Von DHL bis Hermes: Wie Corona die Paketbranche boomen lässt

Von Mousepads über Gartenmöbel bis zu Kochzutaten: Noch nie haben sich die Deutschen so viel liefern lassen wie in der Corona-Zeit. Die Pandemie lässt die Paketschwemme weiter anschwellen. 63 Pakete je Haushalt waren es im Schnitt 2020, fast dreimal so viele wie vor zehn Jahren.
Der Paketberg in Deutschland wuchs 2020 um rund elf Prozent auf 4,05 Milliarden Sendungen. (© DHL)

„Paketdienste halten den Alltag am Laufen“, schwärmt der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK). Er vertritt Hermes, DPD, GLS, Go! und UPS. Die Zusteller und ihre Kollegen an den Sortieranlagen sorgten für „Sehnsuchtsprodukte“ in der Pandemie, meint Verbandschef Marten Bosselmann. Die Branche sucht Tausende neue Leute für einen umkämpften Markt.

Denn der Paketberg wächst: um rund elf Prozent allein im vergangenen Jahr auf 4,05 Milliarden Sendungen. Vier Prozent Plus waren erwartet worden. Doch es hatte niemand mit der Pandemie gerechnet, die geschlossene Läden und Schulen, Homeoffice und Video-Unterricht brachte. In diesem Jahr werden weitere 320 Millionen Pakete zusätzlich erwartet.

„Die Menschen konnten nicht reisen und haben sich ihre Terrassen und Gärten schöner gestaltet“, sagt Bosselmann. Nie zuvor hätten die Zusteller so viele Pools und Gartenmöbel gebracht. Die Pakete waren sperriger, wenn auch nicht unbedingt schwerer, wie Klaus Esser sagt, Autor der Branchenstudie des BIEK.

Privathaushalte als Wachstumstreiber

Wachstumstreiber sind demnach die Privathaushalte, die mehr als die Hälfte der Pakete bestellt haben. Um 18,6 Prozent gingen die Zahlen nach oben. Das Wachstumstempo hat sich mehr als verdoppelt. Vor allem Online-Einkäufe treiben die Zahlen. Zunehmend bestellen die Deutschen auch im Ausland.

Ein Zurück gibt es nach Erwartung der Branche nicht. Die Menschen haben sich ans Bestellen gewöhnt. In diesem Jahr sollen die privaten Paketbestellungen um zehn Prozent zulegen. Was eigentlich erst 2025 vorgesehen war, erwartet der Verband nun schon im kommenden Jahr: 4,7 Milliarden Sendungen. Auch Branchenprimus DHL rechnet nach der Pandemie mit Zuwächsen von fünf bis sieben Prozent.

Denn inzwischen kaufen die Kunden nicht nur neue Fernseher, Kleidung und Bücher online, sondern zunehmend auch Waren des täglichen Bedarfs, Lebensmittel etwa und Drogerieartikel, wie der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) beobachtet.

Online-Shopping wächst auf 83 Milliarden Euro

Auf dem Höhepunkt der dritten Corona-Welle vor Ostern gaben in einer Befragung das Instituts für Handelsforschung Köln 43 Prozent der Befragten an, dass sie nun Dinge online kaufen, für die sie normalerweise in die Geschäfte gehen. Je stärker sich das Virus ausbreitete, desto höher stieg der Wert.

83 Milliarden Euro flossen laut BEVH 2020 ins Online-Shopping, 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch mehr ältere Menschen kaufen demnach im Netz. Die Paketdienste sprechen von einer Herkulesaufgabe – die sie gern besser vergütet hätten. Aber dafür ist die Konkurrenz zu groß. Die Dienste fürchten zudem, dass in Großstädten auch Lebensmittel-Lieferdienste wie Gorillas oder Flink ins Paketgeschäft einsteigen.

Erlöse stehen unter Druck

Es gebe „keine adäquate Zahlungsbereitschaft“, heißt es in der Studie. Die Erlöse stehen unter Druck, durchschnittlich 5,81 Euro je Sendung waren es 2020. In die Rechnung fließen auch teure Express- und Kuriergüter ein. Auch für alternative Lieferoptionen wie Paketautomaten wolle keiner draufzahlen, heißt es – vor allem nicht, wenn man ohnehin zu Hause ist.

„Dadurch dass die Leute mehr zu Hause waren, ist es einfacher geworden“, bilanzierte Bosselmann. Paketboten klingeln nicht mehr so oft vergebens – werden aber auch nicht mehr so schnell an einer einzelnen Wohnungstür die Pakete für die halbe Nachbarschaft los.

he/dpa