Lange haben Ökonom*innen für ihn geworben, nun wird er Wirklichkeit: Am Montag verabschiedeten die G7 die Satzung für einen Klimaclub. Das Projekt hatten die Staats- und Regierungschefs im Juni beschlossen. Die Idee geht auf den Nobelpreisträger William Nordhaus zurück und richtet sich gegen Klimasünder, die von CO2-Einsparungen anderer Länder profitieren, ohne selbst viel zu tun. Wenn sich engagierte Staaten zusammenschließen und Trittbrettfahrer ausgrenzen, werden sich mehr Länder für Klimaschutzmaßnahmen entscheiden, so die Überlegung. Der Klimaclub als „Green Nudge“, als Anstoß zur Verhaltensänderung sozusagen.
Das ist auch für das Marketing relevant, denn der Klimaclub wird Prioritäten bei der Produktentwicklung beeinflussen. Das gilt vor allem für teure Innovationen wie grünen Stahl, klimafreundlichen Beton oder die gesamte Wasserstofftechnologie. Schließlich verfolgt der Klimaclub, wie es in der Erklärung der Bundesregierung heißt, „das Anliegen, dass Industrieunternehmen, die beim Klimaschutz vorangehen, keine Wettbewerbsnachteile erfahren oder einem Druck zur Standortverlagerung unterliegen“. Mit anderen Worten: Für Pioniere wird es Subventionen geben. Rohstoffe und Produkte aus Ländern, die dem Club nicht angehören, könnten sich verteuern, etwa durch Strafzölle.
Neue EU-Regulierungen zu Verpackungen und Lieferketten
Regulierung ist schon mehr als ein Anstoß zur Verhaltensänderung und zuweilen sehr effektiv. Von Januar an wird es bei „To-Go“-Speisen und -Getränken eine Alternative zu Einwegverpackungen geben. Und das ist erst der Anfang: Gerade hat die Europäische Kommission den Entwurf für ein „Kreislaufpaket“ vorgelegt, mit dem sie Verpackungsabfälle um 15 Prozent pro Mitgliedstaat und Kopf verringern will. Bis 2030 müssen sich sämtliche Verpackungen wiederverwerten lassen, für neue Kunststoffverpackungen werden Mindest-Recyclinganteile festgelegt, so der Plan. Verboten werden sollen Einwegverpackungen für Lebensmittel, die in Restaurants und Cafés verzehrt werden, sowie für Obst und Gemüse. Auch Mini-Shampoos in Hotels soll es nicht mehr geben.
Ebenfalls tritt zum Jahreswechsel das Gesetz der Bundesregierung über Sorgfaltspflichten in Lieferketten in Kraft. Warum es keine gute Idee ist, wenn Unternehmen sich darüber beklagen, hat mein Kollege Frederic M. Servatius in der absatzwirtschaft geschrieben. Ähnlich wie bei den Verpackungen gilt auch bei diesem Thema: Das war’s noch nicht! Anfang Dezember haben sich die EU-Länder grundsätzlich auf ein europäisches Lieferkettengesetz zur Beachtung von Menschenrechten und Umweltschutz geeinigt. Es wird vor allem große Unternehmen in die Pflicht nehmen, bei Kleidung, Schuhen und Lebensmitteln könnte die Grenze schon bei 250 Mitarbeitern liegen.
Der „Smart Green Nudge“ und das Start-up Keepoala
Auch das Münchner Start-up Keepoala möchte Verhalten verändern. Es hat eine App entwickelt, die Kund*innen für die Vermeidung von Rücksendungen mit Prämien und Gutscheinen belohnt. Schon im ersten Jahr seien rund 5000 Pakete weniger zurückgesandt worden, freut sich Keepoala. Dabei sind die rund 30 Kooperationspartner – darunter Loveco, Greenbomb oder Wunderwerk – ohnehin nachhaltig orientiert und damit wohl auch deren Kund*innen. Richtig interessant wird es, sollte die App eines Tages Fast-Fashion-Anbieter einbeziehen.
Dass ein „Smart Green Nudge“ bei Retouren funktioniert, hat gerade das Leibniz Institute for Financial Research SAFE in einem Feldversuch nachgewiesen. Der Hälfte von knapp 50.000 Onlinekund*innen eines großen deutschen Modehändlers blendeten Wissenschaftler*innen nach dem Zufallsprinzip einen Appell ans Umweltbewusstsein ein. Anschließend verglichen sie deren Einkaufsverhalten mit dem der Kund*innen ohne Einblendung: Die Retouren sanken um sieben Prozent. Gut für die Umwelt, besser noch fürs Unternehmen – dessen Gewinne stiegen um 12,5 Prozent.
Nachhaltigkeitslabel helfen bei der Neuorientierung
Und dann war da noch die Studie der Universität Göttingen, die 985 Teilnehmer*innen mit Produkten konfrontierte, die mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitslabeln ausgezeichnet waren. So konnte ein Paket Hühnerbrust ein Biosiegel und zugleich ein fiktives negatives Klimasiegel tragen. Ergebnis: Insbesondere mehrstufige Label unterstützen den nachhaltigen Lebensmitteleinkauf – sogar, wenn es kompliziert wird. „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bevorzugten vor allem das bereits am Markt existierende Tierwohllabel sowie das fiktive Klimalabel und kamen sogar mit widersprüchlichen Informationen sehr gut zurecht“, teilt das Forschungsteam mit. Verbraucher*innen, die klüger sind als man denkt: Wenn das keine gute Nachricht zum Jahresausklang ist.
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!