Marken stehen vor der Aufgabe, ein Thema von gesellschaftlicher Relevanz zu prägen und die Debatte, wenn nicht gar das Thema, wirklich und ernsthaft voranzutreiben. Wer heute eine einzigartige Geschichte erzählen will, braucht eine einzigartige Haltung. Exklusive Themen gibt es nicht mehr. Alle Bereiche, für die sich Menschen wirklich interessieren, werden so oder so ähnlich bereits von anderen Kommunikatoren bespielt. In den wenigsten Fällen wartet jemand ernsthaft darauf, dass Marke X endlich auch mal etwas dazu sagt.
Die wahre Aufgabe von Markenführung in digitalen Zeiten ist es nicht, ein Thema aus der Taufe zu heben und für sich zu besetzen. Es geht vielmehr darum, eine eigene und frische Dimension zu entfalten, die in der Form nicht schon von zehn anderen 100 Mal vorgekaut wurde. Das gelingt zum Beispiel Dove seit einer ganzen Weile beim Thema Schönheit. Oder Red Bull, wenn es um Abenteuer geht. Diese Themen sind nicht neu. Herausragend sind der Antrieb und die Haltung, mit der sich die beiden Marken dafür engagieren. Es ist die Attitüde, mit der sie ihre Inhalte für die Menschen erschließen und gestalten.
Thematische Deutungshoheit erlangen
Dove, Red Bull, Harley Davidson oder Coca Cola schaffen es, die Diskussion um ihr Thema zu bereichern. Sie erreichen – zumindest zeitweise – einen relevanten Teil des Publikums und schaffen damit thematische Deutungshoheit. Wer die Debatte um ein Thema bestimmen will, dem hilft kein Blick aus dem Fenster. Es reicht nicht zu schauen, was gerade heiß ist und was die anderen machen. Auch der fleißigste Datensammler mit den besten Zielgruppen-Insights kann sich daraus allein keine Relevanz bei der Masse schneidern.
Auf der Suche nach dem einen, eigenen Thema hilft nur der Blick in den Spiegel. Marken müssen sich ehrlich fragen, wofür sie eigentlich stehen. Es geht darum, als Marke vom Werbespruch zum Anspruch zu kommen. Nicht nur zu erzählen, was die Leute hören wollen, sondern zu sagen, was man zu sagen hat. Nur so schafft man es, sein Thema dauerhaft und glaubhaft nach außen wie nach innen zu verkaufen.
Es geht in modernen Markenwelten um mehr als darum, kommerzielle Absichten kommunikativ nett zu verpacken. Man muss sich wirklich Mühe geben, die Menschen zu erreichen und den eigenen Purpose zu vermitteln.
Von Netflix & Co lernen
Wie man dabei langfristig relevant bleibt, lehrt uns Netflix. Wo Serien früher darauf getrimmt waren, Zuschauer jederzeit in die Handlung einsteigen und die einfachen Charaktere erfassen zu lassen, ist heute das Gegenteil der Fall. Storytelling funktioniert heute nach dem Prinzip Walter White: Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind fließend, der Spannungsbogen wird hoch gehalten, jede Folge endet mit dem obligatorischen Cliffhanger.
Genau diese Prinzipien sollten Marken adaptieren, um nachhaltige Deutungshoheit auf einem Thema zu entwickeln. Red Bull zum Beispiel macht hier einen super Job – 365 Tage Content im Jahr, transmediales Storytelling und disruptive Aktionen wie der Stratosphärensprung tragen zu einer einzigartigen Customer Experience bei.
Geschichten erzählen – Purpose inszenieren
Marken sollten sich vom Wunsch nach einem eigenen Thema verabschieden. Sie müssen sich schlicht auf den Partys behaupten, die schon laufen. Das funktioniert nur, wenn man die besten Geschichten erzählt. Lebensnahe Stories mit interessanten, ambivalenten Persönlichkeiten. Geschichten, die nicht nur den Vertrieb ankurbeln sollen, sondern auch den Purpose der Marke inszenieren.
Wir leben in einer On-Demand-Medienlandschaft. Markenführung bedeutet heute vor allem: thematische Deutungshoheit. Dabei macht es nicht den Unterschied, ob Marken ihre Kampagnen und Themen handwerklich einwandfrei durchexekutieren. Der innere Kern der Marke macht den Unterschied. Nur, wer seinen Purpose nach innen wie nach außen glaubhaft und dauerhaft vertritt, hat die Chance, im Leben der Menschen eine echte Rolle zu spielen.