Es war einmal schema.org. Für Suchmaschinenoptimierer waren die simplen Metadaten, die man in den Kopf von Webseiten injizierte, über Jahre das, was man low hanging fruits nennt. Die Befüllung mit Daten war einfach und die Reaktion der Google-Suchmaschine in Form besserer Platzierungen binnen Tagen sichtbar. Der Auftraggeber war zufrieden und die Kundenbindung für den SEO erstmal gesichert.
Wie sich die Zeiten wiederholen. Heute geht es um die Verbesserung der Platzierungen bei Amazon, zumindest, wenn man Händler oder Marke ist, und es geht darum, dass die Suchmaschinen ein Unternehmen auch finden, wenn der Nutzer per Spracheingabe sucht. Jedes Smartphone kann das, jeder SmartSpeaker und allmählich immer mehr Autos. „Immer wieder geistern Zahlen von 50 Prozent Suchvolumen durch Sprachsuche in der Branche herum“, erklärt Florian Hübner von Uberall. „Das ist vermutlich ein Märchen, aber eines ist klar: Sprachsuche steigt rasant“.
In ihrer Studie „Voice Readiness“ untersuchte Uberall, wie konsistent die Unternehmen ihre Stammdaten über verschiedene Plattformen hinweg pflegen. Stammdaten, das sind vor allem die Standorte und Öffnungszeiten von Filialen und einzelnen Läden, die für die Nutzer der mobilen Suche die wichtige Frage beantworten nach dem „Geschäft XY in meiner Nähe“. Das Ergebnis ist erschreckend: Nur vier Prozent aller untersuchten Unternehmen pflegen laut Studie einen konsistenten Datensatz.
Die Absatzwirtschaft traf Uberall-CEO Florian Hübner und ließ sich die Ergebnisse erklären.
Die Voice Readiness-Studie hat erbracht, dass nur vier Prozent der Unternehmen konsistente Daten haben. Legen Sie da vielleicht eine extrem hohe Messlatte an?
Florian Hübner: Nö. Überhaupt nicht. Wir haben auf relativ wenigen Plattformen geschaut und das sind die, die den meisten Einfluss auf die Sprachsuche haben. Selbst wenn man auf einen so kleinen Korridor schaut, schneiden die Unternehmen brutal schlecht ab.
Liegt das daran, dass Voice Search für die Unternehmen gar nicht so wichtig ist?
Hübner: Mit Sicherheit. Die Studie belegt, dass viele die Bedeutung zwar sehen, aber nichts tun. Vielleicht wird das Thema auch durch den ganzen Hype falsch verstanden. Man muss das besser erklären, eventuell sogar entmystifizieren. Fakt ist: Sprachsuche findet häufig statt, hat aber einen recht begrenzten Nutzungsrahmen. Meistens geht es um Ort, Telefonnummer und Öffnungszeiten.
Was ist das Besondere an der Sprachsuche?
Hübner: Sie unterscheidet sich sehr stark je nachdem, ob die Nutzer die Sprachsuche häufiger oder seltener verwenden. Die, die häufiger die Sprachsuche nutzen, formulieren deutlich detaillierter. Spannend ist auch die Datenausgabe. Wie funktioniert die? Antworten auf Fragen nach Öffnungszeiten kann das System leicht geben, Produktvergleiche funktionieren dagegen nicht.
Im normalen Suchverhalten spielen in bestimmten Branchen Spezialsuchmaschinen wie TripAdvisor oder Holidaycheck eine Rolle. Gilt das auch für die Sprachsuche?
Hübner: Grundsätzlich gilt, dass alles, was auf Google oder Bing gut gefunden wird, auch für die Sprachsuche eine Rolle spielt. Aber wiederum: Die Bewertungen auf den genannten Plattformen sind kaum nutzbar über einen Smart Speaker. Und buchen kann ich meistens auch nicht. Die Use Cases sind nicht für Sprache geeignet. Anders ist das bei Google Maps. Da kann ich das Gleiche fragen, und erhalte als Ergebnis nutzbare Daten, nämlich die Wegbeschreibung zum Ziel. Es ist spannend zu sehen, dass Menschen, die die Sprachsuche häufiger benutzen, die Bedeutung der Sprachsuche für die Zukunft viel höher einschätzen.
Warum schneiden KMU so schlecht ab?
Hübner: Große Unternehmen schneiden durchschnittlich besser ab, weil sie viele Filialen haben. Die einzelne Filiale ist genauso gut oder schlecht, wie das KMU, aber wenn sich im Konzern einer darum gekümmert hat, steht das Wissen allen zur Verfügung. Ein schlechter KMU-Standort ist nicht schlechter als ein schlechter Enterprise-Standort.
Das Ergebnis ist krass, wenn man bedenkt, dass die ganze Welt über Voice spricht und dass die Pflege der Stammdaten zumindest auf den großen Plattformen Bing, Yelp und Google nicht aufwändig ist.
Hübner: Das stimmt, es ist alles andere als ein Hexenwerk. Aber das gilt natürlich für ganz viele Marketing-Themen. Das Bespielen aller Kanäle überfordert die Marketing-Abteilung im Konzern genauso, wie den Pizza-Bäcker an der Ecke. Und zwar inhaltlich oder von den Kapazitäten her. Es gibt so viele Dinge, um die man sich kümmern muss. Sprachsuche ist noch nicht so bedeutend, dass die Optimierung dafür ganz oben auf der Prioritätenliste steht. Aber dabei wird eben übersehen, dass die Stammdaten auch relevant sind für Maschine-Maschine-Kommunikation. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um sich zu kümmern.
Wird es einen neuen Beruf VoiceSearchOptimizer geben?
Hübner: Nein. Da muss man ja gar nicht so viele Dinge anders machen als bei der Suchmaschinenoptimierung. Das ist eine Disziplin, aber kein Berufstand.
Herr Hübner, vielen Dank für das Gespräch
Anmerkung: Für Unternehmen hat das Vernachlässigen der Stammdaten in den Suchplattformen einen weiteren großen Nachteil: Werden relevante Filial-Seiten von den Nutzern via Google gefunden, steigt nicht nur die Menge der indizierten Seiten, sondern auch deren Wichtigkeit aus Sicht der Suchmaschine. Unternehmen wie Bio Company, thyssenkrupp oder die Restaurantkette Mitchels & Buttlers konnten nach der Optimierung ihren organischen Traffic teilweise mehr als verdoppeln.