Verteidiger stellt im Ruzicka-Prozess Untreuevorwurf infrage

Im Prozess gegen Aleksander Ruzicka ist kein Ende absehbar. Seit 15. Januar steht der ehemalige CEO von Aegis Media in Zentraleuropa vor Gericht. Ihm wird schwere Untreue im Ausmaß von 51,2 Millionen Euro zum Nachteil von Aegis Media vorgeworfen. Wie die 6.Strafkammer des Landgerichts Wiesbaden gegenüber absatzwirtschaft bestätigte, ist der Prozess bis mindestens 26. November terminiert.

Am 29. September ist die Aussage vom Global CEO von Aegis Media, Jerry Buhlmann, fixiert. Er wird mittels Videokonferenz aussagen. Buhlmann und Ruzicka sollen sich im Jahr 2005 einen Machtkampf um den Posten des Global CEO bei Aegis Media geliefert haben. Nach dem plötzlichen und bis heute nicht kommentierten Abgang von Mainardo de Nardis hat Buhlmann diesen Posten seit Jahresmitte inne. Auch Ruzickas Nachfolger für Zentraleuropa, Andreas Bölte, ist erneut als Zeuge geladen.

Grund: Der langjährige Finanzchef Hans-Henning Ihlefeld hatte wie sein Nachfolger Andreas Bölte ausgesagt, dass sie keine wirksame Kontrolle der Freispotkontingente gehabt hätten. Beide wollen keine Kenntnis der Verhandlungsergebnisse mit den Medien gehabt haben. Ihlefeld sagte zudem, dass er sich auch nicht weiter darum gekümmert hätte, weil für die Bilanz nur die tatsächlich kapitalisierten Freispots relevant gewesen seien. Ruzickas Verteidiger Marcus Traut äußerte in einer Erklärung, dass damit der Anklagevorwurf der Untreue erschüttert und ein Vermögensnachteil für Aegis Media ausgeschlossen sei.

Es könne nur etwas veruntreut werden, dass auch strafrechtlich geschützt sei. Dies treffe seiner Meinung nach auf die Ist-Werte zu. Wie die Zeugen Bölte und Ihlefeld aussagten, habe es in der Buchhaltung keine Auffälligkeiten gegeben. Zu klären ist daher die Frage, ob die Differenz zwischen den offenbar korrekt verbuchten Erlösen aus Freispots und dem was der Mediaagentur insgesamt zustand, jedoch angeblich ohne deren Wissen über Emerson FF kapitalisiert wurde, strafrechtlich relevant ist.

Der Mitangeklagte und ehemalige Einkaufschef bei Aegis Media, David Linn, zeigte sich verwundert über die Aussage, dass Bölte und Ihlefeld keinen Zugang den Soll-Werten gehabt hätten. Gemeint sind die tatsächlichen Größen der Freispotkontingente, die von den Medien gewährt wurden. Laut Linn, sind diese recht einfach zu ermitteln gewesen. Er selbst hat den Umfang dessen kurz vor seiner Verhaftung im Oktober 2006 nachgerechnet. Bereits damals sei er auf den Betrag gekommen, der eineinhalb Jahre später Gegenstand der Anklage wurde.
Eine weitere Anklage könnte in einem Steuerstrafverfahren gegen Aleksander Ruzicka folgen. Am Montag informierte ein Steuerfahnder das Gericht. Bereits zu Beginn des Jahres 2006 sei man auf ungewöhnliche Buchungsvorgänge bei Ruzicka gestoßen. So soll er über die vermeintliche Schein- und Tarnfirma Camaco erhebliche Ausgaben abgeschrieben haben, die steuerlich nicht relevant seien. Ruzickas Verteidiger Marcus Traut erwiderte, dass die ersten beiden Etagen von Ruzickas ehemaligem Haus in Wiesbaden an die Firma Camaco vermietet gewesen seien. Ruzicka will diese für Firmenanlässe aber auch für den Empfang von Journalisten zum Vorteil von Aegis Media genutzt haben.

Der Steuerfahnder sagte aus, dass Ruzicka von Camaco in den Jahren 2002 bis 2005 mehrere Gewinnausschüttungen in Millionenhöhe erhalten hätte. Ruzicka hatte im Interview mit absatzwirtschaft vor einem Jahr behauptet, dass er von keiner seiner Firmen jemals eine Ausschüttung erhalten habe. Der Steuerfahnder fügte jedoch hinzu, dass die Gewinnausschüttungen von Camaco an die vier Eigentümer steuerlich nachvollziehbar seien. Zudem habe Aleksander Ruzicka noch am Tag nach den Hausdurchsuchungen, am 13.September 2006, eine Nachzahlung aus Einkommensteuer in sechsstelliger Höhe geleistet. Der Finanzbeamte bestätigte weiter, dass das Steuerstrafverfahren gegen David Linn abgeschlossen ist. Linn muss eine Nachzahlung in vierstelliger Höhe leisten.

An den folgenden Prozesstagen will sich das Gericht wieder mit dem Kern der Vorwürfe der Anklage in diesem Prozess beschäftigen. Ein damaliger Mitarbeiter von Emerson FF soll dem Gericht die Vorgänge in der Barterfirma erläutern. Emerson FF soll als eine Art externe Verrechnungsstelle agiert und an Aegis Media Scheinrechnungen geschickt haben. Die Mediaagentur soll diese Rechnungen bezahlt haben, obwohl ihr die berechneten Freispotkontingente ohnehin gehört haben sollen. Danach sollen die Gelder von Emerson FF abgezogen worden sein. Zugunsten von Firmen, die den Angeklagten zugerechnet werden: Camaco, Watson, Life2Solutions oder Objektgesellschaft Haideweg. Im Oktober wird nur vier Tagen verhandelt. Von Ende September bis zum 20.Oktober pausiert der Prozess und wird ab 3. November fortgesetzt. Im November folgen weitere acht Verhandlungstage.mz