Von der Service-Rufnummer zu Rufnummern-Konzepten

In vielen Fällen kommunizieren Unternehmen Service-Rufnummern als Response-Medium für Kunden-Hotlines und Gewinnspiele sowie in Anzeigen und Aktionen. Die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von 0800-, 0180- und 0190- Rufnummern sind dabei häufig bekannt und gehören mittlerweile bei vielen Netzbetreibern zum Standard-Produktportfolio. Aber was gilt es zu beachten und welche neuen Möglichkeiten tun sich rund um Service-Rufnummern auf? Im folgenden soll neben den bekannten auf die neuen zur Verfügung stehenden Rufnummerngassen und Mobilfunk-Kurzwahlen eingegangen und aufgezeigt werden, für welche Kunden unter welchen Bedingungen der Einsatz dieser Gassen sinnvoll sein kann.

So kommen neue auszahlungswirksame Rufnummerngassen wie 0137, 118xy oder 012 den Anwendern sehr entgegen, da sie damit den Einsatz von herkömmlichen 0190-Rufnummern umgehen können. Durch die zunehmende Vielfalt der verschiedenen Rufnummerngassen sowie durch bestimmte Vergaberichtlinien und technische Restriktionen wird die Wahl der richtigen Rufnummer allerdings recht komplex.

Rufnummernkonzepte jenseits von 0800, 0180 und 0190

0190-0/0900
Die 0190-0 stellt eine Besonderheit im Umfeld der Premium-Rate-Rufnummern dar, denn der Anbieter des Dienstes kann selbst einen beliebigen Tarif für die Anrufe bestimmen. Der Preis für das Gespräch kann während der Verbindung bis zu drei mal geändert werden, wobei auch Einmalbeträge (sogenannte Blocktarife) abgerechnet werden können. Zum Schutz des Verbrauchers muss sich der Anbieter jedoch Minuten- oder Blocktarife oberhalb von 3,00 EUR durch Eintippen der Ziffernfolge „19“ bestätigen lassen.
Da dieses sogenannte Offline-Billing-Verfahren in Mobilfunk- und alternativen Teilnehmer-netzen noch nicht realisiert ist, sind diese Rufnummern ausschließlich aus dem Festnetz der Deutschen Telekom erreichbar. Die Gesprächsgebühren werden dem Anrufer über die Telekom-Rechnung abgerechnet. Nach dem von der Regulierungsbehörde vorgegebenen Verfahren ist die Telekom jedoch nicht verpflichtet, diese Beträge auch zu mahnen, wenn der Anrufer nicht sofort die Telekom-Rechnung begleicht.
Die 0190-0-Dienste sind aufgrund der flexiblen Tarifierbarkeit besonders geeignet, wenn spezielle Preise eingerichtet werden sollen. Häufig ist die Anforderung zum Beispiel heute, einen Premium-Rate-Dienst mit einem Tarif unterhalb der im Online-Billing (0190 1-9) niedrigsten Tarifstufe von 0,41 EUR pro Minute umzusetzen. Und ab 1.1.2003 werden auch 0900-Rufnummern ähnlich eingesetzt werden können.

0137
Diese Rufnummerngasse ist bekannt aus dem Umfeld des Televotings, das auch weiterhin die wichtigste Anwendung darstellen wird. Insbesondere die Möglichkeit, Massenverkehr zu realisieren ohne die Stabilität des Telefonnetzes insgesamt zu gefährden, ist ein wichtiger Grund für die Nutzung der 0137. Generell gibt es verschiedene Tarifklassen, die von 0,12 EUR pro Anruf bis zu 0,98 EUR pro Anruf reichen.
Grundsätzlich ist diese Rufnummerngasse darauf ausgelegt, dass die Anrufe nur etwa 30 Sekunden dauern – wird dieses Limit überschritten, trägt der Diensteanbieter in der Regel die weiteren Telefongebühren. Letztlich ist diese Rufnummerngasse daher besonders für solche Premium-Rate-Anwendungen geeignet, bei denen die Dauer der Anrufe durch die Anwendung begrenzt werden kann. Insbesondere die Tarife 0,49 EUR pro Anruf und 0,98 EUR pro Anruf versprechen interessante Auszahlungsmöglichkeiten für eine Reihe neuer Dienste. Da diese Rufnummern im Online-Billing-Verfahren abgerechnet werden, trägt der Diensteanbieter kein Zahlungsausfallrisiko. Außerdem ist so auch die Erreichbarkeit in alternativen Teilnehmernetzen und in Mobilfunknetzen sichergestellt. Nicht zwingend erforderlich ist dabei die Umsetzung eines echten Votings, auch andere Dienste sind mit dieser Rufnummerngasse vorstellbar. Als Beispiele seien hier nur Voicemail-Dienste oder automatisierte Ansagen zu nennen.

118xy
Auskunftsdienste erlebten in den vergangenen Monaten einen regelrechten „Boom“, da die Möglichkeit der Weitervermittlung auf Premium-Rate-Dienste für viele Anbieter besonders interessant war. Grundsätzlich muss bei diesen Rufnummern immer eine Telefonauskunft erbracht werden, wobei jedoch eine Weitervermittlung auf die gewünschten Rufnummern stets erlaubt ist. Aufgrund der einprägsamen Rufnummern werben viele Anbieter von Premium-Rate-Diensten für Auskunftsdienste und verweisen dabei auf die Möglichkeit, sich zu einem speziellen Mehrwertdienst weitervermitteln zu lassen. Die Analyse der Calls hat im Verhältnis zu herkömmlichen 0190-Rufnummern einige Besonderheiten gezeigt: Erstens ist die durchschnittliche Call-Dauer länger als bei 0190-Rufnummern. Zweitens geht nach Einstellung der Werbeaktivitäten das Callvolumen deutlich langsamer zurück als bei 0190-Diensten: Auch einige Wochen nach der letzten Werbung kann immer noch mit Traffic gerechnet werden – in einem extrem werbeintensiven Umfeld von großer Bedeutung.

Neben dem Einsatz als Auskunftsdienst für Premium-Rate-Dienste bietet die 118xy-Rufnummer immer auch großes Potenzial für die Umsetzung von individuellen Unternehmens-Portalen. In einem solchen 118xy-„Voiceportal“ kann ein Unternehmen, das z.B. 50 oder mehr Service-Rufnummern für die Kundenbetreuung betreibt (beispielsweise Banken, Mietwagenunternehmen oder Verlage), eine Vorqualifizierung der Gespräche durchführen, um den Anrufer schnell und kompetent mit dem richtigen Ansprechpartner zu verbinden. Es entfällt dadurch die für den Anrufer frustrierende und das Unternehmen personalkostenintensive Situation, dass ein Anrufer zunächst die „falsche“ Service-Rufnummer wählt und ihm in einem zeitraubenden Gespräch erklärt wird, dass er doch eine andere Servicerufnummer wählen solle. Die Möglichkeit der variablen Tarifierung kann auch hier dazu genutzt werden, einige Angebote (Beispiel: eine kostenintensive Flugauskunft) gegebenenfalls mit einem höheren Tarif zu belegen als andere Dienste (Beispiel: eine umsatzgenerierende Flugbuchung). Vorteil für das Unternehmen: Es braucht in Zukunft nur noch eine einheitliche Rufnummer für alle möglichen Anwendungen zu bewerben und die Kunden können sich die Rufnummer in der Regel besser merken, da sie wesentlich kürzer ist als andere Service-Rufnummern. Medien haben darüber hinaus die Möglichkeit, mit der Bewerbung der eigenen 118xy-Auskunft nicht genutzte Werbeflächen oder -zeiten zu belegen und durch diesen Kundenservice zusätzliche Umsätze zu generieren.

Da die 118xy-Dienste im Offline-Billing realisiert sind, hat der Auskunftsanbieter die Möglichkeit, die Tarife variabel und flexibel einzurichten: So kann der erste Teil des Gesprächs (die eigentliche Auskunft) anders tarifiert werden als das anschließende weitervermittelte Gespräch. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die 118xy-Rufnummer auch für Anrufe aus den Mobilfunknetzen erreichbar zu machen. Zur Vereinfachung der Verhandlungen kann der Anbieter des Auskunftsdienst den Netzbetreiber, bei dem die 118xy-Rufnummer geschaltet wird, mit der Verhandlungsführung gegenüber den Mobilfunkunternehmen beauftragen.
Grundsätzlich kann jeder eine Auskunftsrufnummer betreiben, welcher der Regulierungsbehörde ein schlüssiges und technisch ausgereiftes Konzept vorlegen kann. In vielen Fällen hat der Auftraggeber eine Reihe von eigenen Key Words hinterlegt, über die spezielle Service-Rufnummern des eigenen Unternehmens besonders schnell und effizient in der Auskunftsdatenbank gefunden werden können.
Hindernis für viele Interessenten sind die recht hohen Gebühren für die Einrichtung der Rufnummer. Hier muss für die Einrichtung einer 5-stelligen 118xy-Rufnummer mit mindestens 100.000 EUR gerechnet werden, da die Rufnummer in jeder Vermittlungsstelle der Deutschen Telekom geschaltet werden muss. Um dieser Thematik zu begegnen, hat DTMS einen speziellen Service entwickelt: Bei dem Private- Label-Angebot kann der Kunde die Rufnummer 11838 durch den Einsatz einer zweistelligen Kennung mitnutzen. Wählt ein Anrufer dann beispielsweise die 11838-22, wird das Gespräch mit dem Partner, der die 11838 auf diese Weise beworben hat, abgerechnet.

0700
Ursprünglich waren die 0700-Rufnummern als lebenslang gültige, personenbezogene Rufnummern gedacht. Mittlerweile finden sich diese Rufnummern jedoch auch sehr häufig in der Werbung für Unternehmen, insbesondere dann, wenn eine einzelne Person die Response der Werbung entgegennehmen soll. Dies hat dazu geführt, dass die Routing-Anforderungen bei 0700-Diensten häufig gar nicht so aufwändig sind, wie zunächst vorgesehen, sondern eher den 0180-Rufnummern entsprechen.
In der Praxis unterscheidet sich die 0700-Rufnummer daher häufig nicht von 01805-Rufnummern. Da sie jedoch noch nicht so verbreitet ist und daher aufgrund der besonderen Vorwahl in der Werbung stärker auffällt als andere Rufnummern, wählen einige Unternehmen eine 0700-Rufnummer für ihre Hotline.
Eine Auszahlung ist bei 0700-Rufnummern nicht vorgesehen und auch die Auszahlung eines Werbekostenzuschusses ist sicherlich mit den Anbietern schwieriger zu verhandeln als bei anderen Rufnummern, da der Anrufer in der Nebenzeit nur 6 Cent pro Minute zahlt.

012xy
Die Rufnummerngasse 012 wurde von der Regulierungsbehörde exklusiv für „innovative Dienste“ eingerichtet. Grundsätzlich stellt sich daher Interessenten die Frage, was genau unter solchen innovativen Diensten zu verstehen ist und welche Kriterien erfüllt sein müssen, um eine solche Rufnummer zugeteilt bekommen zu können.
Um dieses Thema zu verstehen, helfen folgende Überlegungen: Die Regulierungsbehörde vergibt 012-Rufnummern immer nur im Block von mindestens 100.000 Rufnummern. Daraus lassen sich Schlussfolgerungen ableiten, welche Dienste-Konzepte zuteilungswürdig sind: Immer dann, wenn ein Dienst aufgrund der benötigten hohen Anzahl an Rufnummern mit einheitlicher Dienste-Vorwahl mit herkömmlichen Rufnummerngassen (z.B. 0180, 0190) nicht realisiert werden kann, stehen die Chancen gut, eine 012-Rufnummer zu erhalten. Welche Anwendungen können das sein?
Web.de beispielsweise realisiert ein Unified Messaging-System (UMS) mit der Rufnummer 01212, bei der jedem web.de-Nutzer automatisch eine UMS-Rufnummer zugeteilt wird. Von der Logik her entspricht dies in etwa einem Chiffre-Dienst, wie er auch bei Chiffre-Anzeigen genutzt werden kann. Letztlich können drei unterschiedliche Kriterien die Anzahl der benötigten Rufnummern beeinflussen: Erstens könnte im Dienstekonzept gefordert sein, entsprechend viele unterschiedliche Ziele ansteuern zu können, die jeweils eine eigene Rufnummer haben sollen. Zweitens könnte auch gefordert sein, dass die A-Teilnehmer sich gegenüber dem Dienst bzw. gegenüber der Hotline bereits durch die Einwahl über eine nur für sie bestimmte Rufnummer identifizieren (Beispiel: Einwahl mit eigener Kundennummer). Drittens wäre es möglich, dass mit Gesprächsaufbau bereits sonstige Informationen in Form von Zahlen übergeben werden sollen (Beispiel: Bei einem Horoskop-Dienst soll der Anrufer bereits vor Gesprächsaufbau sein eigenes Geburtsdatum angeben). Dies können nur Hinweise sein auf den möglicherweise geforderten innovativen Charakter des Konzeptes, letztlich wird die Regulierungsbehörde im Einzelfall entscheiden müssen, ob für das vorgestellte Dienstekonzept eine eigene 012-Rufnummer vergeben werden kann. Grundsätzlich ermutigen wir jeden, den Versuch zu wagen, neue Geschäftskonzepte auf Basis von 012 umzusetzen, denn die „Neuheit“ der Rufnummer wird das Marketing und die Kommunikation rund um diesen Dienst sicher unterstützen – und die Möglichkeit der freien und flexiblen Tarifierung inklusive der von 0190-0-Diensten bekannten Auszahlungen ermöglicht sicher interessante Geschäftsmodelle.

Kurzwahlrufnummern im Mobilfunk
Ein „Schatten-Dasein“ spielen die eigentlich sehr spannenden Kurzwahlrufnummern in den Mobilfunknetzen wohl nur deshalb, weil sich die Mobilfunkbetreiber in der Vergangenheit offenbar mit der Vergabe solcher Rufnummern zurückgehalten haben. Und trotzdem kennen viele Nutzer die 22666 von Passo oder die 22222 als Mobilfunk-Kurzwahl des ADAC. Einige GSM-Betreiber scheinen nun erkannt zu haben, dass auch sie zusätzliche Umsätze generieren können, wenn sie weitere Dienste auf Basis von Kurzwahlrufnummern in ihren Netzen realisieren. In Gesprächen wird gelegentlich betont, dass die Vergabe von Kurzwahlrufnummern auf Projektbasis durchaus verhandelt werden kann, wenn das Geschäftsmodell für den GSM-Betreiber lukrativ erscheint. Sicherlich können auch hier Auszahlungsmodelle verhandelt werden, doch jedem Interessenten muss klar sein, dass sich die GSM-Betreiber ihre Netz-, Billing- und Inkasso-Leistungen auch bezahlen lassen werden.

Fazit:
Es gilt also die Anforderungen zu untersuchen, welche Rufnummerngasse und welches Produkt für das jeweilige Unternehmen am besten geeignet ist. Dies bedeutet in vielen Fällen, sämtliche Service-Rufnummern eines Unternehmens zu evaluieren und zu überlegen, ob Portal-Lösungen oder neue, individuell entwickelte Rufnummernkonzepte einen entsprechenden Mehrwert bieten.


Autor:
Axel Gibmeier, Senior Produktmanager bei DTMS, www.dtms.de
axel.gibmeier@dtms.de
eingestellt am 01. August 2002