„Heiter stimmende Zufluchten in den Bergen und an den Seen sind begehrte Gegenpole in dieser verrückten Welt. Die Besten stellen Wellbeing und Nachhaltigkeit authentisch in den Mittelpunkt.“ So poetisch beschreibt das Schweizer Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ in seinem aktuellen Ranking der „300 besten Hotels in der Schweiz und in Europa“ die Trends in angesagten Ferienherbergen.
Wer dieser Tage durch Europa reist, findet in vielen Hotels Aufrufe zum Energie- und Wassersparen, und wer möchte, kann auf die tägliche Zimmerreinigung verzichten. Diese Appelle sind allerdings wohl nicht nur der Nachhaltigkeit, sondern auch der drohenden Versorgungskrise, einer großen Dürre und dem Arbeitskräftemangel geschuldet. Trotzdem: Es tut sich etwas im Tourismus.
Frühstücksbuffets sind immer häufiger bio, in den Duschen finden sich Nachfüllbehälter statt kleiner Wegwerf-Shampoo-Fläschchen und Handtücher werden nicht mehr im Tagestakt gewechselt.
Laut der aktuellen Erhebung „Urlaub 2022 – Urlaub von der Realität“ der Stiftung für Zukunftsfragen nehmen es Reisende mit der Nachhaltigkeit aber gar nicht so genau: „… viele Bürger (schalten) ihr Umweltbewusstsein auf Reisen aus und wollen nicht auf eine schnelle Anreise mit dem Flugzeug, den täglichen Handtuchwechsel oder den Gebrauch der Klimaanlage verzichten.“ Zudem sei im Urlaub häufig der Fleischkonsum größer, der Müllverbrauch höher und die Bereitschaft, Ausgleichszahlungen zu leisten eher gering.
Ganz oben auf der Prioritätenliste für den Urlaub steht bei den Menschen: ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Ist’s der Preis oder das Gewissen?
Diejenigen, die vorm heimischen Grill stehen, denken ebenfalls über Preise nach. Die GfK meldet: Der Veggie-Trend ist auch beim Grillen angekommen! Auch diese Entwicklung ist nicht vom unbedingten Willen getrieben, nachhaltiger zu konsumieren: „Die hohen Energie- und Benzinpreise sowie die starken Preiserhöhungen bei Lebensmitteln beeinflussen die Konsumenten zunehmend und ermöglichen weniger Spielraum für den Grillspaß,“ erklärt Werner Lauß, Experte für Fleisch und Wurstwaren bei GfK. Die Folge? Es landen 15 Prozent weniger Fleischhaltiges und 22 Prozent weniger Fisch auf dem Rost. Nicht mit Zahlen unterlegt ist hingegen die Aussage, dass Nachhaltigkeit und Tierwohl im Kontext Grillen an Bedeutung gewinnen. Vielleicht sind Teuerung und der Wunsch nach nachhaltigem Konsum ja einfach zwei Treiber für dasselbe Ergebnis: ein geändertes Kaufverhalten.
IT = Klimakiller? Oder Klimaretter?
Vielleicht erinnern Sie sich: Vor gut vier Wochen ging es an dieser Stelle darum, wie Obi für seinen Abschied von den Print-Prospekten gefeiert wird, Marketingverantwortliche aber durchaus auch mal einen Blick auf die Klimabilanz ihrer digitalen Kommunikationskanäle werfen sollten. Dieser Tage zieht Rewe nach: Im Zuge seiner breit angelegten Nachhaltigkeitskampagne #umdenkbar (absatzwirtschaft berichtete) kündigte der Lebensmittelhändler an, ab Sommer 2023 zugunsten seiner App auf Print-Prospekte zu verzichten. Aber digitale Kommunikation ist eben auch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Im aktuellen „Spiegel“ findet sich der lesenswerte Artikel „Computer können Ihre Wohnung heizen“ über die Rolle der Digitalisierung im Klimawandel. Demzufolge warnt der Weltklimarat IPCC „vor dem steigenden Energiebedarf von Rechenzentren und IT-Systemen: Zwischen sechs und zwölf Prozent des gesamten globalen Stromverbrauchs verschlingen Nutzung und Betrieb des Internets inzwischen.“ Digitalminister Volker Wissing wolle das Thema Nachhaltigkeit und IT zu einem seiner Kernthemen machen. Auch bei diesem Thema gibt’s kein Schwarz oder Weiß: Je nachdem, wie die Weichen gestellt werden, könnte die Digitalisierung zum Klimaretter werden – oder zum Klimakiller.
Etwas Schönes zum Schluss
Flugs noch ein Tipp für alle Marketingprofis, die mal mit ihrer Zielgruppe über Nachhaltigkeit sprechen wollen. Vielleicht lässt sich von der Beauty-Branche lernen: Noch bis zum 7. August läuft die vom VKE-Kosmetikverband initiierte Green Beauty Week. Sie ist Teil des „Sustainability Beauty Pact“; die teilnehmenden Marken werben für nachhaltige Produkte und spenden pro online verkauftem Produkt einen Euro an den NABU. Bis Ende September soll zudem eine Green Charta für die Branche erarbeitet werden, mit der sich Branchenunternehmen auf gemeinsame Nachhaltigkeitsziele verpflichten. Wir werden auf jeden Fall beobachten, was daraus wird.
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!