Von wegen alles anonym. Wenn Unternehmen unsere Daten aufzeichnen und in Paketen weiterverkaufen, steht es schlecht um unseren lieben Datenschutz. Eine Recherche des NDR hat jetzt aufgedeckt, wie einfach sich diese Daten konkreten Personen zuordnen lassen und wie umfangreich sie intime Details aus dem Leben der Nutzer preisgeben. In einer monatelangen Recherche konnten Reporter der NDR Fernsehmagazine „Panorama“ und „Zapp“ Zugang zu einem umfangreichen Datensatz erlangen, der mehr als zehn Milliarden Web-Adressen, aufgerufen von rund drei Millionen Usern aus Deutschland umfasst. Darin enthalten sei jede Bewegung von Millionen von Internet-Nutzern im Monat August. Mit den Daten lasse sich das Leben der User bis in den intimsten Bereich nachzeichnen. Neben privaten Nutzern fanden sich in dem Datensatz auch Personen des öffentlichen Lebens: Manager, Polizisten, Richter, Staatsanwälte und Journalisten.
Nichts bleibt geheim
Ohne es zu merken oder zu wollen, konnten die Reporter aus deren Internetaktivitäten die intimsten Geheimnisse aus dem Berufs- und Privatleben herausfiltern: Informationen zu laufenden Polizei-Ermittlungen, die Sado-Maso-Vorlieben eines Richters, interne Umsatz-Zahlen eines Medien-Unternehmens und Suchanfragen zu Krankheiten, Prostituierten und Drogen. Die Daten ließen auch Rückschlüsse darauf zu, wann sich einzelne Nutzer wo aufgehalten haben und erlaubten so, Bewegungsprofile zu erstellen.
Hamburger Manager durchleuchtet Nichts bleibt geheim
Wie nackt die Nutzer sind, veranschaulichen die Reporter am Beispiel eines Hamburger Managers. Sein Datensatz beinhaltet unter anderem eine Reihe von Links zu einem Online-Speicher-Dienst, bei dem er Unterlagen zu einem Hausbau abgelegt hat. Jeder, der diese Adressen kennt, kann darüber Kontoauszüge, Architektenzeichnungen, Lohnabrechnungen mit Hinweisen auf das Bonus-System des Arbeitgebers, eine Kopie des Personalausweises und detaillierte Auszüge aus den Unterlagen zu einem Bankkredit abrufen. Dabei sind Namen und Anschrift des Managers und seiner Frau ebenso sichtbar wie Telefonnummern und E-Mail-Adressen. Kriminelle könnten mit Hilfe dieser Unterlagen die Identität des Mannes kapern oder ihn mit den Details zu seinem Surf-Verhalten erpressen.
Um an die Informationen zu gelangen, haben die NDR Reporter eine Schein-Firma gegründet, die vorgeblich im „Big Data“-Geschäft aktiv ist. Gleich mehrere Firmen hätten sich bereit gezeigt, die Web-Daten deutscher Internet-Nutzer zu verkaufen – ein Unternehmen habe die nun ausgewerteten Daten schließlich als kostenlose Probe angeboten.