Seit diesem Dienstag steht fest, dass die Koalition das vieldiskutierte Heizungsgesetz wirklich noch vor der Sommerpause verabschieden wird – die Fraktionsspitzen, so hieß es, hätten sich verständigt. Sein schlechtes Image wird das Modernisierungsprogramm für die Heizungskeller bei vielen Verbraucher*innen wohl erst dann verlieren, wenn in einigen Jahren Gas- und Ölpreise durch die Decke gehen. Doch für den Standort Deutschland ist es jetzt schon gut, weil es die Transformation zur grünen Volkswirtschaft unterstützt.
Die Beratung EY, die regelmäßig 40 Länder auf ihre Attraktivität für Investitionen in erneuerbare Energien hin analysiert, sieht Deutschland neuerdings auf Rang zwei, gleich hinter den USA. Grund für die Verbesserung um einen Platz ist – nein, nicht das Heizungsgesetz. Wohl aber der Kurs, den die Regierung in Sachen Renewables eingeschlagen hat: Der Report hebt den „beschleunigten Ausbau des Solarsektors als Kernelement der Dekarbonisierungsstrategie“ hervor, die Genehmigung großer Windpark-Vorhaben und Subventionen für energieintensive Industrien, die CO2-neutral werden wollen. Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck, zuletzt nicht mit Lob verwöhnt, wird sich freuen.
Vom Trend zum „Balkonkraftwerk“ profitiert die Umwelt
Ob es an der Diskussion über die Energiewende liegt oder an der Jahreszeit – der neue Hype hierzulande sind “Balkonkraftwerke”, also Mini-Photovoltaikanlagen. Schnell ein paar Module auf die Terrasse, Stecker in die Steckdose und schon wird der private Haushalt zum Stromerzeuger. Selbst wenn es in der Praxis nicht ganz so einfach ist: „Langfristig lohnt sich eine Investition in ein Balkonkraftwerk definitiv“, meint das Portal Ingenieure.de in einem ausführlichen Überblick über die Materie.
Was nicht heißt, dass von dem Trend in erster Linie deutsche Marken profitieren. Die Werbetrommel auf Social Media rührt derzeit kräftig ein Unternehmen namens Ecoflow, gleich vier Varianten eines Balkonkraftwerks samt Speicher sind im Angebot. Was ist das für eine Firma? „Wir begannen 2017 als eine Gruppe von Batterieingenieuren mit der Vision, die Energie für eine neue Welt zu liefern“, steht in der Eigenbeschreibung. Sympathisch – ändert aber nichts daran, dass der Hauptsitz in China ist, genauer gesagt in Shenzhen. Das Verbraucherportal Home & Smart fand nur zwei Hersteller von Balkonkraftwerken mit Modulen Made in Germany. Photovoltaikanlagen sind eben eine ausgereifte Technologie, ähnlich wie Wärmepumpen. Hersteller Viessmann hat schon gewusst, warum er seine Fabrikation an einen Global Player verkaufte und sich künftig auf Innovationen rund um CO2-Vermeidung konzentriert.
Dekarbonisierte Lieferketten
Mit De-Globalisierung und De-Risking wird es auf absehbare Zeit nichts werden, wenn die Energiewende bezahlbar bleiben soll. Um so wichtiger, die Lieferkette nachhaltig zu gestalten. Wie ein internationales Unternehmen das praktisch angeht, berichtet Richard Haldimann, Chief Technology and Sustainability Officer des in der Schweiz beheimateten Chemieriesen Clariant, im Podcast „Value Chain Decarbonization“. Das Interview ist Teil einer Gesprächsreihe, die das Beratungsunternehmen Bain unter dem Titel „The Sustainability Academy“ aufgelegt hat. Auch Plastikrecycling oder die „30 by 30“-Challenge werden dort thematisiert.
Dax-Unternehmen recyclen mehr
Dass sich selbst große, kapitalkräftige Unternehmen häufig noch schwertun mit einer transparenten Nachhaltigkeitsstrategie, zeigt ein Report der auf Abfallmanagement spezialisierten Softwarefirma Resourcify, die zum zweiten Mal in Folge Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte der 40 Dax-Unternehmen auswertete. Die durchschnittliche Recyclingquote liegt demnach bei 69 Prozent und damit deutlich höher als im Vorjahr; zu den Top-Unternehmen mit über 95 Prozent Wiederverwertung gehören Infineon, BMW, Mercedes, Porsche, Volkswagen, Daimler Truck und SAP.
Wow, ist man geneigt zu sagen, wäre da nicht ein großes Aber: Laut Resourcify werten die meisten Konzerne auch die sogenannte thermische Verwertung, sprich Verbrennung, als Recycling. Ja, dann… Noch schlimmer aber ist, dass ein Viertel der deutschen Vorzeigeunternehmen überhaupt keine Zahlen zum Abfallaufkommen liefert. Wer in der Schule ein leeres Blatt abgibt, kassiert dafür eine Sechs.
Greenacting statt Greenwashing
Nachhilfe für Verweigerer gibt die Konferenz „The Big Decision: Greenacting statt Greenwashing“ des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) am 5. Juli. Grün handeln statt nur so tun als ob: Dafür hat man die richtigen Referent*innen gefunden, zum Beispiel dm-Geschäftsführerin Kerstin Erbe – sie ist für Produktmanagement und damit für die vielfach ausgezeichnete Pro-Climate-Produktreihe verantwortlich – und Vaude-Chefin Antje von Dewitz. Für Menschen, die im Marketing nicht so zuhause sind, sei kurz angefügt, dass es sich beim NIM um den Gründungsverein der sehr viel bekannteren GfK handelt, der an dieser nach wie vor einen bedeutenden Anteil hält.
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!