Von Stefan Winterbauer
Ich weiß nicht, wie lange ich schon bei LinkedIn Mitglied bin und ich weiß auch gar nicht warum oder wie das passieren konnte. Schließlich würde ich mich als miserabler Netzwerker und Business-Kontaktepfleger bezeichnen und auch Marketing-Opportunities und Entrepreneur-Events sind mir im Regelfall herzlich wurst. Da wurde halt mal in der Vergangenheit ein falscher Knopf gedrückt und schwupp: Mitglied.
Eine Mischung aus Faulheit und Unkenntnis hat mich bislang davon abgehalten, das Konto wieder zu löschen. Seither habe ich – als eine art Social Experiment – eine gnadenlose “Accept all”-Policy bei LinkedIn implementiert. Will heißen: Egal wie abstrus die Personen auch scheinen, die da Kontaktanfragen stellen, es gibt immer nur eine Antwort: accept, accept, accept.
Mit diesem Trick aus dem kleinen Business-Brevier der Xing-Hochschule (Pro-Tipp: gibt’s gar nicht!) habe ich es mittlerweile auf erkleckliche 735 Top-Kontakte gebracht. Darunter sind absolute Koryphäen ihrer Zunft wie Natu Myers, von Beruf Entrepreneur, Engineer und – jetzt kommt’s: Blockchain & Cryptocurrency Consultant. Kann man ganz sicher demnächst mal brauchen.
Beruflich verbunden bin ich via LinkedIn auch mit Bagrin Angelov, dem Head of China Cross-border M&A der CICC, der China International Capital Corporation, der größten Investmentbank der Chinesen! Very impressive. Dass der Name der Bank klingt wie eine düstere Zukunftsfirma, die aus genmanipuliertem Krebsfleisch menschenähnliche Killer-Mutanten-Roboter baut, ist vermutlich nur ein dummer Zufall.
Weitere hoch-interessante Netzwerk-Optionalitäten sind der Inhaber einer Praxis für Strahlentherapie … WTF? Oder Andebrhan Welde Giorgis, seines Zeichens Senior Mediation Specialist/Political Dialogue Facilitator bei der weltmächtigen Eri-Platform. Fragen wir lieber nicht … Ein bisschen unheimlich ist mir Michael Küppers-Adebisi von AFROTAK TV cyberNomads AfricanDiaspora Education Database Network Media & TV Channel. Ich könnte schwören, er hat mir mal eine nur bedingt seriöse Nachricht mit irgendeiner Investment-Gelegenheit geschickt, kann mich aber nicht mehr genau erinnern. Falls er es nicht wahr: Nix für ungut, Michi, altes Haus!
Ganz sicher eine LinkedIn Nachricht erhalten habe ich aber vom 1. Vizepräsidenten und Kreativdirektor der gewiss gnadenlos seriösen Diamond Awards Association e V. Folgendes schrüb er mir: “nice dich in unserem Netzwerk begrüßen zu dürfen und willkommen bei Battuta-The Sophisticated Diamond Source. Deine ZEITGEIST Schmuckagentur – Online und vor Ort besuchbar. Fokussiert auf LabGrown Diamonds.” Nice Grüße back!
Herzerwärmend diese Message: “Wenn ich Ihnen mein Buch …’Bäume auf die Dächer, Wälder in die Stadt’ zu Ihrer Meinungsbildung senden darf, kann ich das schnell veranlassen. Senden Sie mir nur Ihre Versandadresse zu. Das Buch ist selbstverständlich kostenfrei und verpflichtet Sie zu nichts! Ich freue mich auf Ihre Antwort…verwurzelte Grüße” Wirklich nice, aber, danke nein.
Ein unerschöpflicher Quell der Inspiration sind auch die Selbst-Beschreibungen der emsigen Digital-Netzwerker. “Servicequalität ist das Ergebnis von Führungsqualität”, teilt jemand in seiner Mini-Bio mit. Es geht aber auch schmissiger: “Always working, never stopping.” Yes! That’s the spirit! Dafür gibt es ein virtuelles High Five. Mein All-Time-Liebling aller LinkedIn Selbst-Beschreibungen ist aber diese hier:
Platinum-level thought leader and value-adding investor who drives market ownership for entrepreneurs in global arenas.
“Platinum-level thought leader” – mehr geht einfach nicht.
Hach, LinkedIn, ein Klick, so viele Möglichkeiten. Man darf nur einen, ganz schlimmen Fehler nie machen. Immer wieder versucht die Software einem neue Kontakte vorzuschlagen. Wenn man dann ein wenig zu hastig aufs falsche Knöpfchen drückt, sendet LinkedIn an alle Leute im eigenen Adressbuch Einladungen. Das kommt erfahrungsgemäß nicht bei allen jetzt sooo super an. Wobei – eigentlich verstehe ich den Ärger nicht. Wie Sie sehen, kann man ja durchaus Spaß haben mit diesen Business-Netzwerkern, bzw.: fun.
Der Artikel erschien zuerst bei Meedia.de