Von Sixt über dm bis Fielmann: Der Nachwuchs drängt nach vorn

Die Söhne und Töchter von Unternehmern wollen meist ebenfalls Unternehmer werden - am liebsten als Papas Nachfolger, wie eine aktuelle Studie der Stiftung Familienunternehmen zeigt. In einigen bekannten Firmen geht der Generationswechsel gerade geräuschlos über die Bühne - in anderen klappt das nicht.
Neue Generation am Ruder: die Firmenerben Christoph Werner vom dm-Drogeriemarkt und Marc Fielmann von der gleichnamigen Optikerkette (© Imago)

Fielmann, dm, Sixt, Hipp, Müllermilch – in vielen Familienunternehmen wird die Gründergeneration gerade schrittweise von den Kindern abgelöst. Bei einer Umfrage der Stiftung Familienunternehmen sahen es 71 Prozent der potenziellen Nachfolger als wahrscheinlich an, „dass sie bis zum 40. Geburtstag Geschäftsführer des Familienunternehmens sein werden“. Die Übernahmebereitschaft habe sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt.

„Allen Unkenrufen zum Trotz steht eine Generation von Unternehmern zur Verfügung, die bereit und in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen“, teilte die Stiftung am Montag in München mit. Rund drei Millionen Familienunternehmen stehen in Deutschland für jeden zweiten Arbeitsplatz und 2,8 Billionen Euro Umsatz, so das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Jedes Jahr stehen Zehntausende Familienbetriebe zur Übergabe an. „Der Malermeister mit zwei Kindern, die beide studiert haben – sie werden den Betrieb eher nicht fortführen“, sagt Stiftungssprecher André Tauber. Aber bei großen Familienunternehmen sehe das ganz anders aus.

Gelungene Übergaben bei Fielmann und dm

Der 30-jährige Marc Fielmann zum Beispiel ist seit November alleiniger Vorstandschef von Deutschlands größter Optikerkette, mit 740 Filialen, 20.000 Mitarbeitern und 1,4 Milliarden Euro Umsatz. Unternehmensgründer Günther Fielmann hatte seinen Sohn 2018 zum Co-Chef des Konzerns gemacht, jetzt übergab er das Steuer.

Auch bei der Drogeriemarkt-Kette dm ist der Generationswechsel gerade erfolgt: Christoph Werner, der 46-jährige Sohn des Unternehmensgründers Götz Werner, steht jetzt an der Spitze des Konzerns mit mehr als elf Milliarden Euro Umsatz. Der Junior folgte allerdings nicht übergangslos auf den Senior. Zwischendurch hatte mit dem Österreicher Erich Harsch von 2008 bis 2019 ein familienfremder Manager die operative Führung beim Drogerie-Riesen inne.

Mehr-Generationen-Modelle bei Sixt und Hipp

Bei anderen ist der allerletzte Schritt noch offen. Europas größter Autovermieter, Erich Sixt, wird dieses Jahr 76. Seine beiden Söhne Alexander und Konstantin haben in London und Paris Betriebswirtschaft studiert, sind schon seit 2015 im Vorstand und haben inzwischen ihr Gesellenstück abgeliefert: Die digitale Vernetzung der Vermietflotte, das Zusammenführen von Carsharing und Miete mit einer Buchungs-App für die Kunden.

Für Hipp-Babybrei steht seit einigen Jahren nicht nur Firmenpatriarch Claus Hipp „mit seinem Namen“, sondern auch sein 51-jähriger Sohn Stefan. Ihre Büros in Pfaffenhofen liegen direkt nebeneinander. Der Senior ist zwar noch fast jeden Tag da, „aber das operative, strategische Geschäft überlässt er zunehmend der jungen Generation“, sagt Hipp-Sprecher Clemens Preysing. Stefan Hipp übernehme die Rolle als Gesicht der Marke, sein jüngerer Bruder Sebastian Hipp sei im Verwaltungsrat: „Die teilen sich das auf.“

Bei der Unternehmensgruppe Theo Müller, einem der größten deutschen Molkerei-Konzerne, wurde gerade ein Generationswechsel eingeleitet: Der „Milchbaron“ Theo Müller, der an diesem Mittwoch 80 wird, gab die Rückkehr seines ältesten Sohnes Stefan ins Unternehmen bekannt – allerdings nicht in operative Verantwortung: Der 52-Jährige übernimmt zum 1. Februar den Aufsichtsratssitz seines Vaters. Müller Junior war vor fünf Jahren laut einem Bericht der „Lebensmittelzeitung“ im Streit bei Müllermilch ausgestiegen und hatte sich damals selbstständig gemacht. Nun führt ihn sein Weg zurück zu dem Unternehmen, das sein Vater 1971 mit vier Mitarbeitern übernommen hatte und zum Molkerei-Konzern mit 24.000 Beschäftigten und knapp sechs Milliarden Euro Umsatz ausbaute.

Hat das klassische Nachfolgemodell ausgedient?

Das klassische Nachfolgemodell, wonach ein Familienmitglied die alleinige Verantwortung in der Geschäftsführung übernimmt, verliert an Bedeutung: Auch das ist ein Ergebnis der Studie, für die die Zeppelin-Universität Friedrichshafen im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen im vergangenen Jahr 516 potenzielle Unternehmensnachfolger befragt hat. Nur noch 29 Prozent vertraten die Ansicht, Geschäftsführer müssten aus der Familie kommen. 22 Prozent meinten, nur ein einziges Familienmitglied könne in die Geschäftsführung. „61 Prozent sehen es indes als wahrscheinlich an, dass ein Team aus Familienmitgliedern und Nicht-Familienmitgliedern die Geschäftsführung übernimmt.“

Enorme Chancen sehe die nächste Unternehmergeneration in der Digitalisierung und der Zusammenarbeit mit Start-ups, heißt es in der Studie. Um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, nähmen die Nachfolger kulturelle Unterschiede zwischen Start-up und etabliertem Familienunternehmen bewusst in Kauf. Mit Flexibilität und kurzen Entscheidungswegen seien sie sich näher als Start-ups und Großkonzerne. „Die beruflichen Zukunftspläne der nächsten Generation sind durchweg unternehmerisch“, ergab die Umfrage. Am liebsten in der Führung des Familienunternehmens. „Deutschlands nächste Unternehmergeneration kann sich auch sehr gut vorstellen, in Zukunft selbst ein Unternehmen zu gründen“, heißt es in der Studie. Dagegen wird „ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis eher nicht angestrebt“: Lohnarbeit – nein danke!

Mitunter erfüllen sich die Hoffnungen der Alten aber auch nicht. „Kein Familienmitglied der nächsten Generation wird in die operative Führung des Unternehmens einsteigen“, hat Keksfabrikant Werner Bahlsen vor einer Woche mitgeteilt. Er hatte sich schon zurückgezogen, der Posten des Vorstandschefs ist lange vakant. Jetzt muss der Senior extern suchen.

dpa/tht