Vom Wu-Tang Clan bis hin zum kleinen Snapchat-Geist: Wie das Logo, so die Marke

Viele Markenzeichen großer deutscher Firmen haben eine lange Tradition. Gingen früher allerdings die Einflüsse der bildenden Kunst in die Entwürfe ein, bestimmt heute die Tech-Ästhetik die Funktion von Logos: reduziert im Erscheinungsbild und medial vielfältig verwendbar.

„Maler verdient mit fünf Strichen 100 000 Mark“, titelte die Bild-Zeitung am 17. April 1974. Freilich eine Provokation, die sich gegen das damals frisch entworfene Logo der Deutschen Bank richtete – die Diagonale im Quadrat.

Während sich die Deutschbanker pikiert damit rechtfertigten, dass das Quadrat als Zeichen für Sicherheit und der Querstrich für kontinuierliches Wachstum stünden – wie sich die Zeiten ändern! –, reagierte der Logo-Erfinder Anton Stankowski sehr viel weitsichtiger: Das Quadrat verstand er als „Urmodell konstruktiver Kunst“, die „Schräge“ als ein für ihn als Künstler typisches Formelement. Heute, nach einer langen Gewöhnungsphase und einigen Wirtschaftskrisen, ist das Logo so markant, dass es weltweit von allen – selbst ohne den damals noch ergänzenden Namenszug der Bank – erkannt wird.

Hinter einem Logo, der heiligen Kuh des Corporate Designs, steht oft ein großer Künstler oder eine Kunstrichtung. So entwickelte 1972 Victor Vasarely die Raute von Renault im Stil der sogenannten Op-Art, der „optischen Kunst“. Karl Duschek entwarf das Logo der Deutschen Börse. Kurt Weidemann schuf in den 90er Jahren das „Rechteck“ der Deutschen Bahn. Und die farbigen Quadrate der Frankfurter Messe gehen auf Einflüsse von Piet Mondrian und Kasimir Malewitsch zurück. Anton Stankowskis Logo der Deutschen Bank war für das Museum für Konkrete Kunst (MKK) in Ingolstadt im vergangenen Jahre sogar der Auslöser, den Logos als einer „Kunst mit den Zeichen“ eine ganze Ausstellung zu widmen.

Vom Brandzeichen zum Aushängeschild

Die Geschichte des Logos beginnt spätestens im Mittelalter mit seinen Brandzeichen und Wappen und führt über die Herrschaftssiegel des Feudalismus zu den ersten Unternehmenslogos im Frühkapitalismus und in der industriellen Revolution. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildet sich das Logo-Design als eigenständige Kategorie der Gestaltung heraus: Es soll verstärkt eine Marke definieren und den Konsumenten zum Kauf der Firmenprodukte anregen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnen immer mehr Künstler im Auftrag der Unternehmen an den „Aushängeschildern“ der Firmen zu arbeiten. So gestaltete Salvador Dalí 1969 das Logo für Chupa Chups oder Günter Fruhtrunk 1970 die Plastiktüte für Aldi Nord. Logos müssen bis heute stets verständlich, unverwechselbar, einprägsam und reproduzierbar sein.

Für ihre optische Gestaltung waren und sind zwei Aspekte charakteristisch: die geometrische Form und die Farbe. So steht heute noch das „L“ auf Gelb für Langenscheidt. Das Nivea-Blau ist noch immer genauso prägnant wie das berühmte Blau des französischen Malers und Performancekünstlers Yves Klein, des Mitbegründers des Nouveau Réalisme. Und ebenso erinnert das Magenta der Telekom Kunstversierte an die grellen neonpinken Farbtöne des deutschen Malers Rupprecht Geiger. In Rot-Tönen sah er „Leben, Energie, Potenz, Macht, Liebe, Wärme, Kraft“ und attestierte ihnen „die Fähigkeit zu stimulieren“.

Die perfekte Kombination aus Form und Farbe

Auch das Logo der Deutschen Bahn ist für Experten eine gelungene Kombination aus Form und Farbe: Kurt Weidemann, einer der stilprägendsten Grafiker in Deutschland, bekam in den 90er Jahren den Auftrag, das Zeichen der beiden gerade vereinigten Bahngesellschaften in Ost und West zu gestalten. Ganz aufgeben wollte die neue Aktiengesellschaft ihr altes Logo allerdings nicht – und zwar aus Kostengründen und um von der bisherigen Bekanntheit zu profitieren. Der entscheidende Coup seines Redesigns bestand in der Umkehrung der Negativform (Weiß auf Rot) ins Positive: Rot auf Weiß. Durch den zusätzlichen Verzicht auf einen Rahmen innerhalb des Zeichens konnten die Buchstaben nun bei gleichen Maßen des Logos um mehr als ein Viertel größer werden. 

Trend zur Reduktion

Dass sich in einem Logo auch die Geschichte eines Unternehmens manifestieren kann, zeigt sich an Audi: 1932 fusionierten die Fahrzeughersteller Audi, Dampf-Kraft-Wagen (DKW), Horch und die Automobilabteilung der Wanderer-Werke. Als sichtbares Zeichen der Vereinigung und als neues Logo entstanden die vier Ringe. Als diese Union nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb der sowjetischen Besatzungszone zerschlagen wurde, kam es in Ingolstadt zur Neugründung. Die Audi Union verband sich später mit der NSU Motorenwerke AG und firmiert seit 1985 als Audi AG. Viele Jahre waren die Ringe mit einem Schriftzug verbunden. Inzwischen verzichtet Audi im Logo ganz auf die Nennung des Unternehmens. Und seit Neuestem zeigt sich das Logo im sogenannten Flat Design.

Tech-Ästhetik auf allen Kanälen

Das Flat Design ist nicht nur eine Folge des allgemeinen Trends zur Reduktion in der Markenwelt. Der Trend zu 2-D und einfacher Farb- und Formensprache ist auch notwendig, damit man den technischen Anforderungen der digitalen Medien entgegenkommen kann. Weniger Schatten und weniger Verläufe bedeuten schnellere Ladezeiten und geringere Probleme mit der Darstellbarkeit auf den unterschiedlichen bildschirmbasierten Medien.