Ein Beitrag von Andreas Mahl, Director of Marketing für Zentraleuropa bei dem Kundenservice-Software Anbieter Zendesk
Von „Kann ich mal Ihren Vorgesetzten sprechen?“ bis „Ok, dann schreibe ich eben noch eine Mail“ – so unterschiedlich können die Reaktionen von Konsumenten im Kundenservice ausfallen. Den einen platzt sofort die Hutschnur, sie eskalieren verbal oder ergreifen Maßnahmen, die Druck auf das Unternehmen ausüben sollen. So soll es zum Beispiel schon mehr als einmal vorgekommen sein, dass genervte Verbraucher in ihren Wut-Mails an den Kundenservice die Redaktion der Bild-Zeitung in Kopie gesetzt haben.
Andere Kunden sind geduldiger und gewillt, immer wieder selbst die Initiative zu ergreifen, bis ihr Problem gelöst wird. Es ist jedoch ein Trugschluss, dass diese Art der Kunden weniger schädlich für Unternehmen ist. Zwar kann so vielleicht der Image-Schaden vermieden werden, aber über kurz oder lang möchte sich auch der geduldigste Kunde nicht mehr bemühen, sondern wechselt einfach den Anbieter. In beiden Fällen haben Unternehmen einen Kunden verloren, den sie schwer oder gar nicht zurückgewinnen können. Zur besseren Einordnung, hier die vier gängigsten Kundentypen und der Umgang mit ihnen:
Der Eskalator
Dieser Kunde ist der Albtraum eines jeden Dienstleisters. Der Anspruch, den er an Service stellt, ist kaum zu erfüllen. Kundenservice ist für ihn eine Leistung, die er konsequent und mit allen Mitteln einfordert. Dass am anderen Ende auch nur Menschen sitzen, gerät dabei gern in Vergessenheit. Falls die Leistung nicht adhoc erfolgt, eskaliert die Situation fast unmittelbar.
Diesem Kundentyp können Unternehmen mit zwei Maßnahmen den Wind aus den Segeln nehmen: Durch ständige Erreichbarkeit und schnelle Reaktionen. Eine konsolidierte Ansicht der Kundendaten kann dabei helfen.
Der Diplomatische
Dieser Verbraucher ist der wohl willkommenste bei allen Kundenservice-Mitarbeitern. Er äußert sachlich und ruhig sein Problem und übt Kritik dort, wo sie angebracht ist. Zudem weiß er, dass die Menschen, die im Kundenservice arbeiten, nicht die Schuld für alles tragen. So schnell bringt ihn nichts aus der Ruhe. Eine willkommene Abwechslung, die leider viel zu selten ist.
Der Zurückhaltende
Er ist immer freundlich, extrem zurückhaltend, gibt immer klein bei – auch wenn er ein Problem hat und dieses eigentlich gelöst bekommen möchte. Wenn es nur solche Verbrauchertypen gäbe, würde sich der Service niemals verbessern, da er es einfach nicht schafft, Kritik zu üben, sondern sich immer wieder vertrösten lässt und somit mit seinem Problem meist allein zurückgelassen wird.
Vorsicht Wechselgefahr! Dieser Kundentyp ist ungefähr genauso gefährlich wie der Eskalator: Zwar baut er keinen Druck auf, aber am Ende ist auch dieser Kunde irgendwann weg – nur hat es dieses Mal keiner bemerkt und der Grund ist unklar. Das ist doppelt schlecht für Unternehmen: Sie haben einen Kunden verloren und können sich nicht verbessern. Deshalb gilt: Jedes Kundenanliegen ernst nehmen – auch und besonders die der stillen Wasser.
Der Verweigerer
Mit Kundenservice möchte dieser Kundentyp nichts zu tun haben. Wenn möglich, vermeidet er jegliche Kontaktaufnahme, solange es geht, da er weder gerne Kritik übt, noch gewillt ist, sich mit Telefon-Hotlines oder E-Mail-Ping-Pong auseinanderzusetzen. Diese Verweigerungshaltung kann dazu führen, dass der Kunde lieber den Anbieter wechselt als sich wegen eines Problems zu melden.
Unternehmen haben zwei Möglichkeiten, um den Verweigerer nicht als Kunden zu verlieren. Zum einen sollte das Kundenservice-Angebot so niedrigschwellig wie möglich gestaltet sein. Self-Service-Angebote, wie FAQs oder KI-basierte Bots, sind hier das Mittel der Wahl. Zum anderen kann dieser Kunde womöglich „gerettet“ werden, indem er proaktiv Hilfe angeboten bekommt, zum Beispiel über einen Live-Chat oder ein Angebot per SMS.
Letztlich besteht genau darin die hohe Kunst des Kundenservices: Support-Anfragen aktiv vermeiden und Kunden damit überraschen, dass man ihrem Problem zuvorgekommen ist. Unternehmen könnten dies mithilfe einer integrierten Kundensicht über eine Plattform schon heute in viel mehr Fällen realisieren als es tatsächlich genutzt wird.