Bye-bye Calibri, hallo Aptos!

Nach 15 Jahren hat Microsoft im Juli 2023 beschlossen, seine Standardschriftart Calibri durch Aptos zu ersetzen. Wir haben bei drei Designagenturen nachgefragt, wie die Neue inzwischen ankommt.
Nach 16 Jahren stellte Microsoft den Standard-Font von Calibri auf Aptos um. (© Microsoft)

Dass Microsoft nach einer gewissen Zeit eine neue Standardschrift einführt, ist nichts Neues. Von 1982-2007 war Times New Roman die Standardschrift in Microsoft Word und anderen Office-Anwendungen. Die serifenbetonte Schriftart wurde lange Zeit als Standard für Druck- und digitale Dokumente verwendet. Ab 1990 wurde in Microsoft Excel, PowerPoint und einigen anderen Anwendungen zusätzlich Arial als Standardschrift eingeführt. Im Vergleich zu Times New Roman wirkte die serifenlose Schrift besser lesbar und moderner. Im Jahr 2007 wurde dann Calibri vorgestellt. Sie war Teil der ClearType Font Collection und wurde speziell für eine bessere Lesbarkeit auf Bildschirmen entwickelt. Calibri ist, ebenso wie Arial, eine serifenlose Schriftart und wird aufgrund ihrer Klarheit und guten Lesbarkeit gern verwendet.

Trotz ihrer Beliebtheit wurde Calibri im Laufe der Zeit als altmodisch empfunden. Microsoft entschied, dass es Zeit für etwas war, das besser zu den aktuellen Anforderungen und zum Geschmack der Nutzer*innen passt. Seit 2023 gibt es nun Aptos.

Die serifenlose Grotesk-Schrift wurde vom Designer Steve Matteson entworfen. Die Schrift basiert auf der Schweizer Typografie des 20. Jahrhunderts und zeichnet sich durch geometrische Formen, dickere Strichstärken und ausgewogene Proportionen aus, was gleichzeitig auch zu einer besseren Lesbarkeit führt. Elemente wie ein Anhängsel beim kleinen „l“ sorgen für eine klare Unterscheidung zum großen „I“. Aptos wirkt anpassungsfähig und passt gut zum neuen Office-Design.

Die Namensgebung

Steve Matteson, auch bekannt durch die Schriftart Segoe, ist ebenso für das Design von Aptos verantwortlich. Ursprünglich nannte er die Schrift „Bierstadt“ – ein Name, der für deutsche Ohren ungewöhnlich klingen mag. Der Name geht auf einen 4.286 Meter hohen Berg in den Rocky Mountains, der nach dem Maler Albert Bierstadt benannt wurde. Der neue Name Aptos verweist auf Mattesons Lieblingsstadt in Kalifornien, einst ein Zentrum der Holzindustrie, heute bekannt für Tourismus.

Aptos kommt in allen Microsoft-Produkten zum Einsatz. Der Font hat sechs Strichstärken, von Light bis Black, mit ergänzenden Schrägstilen. In den Microsoft-Produkten ist Aptos zusätzlich unter dem ursprünglichen Namen Bierstadt in der Fontliste von Word und Co zu finden.

Aber wie ist der Schriftarten-Wechsel auf der praktischen Seite angekommen? Wir haben dazu mit drei verschiedenen Designagenturen aus Deutschland gesprochen.

„Wenig Charakter“

Professionell, anpassungsfähig und modern. Das klingt zunächst nach einer annehmbaren Alternative für Calibri. Fragt man jedoch nach der Meinung von Expter*innen, so fällt diese nicht ganz so positiv aus. Sven Fuchs, Senior Type Designer bei der Designagentur Peter Schmidt Group merkt an, dass Aptos über wenig Charakter verfüge. „Der Corporate Designer in mir sagt jedoch, dass Uniqueness nicht immer an erster Stelle steht. Er fragt als Erstes: Welche Funktion hat die Schrift? Und passt sie zu den Medien unserer Zeit?“ Als variable Font passe sich Aptos gut den unterschiedlichen Aufgaben an. Typografisch sorge die Schriftart durch ihre Größe für ein funktionales Schriftbild, was sie zudem Nuzter*innenfreundlich macht. Ein weiteres Manko sei jedoch, dass die Geschlossenheit der Buchstaben zu einer geringeren Unterscheidbarkeit führt, „während Calibri durch die deutlichere Differenzierung der Buchstaben eine bessere Lesbarkeit gewährleistete.“, so Fuchs.

Auch das Urteil von Hendrik Weber, dem Typedirector des KMS Team, fällt eher negativ aus. Die Entscheidung für eine Ablösung von Calibri durch Aptos habe sich seiner Meinung nach wahrscheinlich an dem aktuellen Trend zu Groteskschriften orientiert. „Das ist auch mein einziger positiver Kritikpunkt.“, sagt Weber. „Viele der einzelnen Buchstabenformen wirken aus meiner Sicht, insbesondere im Vergleich mit der Historie semi-grotesker Schriften wie Univers oder Neue Helvetica, nicht wirklich ausgereift – ja, fast schon ebenfalls veraltet. Hier vermisse ich Klarheit, Sachlichkeit, Reinheit, Formstrenge und eine gewisse ’standard-würdige‘ Zurückhaltung.“

„Calibri tritt wohlverdient in den Ruhestand“

Nach diesen eher kritischen Stimmen gegenüber Aptos ist die Meinung von Mathias Rolfes, Creative Director bei MetaDesign, überraschend positiv. Die neue Schrift besteche durch eine hohe Detailschärfe selbst in kleinsten Größen, was besonders bei der Anwendung auf hochauflösenden Bildschirmen neuester Generation zum Tragen komme. Calibri hingegen würde den aktuellen Nutzer*innenanforderungen nicht mehr ausreichend gerecht werden. „Die Aptos strahlt eine insgesamt freundlichere und wärmere Ästhetik aus im Vergleich zur Calibri“, so Rolfes. Zudem bewahre sie ihre ausgezeichnete Lesbarkeit kohärent über verschiedene Microsoft-Anwendungen bei. Daher sei es verschmerzbar, „dass Aptos in der Grundeinstellung mehr Raum beansprucht als Calibri.“

„Ein wesentlicher Vorteil der Aptos liegt in ihrer umfangreichen Schriftfamilie.“ Microsoft bietet aktuell neben einer Monospaced- und einer schmalen Variante auch eine Serifenversion an. „Dies ermöglicht eine flexible Typografie, die für jede Office-Anwendung die passende Schrift bereithält.“, so Mathias Rolfes.

Anna Lena Hartmann (alh, Jahrgang 1997) ist seit August 2023 Werkstudentin bei der absatzwirtschaft. Im grünen Herzen Deutschlands aufgewaschen, lebt sie nun aufgrund ihres Germanistikstudiums in Leipzig. Zuvor verbrachte sie einige Jahre an der juristischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Ihr breites Wissens- und Interessenspektrum betrifft Themen wie Sport, Wirtschaft und Gesundheit.