren und/oder sonstige Nutznießer mit der Sportveranstaltung verbunden, die aus dem Fanlager warten auf das Auftreten und das (hoffentlich erfolgreiche) Abschneiden ihrer Idole. Vor allem die Sponsoren geraten dieses Mal aus vielerlei Gründen besonders unter Druck. Dies liegt zum einen an der auch durch heimische Ligaentscheidungen angespannten Beziehung zwischen Sponsoren und Fans, zum anderen an den gerade bei der letzten Fußball-WM in Katar gemachten Sponsoringerfahrungen.
Sponsoring bei der Euro 2024 – Was ist zu erwarten?
An der Euro 2024 ist ein Netzwerk von Sponsoren beteiligt, die teilweise recht unterschiedliche Interessen verfolgen. Dabei ist zwischen mehreren Ebenen verschiedener Anteilnahme (Veranstalter, Ausrichter, Teilnehmer, Besucher) zu unterscheiden.
Dementsprechend sind auch mehrere Kategorien von Sponsoren beteiligt, wie etwa globale Top-Sponsoren, regionale Sponsoren, nationale Verbandssponsoren sowie Dienstleister und Lizenznehmer. Natürlich ist bei einer EM der zuständige Verband – die UEFA – der größte Profiteur und im Laufe der vergangenen europäischen Kontinentalmeisterschaften hat sich der Sponsoringanteil bei der UEFA stetig erhöht und liegt für eine Europameisterschaft bei einer halben Milliarde Euro und mehr.
Bei der letzten EM im Jahr 2021 (die “Euro 2020” wurde wegen Corona um ein Jahr verschoben) waren zwölf der weltweit größten Marken als Partner dabei – die sechs offiziellen Sponsoren des UEFA-Nationalmannschaftsfußballs sowie sechs offizielle EM-Sponsoren. Die Partner kamen in den Genuss individueller Privilegien, darunter exklusive Rechte im Zusammenhang mit Fanaktivitäten sowie eine herausgehobene Markenpräsenz in allen elf Stadien und auf den digitalen Plattformen.
Bei der anstehenden EM in Deutschland sind sogar 17 sponsernde Partner dabei, die die Einnahmen in diesem Vermarktungsbereich noch einmal deutlich erhöhen. Die weltweiten Sponsoren der Euro 2024 ergänzen fünf lokale beziehungsweise regionale Partner.
Viele der Sponsoren – die einen mehr, die anderen weniger – sind mit der Frage konfrontiert, wie sie mit schwierigen Situationen umgehen und zurechtkommen sollen, wenn ihre Sponsoringaktivitäten nicht wie geplant ablaufen können oder diese sogar bei der Veranstaltung behindert werden. Es ist mit Störfeldern und Minderungen – wie etwa Ablenkungen, Leistungsminderungen, Dominanz unerwünschter Dritte, Unterwanderung der Zielgruppen – beim Sponsoring zu rechnen. Dies haben die Erfahrungen der letzten WM in Katar deutlich gezeigt.
WM 2022 – eine „unglückliche“ Sponsoringsituation
Die WM 2022 in Katar entwickelte sich bereits vor Beginn fast zu einem Albtraum für Sponsoren – vor allem für die europäischen Fußballnationen. Zahlreiche Kritikpunkte und Negativschlagzeilen wie Korruptionsvorwürfe, Menschenrechtsverletzungen und tote Arbeitsmigranten – all das beschädigte das Image der Sponsoren und ihre Nähe zu diesem in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Event.
Zudem haben diese Themen die Medienlandschaft beherrscht sowie Stimmung und Aktionen der Öffentlichkeit negativ beeinflusst. Viele Marketingexperten haben keine Begeisterung bei ihren Zielgruppen und der Öffentlichkeit feststellen können. Teilweise versuchten deshalb auch einige Sponsoren, möglichst wenig direkten Bezug zum Turnier in Katar herzustellen. Es war nicht in ihrem Interesse, dass nicht das Sportliche im Mittelpunkt des Turniers stand, sondern gesellschaftliche und politische Diskussionen. Der Grund für eine Beteiligung an einem Sponsorship – die Faszination und Begeisterung an einem nur im Mehrjahresrhythmus abgehaltenen Turnier – rückte in den Hintergrund, und dies ist und war nicht im Interesse der Sponsoren.
Lehren für künftiges Sponsoring bei Großereignissen
Neben Fußball-Europameisterschaften gehören Olympische Spiele und Fußball-Weltmeisterschaften zu den weltweit am meisten beachteten Sportereignissen. Für die sponsernden Geldgeber bleibt nach den Erfahrungen in Katar die Verflechtung zwischen Sport und Politik auch künftig ein Dilemma, sowohl moralisch als auch konzeptionell und finanziell. Denn es herrscht die Sorge, dass mit dem Negativimage eines Sportevents auch ein negativer Imagetransfer verbunden ist und die sponsernde Marke dadurch stark belastet wird.
Große Sportevents in vielen Ländern haben gezeigt, dass sportfremde Interessen den Erfolg des Sponsorings erheblich beeinflussen. Den Sportverbänden kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sofern die großen internationalen Sportverbände künftig weniger Kritik auf sich ziehen wollen, beziehungsweise weiter zunehmenden Zuspruch aus Wirtschaft und Gesellschaft erwarten, sollten einige Lehren für die Vergabe von sportlichen Großevents gezogen werden. In diesem Zusammenhang seien erwähnt:
- Gerechte und transparente Prüfungen und Entscheidungen über den Zuschlag für ein sportliches Großereignis
- Durchsetzung vereinbarter Sponsoringleistungen und Einhalten der jeweiligen Verträge durch den Rechtegeber im Sinne des Rechtenehmers
- Respektierung und Fair Play für alle Beteiligten, weil der Sport und nichts anderes im Vordergrund zu stehen hat, und dies ohne Einschränkungen
Der Rückblick der WM 2022 in Katar hat gezeigt, wie unterschiedlich die Positionen der Beteiligten bei diesem Event waren. Die kulturellen Unterschiede zwischen dem Gastgeberland und anderen Ländern haben die Positionen noch weiter verschärft. Dies wurde besonders in Deutschland artikuliert und auch öffentlich durch die Politik, die Medien, in den Verbänden und auch sonst diskutiert. Ob sich daraus dauerhafte Auswirkungen auf das Eventsponsoring oder Sportsponsoring allgemein ergeben, bleibt abzuwarten. Wenn es so kommt, dürften zunächst die Großereignisse im Sport am ehesten betroffen sein.
Für die betroffenen Sponsoren bedeutet dies, sich bei einem Engagement zunehmend mehr mit einem Risikomanagement und dem Einschluss von Alternativen zu beschäftigen, damit die Chancen und Risiken für den Sponsor kalkulierbar bleiben.
Manfred Bruhn ist Professor für Marketing und Unternehmensführung an der Universität Basel und Präsident des Verwaltungsrats der Strategie- und Marketingberatung Bruhn & Partner.
Peter Rohlmann ist Inhaber von PR Marketing, einer Beratungsagentur in strategischen Grundsatzfragen insbesondere im Sportbusiness.
Weiterführende Diskussion sind zu finden in: Manfred Bruhn und Peter Rohlmann: Sportsponsoring. Voraussetzungen und Praxisbeispiele für erfolgreiche Partnerschaften, Berlin 2023 (ISBN 978-3-658-41561-7)