In der Diskussion um eine gesündere Ernährung machen Verbraucherschützer*innen Druck für Beschränkungen bei der Werbung gezielt an Kinder. „Beim Marketing für sogenannte Kinderlebensmittel muss sich dringend etwas ändern“, sagte die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, der Deutschen Presse-Agentur. „Es werden Lebensmittel mit lustigen und niedlichen Bildchen beworben, die fetthaltig und zu süß sind. Deswegen brauchen wir eine deutlich strengere Regulierung der Werbung für Kinderprodukte, die den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation nicht entsprechen.“
Es brauche „Bannmeilen“ rund um Kitas und Schulen, aber auch für Fernsehen, Radio, Influencer und Influencerinnen, sagte Pop. „Weil Kinder nicht nur Kinderkanäle und Kindersendungen gucken, sondern auch mal Sport und ähnliches am frühen Abend, ist eine zeitliche Eingrenzung nötig, dass tagsüber bis in den Abend für Lebensmittel keine Werbung gemacht werden darf, die zu ungesund sind.“
Koalitionsvertrag sieht Einschränkungen für „Kinderwerbung“ vor
Verbraucher- und Medizinverbände drängen die Politik seit längerem zum Handeln beim Marketing für Kinderprodukte. Ein Bündnis mehrerer Organisationen fordert für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt ein Werbeverbot von 6 bis 23 Uhr. Für Plakatwerbung für „ungesunde“ Produkte solle eine 100-Meter-Bannmeile um Kitas, Schulen und Spielplätze gelten. Lebensmittel, die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation erfüllen, sollen nicht betroffen sein.
SPD, FDP und Grüne haben im Koalitionsvertrag vereinbart: „An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt darf es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben.“ Eine „Einschränkung der an Kinder gerichteten Lebensmittelwerbung“ ist auch in den Eckpunkten für eine Ernährungsstrategie von Minister Cem Özdemir (Grüne) genannt, die das Bundeskabinett kurz vor Weihnachten gebilligt hat.
Werbewirtschaft gegen Einteilung in „gesunde“ und „ungesunde“ Lebensmittel
Die Werbewirtschaft hatte dazu erklärt, Werbung sei „definitiv kein Hebel für Gewichtsveränderungen“, sie verschiebe nur Marktanteile im jeweiligen Produktbereich. Auch eine Einteilung in „gesunde“ oder „ungesunde“ Lebensmittel sei nicht hilfreich, jedes Produkt habe seinen Platz in einer ausgewogenen Gesamternährung. Der Deutsche Werberat habe den Schutz von Unter-14-Jährigen im Fokus und sorge dafür, dass Werbung etwa nicht zu übermäßigem Konsum auffordere.
Verbraucherschützerin Pop forderte darüber hinaus: „Natürlich kann man auch darüber nachdenken, eine Süßgetränkeabgabe für Hersteller einzuführen – nicht für die Kundinnen und Kunden. Je stärker der Zuckergehalt im Getränk ansteigt, desto höher müsste sie liegen.“
tht/dpa