Von Nora Sonnabend, Handelsblatt
Als sie sich von ihrem Freund trennt, denkt sie nicht an die Nacktbilder, die er von ihr gemacht hat. Doch als er droht, diese aus Rache für das Ende der Beziehung auf Facebook zu posten, bereut sie zutiefst, sich in dieser Weise ablichten lassen zu haben – und weiß nicht, was sie dagegen unternehmen soll.
In Australien hat Facebook neuerdings eine Lösung für Nutzer parat, die in solch eine Situation geraten: Im Facebook-Messenger schicken sie Nacktfotos an sich selbst – und verhindern so, dass beispielsweise der Ex-Partner ohne ihre Erlaubnis sogenannten „Revenge Porn“, also „Rache-Pornos“ verbreitet. Bei der neuen Funktion handelt es sich um ein Pilotprojekt von Facebook und der australischen Regierung.
Erster Test in Australien
Dass der erste Test ausgerechnet in Australien stattfindet, ist nicht unbedingt Zufall: Seit Mitte Oktober gibt es dort die weltweit erste Plattform gegen „image-based abuse“ (kurz: IBA), also auf Bildern beruhenden Missbrauch. Der Bereich auf der Homepage esafety.gov.au der Regierungsbeauftragten soll über IBA aufklären und Betroffenen helfen, sich zu wehren. Unter anderem können sie sich dort über Missbrauch beschweren.
Jeder fünfte Australier hat bereits einmal erlebt, dass gegen seinen Willen Bilder von ihm im Internet verbreitet wurden. Das belegt eine aktuelle Studie der RMIT-Universität in Melbourne. In 53 Prozent dieser Fälle werden die Fotos über Facebook verbreitet, so eine von der Regierungsbeauftragten in Auftrag gegebene Untersuchung. Erst kürzlich war in Australien ein Football-Spieler in die Schlagzeilen geraten, weil er gegen den Willen seiner Freundin ein Bild von ihr hochgeladen hatte, auf dem ihre Brüste nur mit zwei Sportmedaillen bedeckt waren. Er wurde für drei Spiele suspendiert.
Automatische Fotoerkennung mit Hash-Wert
Die neue Funktion soll das nun verhindern: Zuerst melden sich betroffene Australier bei der Beauftragten für Internetsicherheit. Dann werden sie aufgefordert, sich Fotos, deren Verbreitung sie fürchten, selbst auf Facebook über den Kurzmitteilungsdienst Messenger zu senden. Daraufhin informiert das e-Safety-Team Facebook. Facebook-Mitarbeiter bilden das Foto dann mit einem Hash-Wert ab, um eine Art digitalen Fingerabdruck zu erstellen. Dadurch kann automatisch erkannt und verhindert werden, dass jemand anderes das Foto zu einem späteren Zeitpunkt auch hochlädt.
Das Foto sei danach nicht in einer Datenbank gespeichert, versichert die Facebook-Sprecherin. Es werde sofort nach der Verarbeitung wieder gelöscht, also sobald der Fingerabdruck erstellt sei. In der Zwischenzeit hätten die Mitarbeiter nur auf ein verpixeltes Foto Zugriff. Den Facebook-Nutzern werde dennoch empfohlen, das Foto zusätzlich auch aus ihrem Messenger zu löschen.
Gut möglich, dass die Funktion bald auch in anderen Ländern verfügbar ist: „Es handelt sich um ein erstes Pilotprogramm, dessen Anwendung wir derzeit für weitere Partner und Länder prüfen“, sagte eine Facebook-Sprecherin dem Handelsblatt. Zunächst hatte der australische Rundfunk ABC darüber berichtet. In welchen Ländern das Programm demnächst noch getestet werden könnte, teilt Facebook noch nicht mit. Aus einer Pressemitteilung der australischen Regierung geht jedoch hervor, dass das Pilotprojekt in den USA, Großbritannien und Kanada fortgesetzt werden soll.