Im Rahmen einer umfassenden Studie zu Erfolgsregeln crossmedialer Kampagnen hat die Marktforschungsagentur concept m die Wirkung der „Umparken im Kopf“- Kampagne eingehend mit tiefenpsychologischer Methodik analysiert. Auf einen Nenner gebracht ist das Ergebnis der Analyse zweischneidig: Die Kampagne lockert das bestehende Negativ-Vorurteile gegenüber der Marke erfolgreich auf. Sie verfehlt es aber bislang, ein neues tragfähiges Markenbild zu installieren.
In den tiefenpsychologischen Interviews zeigt sich in der Tat, dass die bisherige Imagewahrnehmung der Marke Opel von einem Stillstand geprägt war. Opel stand für solide, aber spießige und rückwärtsgewandte deutsche Tugenden wie Biederkeit, Nüchternheit und Bodenständigkeit. Opel hatte den Anschluss an die weltgewandten deutschen Erfolgsmarken wie Audi und VW oder gar BMW verloren. Auch neue, überraschend erfolgreiche Modelle wie der Opel Adam oder Opel Mocca brachten das steife Opel-Image nicht in Bewegung, sondern etablierten sich eher unabhängig von der Marke Opel.
In dieser Situation startete die „Umparken im Kopf“-Kampagne mit einem Teaser-Auftakt in Form von Plakaten, die sich – zunächst völlig losgelöst von der Marke Opel – allgemein gegen Vorurteile wandte: „78% der Deutschen verbinden Hamburg mit Regenwetter. Dabei regnet es in Köln viel öfter.“ Oder: „18% der Deutschen mögen keine Oliven. 60% haben noch nie welche probiert.“
Der Teaser-Phase der Kampagne gelang es alles in allem recht erfolgreich, die allgemeine, positive Botschaft zu etablieren: „Befreie Dich von den üblichen Vorurteilen!“ Auch mit der überraschenden Wendung, dass Opel für sich eine vorurteilsfreie neue Chance fordert, gingen die meisten Werberezipienten mit: „Ist Opel noch so wie Sie denken? Schauen Sie doch mal nach.“
Kein selbstbewusster Auftritt
Gleichwohl kommunizierte die Kampagne aus Sicht der Verbraucher in einem selbstentschuldigenden, sich verschämt bekennenden Gestus, der die Marke Opel nicht selbstbewusst auftreten lässt: Wenn Jürgen Klopp im TV-Spot aus der Business Class kommt und den Opel-Autoschlüssel in der Economy Class entgegennimmt, oder wenn im Berliner Szenerestaurant Borchardt alle Opel-Fahrer verschämt aufzeigen, dann wird das als Eingeständnis von Opel verstanden, nicht wirklich zu den begehrenswerten Marken dazuzugehören. Es macht Opel zwar sympathisch, sich zu Bodenständigkeit und Bescheidenheit zu bekennen, aber deshalb werden die Kunden nicht zum Kauf eines neuen Opels motiviert.
Mit der Internet-Microsite kamen dann eine Reihe kritischer Momente für die Kampagne auf. Dort wird in authentisch gestalteten Filmen gezeigt, wie Promis über die Überwindung ihrer eigenen Opel-Vorurteile reden. „Wie nennt man die Unterhose eines Opel-Fahrers? Rüsselsheim.“ Diese oder andere Manta-Witz-ähnlichen Äußerungen der Schauspieler und Comedians bleiben für die Marke negativ hängen.
Negativ-Image verankert
Jüngere Opel-Fahrer geraten ins Staunen, weil für sie das Negativ-Image der Marke bislang gar nicht so stark präsent war. Hier erzeugt die Kampagne den Effekt, ein Negativ-Image zu verankern, wo es vorher gar nicht bestand.
Die Zulassungs-Statistik zeigt: Das Durchschnittsalter der Autokäufer in Deutschland ist 53 Jahre. Bei den älteren Zielgruppen erzeugt die Kampagne durchaus immer wieder neuen Respekt vor der Marke Opel. Opel ist der ehrliche Underdog, in dem mehr steckt als sein Image vermuten lässt. Opel kommt deshalb womöglich auch wieder ins Relevant Set.
Positive Aufladung fehlt
Was bislang jedoch fehlt, ist eine neue positive Aufladung für die Marke Opel. Die „Umparken im Kopf“-Kampagne bleibt in einer Negation gefangen: Das alte, biedere Image der Marke stimmt so nicht mehr, es ist ein Vorurteil. Aber welches neue Bild wird beansprucht und soll ab jetzt gelten? Umparken wohin? Für die Marke Opel ist zu hoffen, dass schnell eine Nachfolgekampagne gelingt, die darauf eine Antwort gibt und die Vorarbeit der „Umparken im Kopf“-Kampagne im Positiven aufgreift.
Über den Autor: Dirk Ziems ist Managing Partner beim Marktforschungsinstitut concept m (Berlin/Köln/London). Darüber hinaus hält er Lehraufträge, unter anderem an der Hochschule für Wirtschaft Berlin, und ist gefragter Referent auf Kongressen.