Von Astrid Schäckermann
Social-Media-Manager in deutschen Unternehmen wünschen sich ein größeres Interesse an ihrer Arbeit, viel mehr Unterstützung, flachere Hierarchien, ein weniger strenges Abteilungsdenken, klar definierte Strategien, Mut zur Transparenz, aktive Beiträge seitens der Geschäftsführung – und ein höheres Budget mit mehr Personal. Marketingexpertin Sabine Holicki, Inhaberin von cki Kommunikationsmanagement, übersetzt dies so: „Bei vielen Entscheidern stößt Social Media noch auf Unverständnis.“
Ihre Studie, für die sie zusammen mit Kati Rieger, Inhaberin von Die Profilgestalter, mehr als 300 Social-Media-Verantwortliche befragte, ergab: Halbherzigkeit im Management behindert den Erfolg. Unter Erfolg versteht Holicki, dass Unternehmen ihre Marke(n) in den sozialen Medien verankern – und damit auch in den Köpfen der Verbraucher. Der direkte Draht zum Kunden werde wichtiger, Unternehmen müssten Informations- und Kaufentscheidungsprozesse aktiv begleiten.
„Wettrennen“ zwischen Marketing und PR kontraproduktiv
In manchen Unternehmen ist die Grundsatzfrage, ob Social Media im Marketing oder in der Unternehmenskommunikation oder übergreifend angesiedelt ist, noch gar nicht geklärt, leitet Holicki aus den Antworten der Befragten ab. Ihrer Erfahrung zufolge gibt es eine Art „Social-Media-Wettrennen“ zwischen Marketing und Unternehmenskommunikation: „Beide haben das Thema für sich entdeckt und treiben es voran, oftmals sind die Zielsetzungen unterschiedlich. Es ist schwierig, hier zu einer gemeinsamen Linie und einer von allen akzeptierten Federführung zu kommen. Am ehesten geht das, wenn Social Media als eigener Bereich eingerichtet wird.“
Ist Social Media im Unternehmensbereich Public Relations verankert, wird es häufiger als erfolgreich bezeichnet, als wenn es dem Marketing zugeordnet ist. „Im Marketing-Kontext besteht eher ein Verkaufsdruck“, sagt Holicki, und das Verkaufen sei schwieriger. Insgesamt müsse aber auch Klarheit herrschen, welche Auswirkungen Social Media auf die Unternehmenskultur hat. Denn dieser neue Kommunikationsbereich laufe vom Wesen her einer klassischen Unternehmensstruktur zuwider. „Es durchdringt mehr oder weniger alle möglichen Disziplinen“, betont sie. „Und es ist weniger ein Werkzeug als eine Haltung, die von hoher Transparenz lebt.“
Die Risiken des Nicht-Agierens erkennen
Diese Haltung der Transparenz scheitert schon am Verständnis der neuen Kommunikationskanäle, wie es ein Social-Media-Manager stellvertretend für viele weitere betont: „Kollegen und vor allem die Geschäftsführung müssten Social Media besser verstehen und die Zeit wertschätzen, die dafür investiert werden muss. Es fehlt an Basiswissen zu den einzelnen Kanälen.“ Dass die eigene Website wie auch die Facebook-Seite viel zu selten besucht werde, beklagt ein anderer Studienteilnehmer. Wurde im Unternehmen noch keine Social-Media-Strategie erarbeitet, deutet dies auf eine fehlende Kommunikationsstrategie hin und möglicherweise auf eine fehlende Bereitschaft zum Dialog.
Damit die Unternehmensleitung die Notwendigkeit zum Handeln erkennt, könnte nach Ansicht eines weiteren anonym Befragten auch der vermeintliche „worst case“ hilfreich sein: „Vielleicht müsste dem Management ein ‚Shitstorm’ oder eine Krisensituation passieren (natürlich hoffe ich das nicht), damit den Entscheidern klar wird, welche Risiken durch Nicht-Agieren und Nicht-Beobachten entstehen können.“ Die komplette Wunschliste der Social-Media-Verantwortlichen fasst Sabine Holicki zusammen: „Ganz oben stehen mehr Personal, mehr Zeit und Budget, aber auch ein interner Kulturwandel mit mehr Akzeptanz, Befugnissen und Vertrauen. Weitere Voraussetzungen für ein noch erfolgreicheres Social-Media-Management sind Investitionen in Inhalte, Themen und Kampagnen, eine klare Strategie, definierte Ziele, Guidelines sowie Schulungen und mehr externes Know-how.“
Verändert wird der „Produktionsprozess“ von Kommunikation
Deutliche Unterschiede zwischen den erfolgreich und den weniger erfolgreich in Social Media agierenden Unternehmen zeigen sich laut Studie beim Social-Media-Know-how. Hier ist der Vorsprung der Erfolgreichen bei der Planung, Erzeugung und Bereitstellung von Inhalten, beim Community Management sowie beim Thema Social-Media-Strategie am größten. Auch mit Spezialthemen wie der Krisenkommunikation oder der crossmedialen Vernetzung der Kommunikation kennen sich die Verantwortlichen in den erfolgreicheren Unternehmen besser aus.
Nicht Plattformen, Werkzeuge oder Strategien sollten nach Überzeugung der beiden Studienautorinnen im Vordergrund stehen, sondern Strukturen, Personal, Know-how, Ressourcen, Verständnis und Commitment. „Ich bin überzeugt, dass Social Media die Art, wie wir mit unseren Zielgruppen kommunizieren, tief greifend verändert und sich dies zwangsläufig auch auf die Kommunikatoren und auf den ‚Produktionsprozess’ von Kommunikation auswirkt“, sagt Holicki. Unternehmen und Organisationen, die Social Media ernsthaft und erfolgreich betreiben wollen, müssten sich intern verändern.
Angesichts der Kernkompetenz von Social Media, dem Beziehungsmanagement, das Kunden öffentlich sichtbar zufrieden stellt, sollte es selbstverständlich sein, dass Social-Media-Manager Rückhalt und Unterstützung im Unternehmen haben. Hier gibt es viel zu tun, wie die Studie zeigt. Denn insgesamt ist Social Media eine enorm große Aufgabe für Unternehmen, obwohl die Quintessenz laut Kommunikationstrainerin Holicki nur sechs Punkte umfasst: „Nutzer ernst nehmen, relevant sein, zuhören und interagieren statt nur zu senden, authentisch bleiben, regelmäßig kommunizieren und schnell reagieren.“
Nähere Informationen zur Studie hält die folgende Website bereit: www.gut-aufgestellt-fuer-social-media.de