Es sollte mehr Festival-Atmosphäre als Messe-Mief sein. Das scheint der Cebit gelungen zu sein, lauscht ma den Stimmen der Besucher und Veranstalter. Schon bei der „Welcome Night“ am 11. Juni gab Bitkom-Präsident Achim Berg das Tempo vor: „Wir bewegen uns in faszinierenden Zeiten. Das Machbare überholt das Denkbare in riesigen Schritten!“
Von Netzpionier Jaron Lanier, der die Geschäftsmodelle der größten Internetkonzerne anprangerte, über die Memory-Hackerin Julia Shaw, die verriet, wie sich menschliche Erinnerungen manipulieren lassen, bis zum Security-Experten Mikka Hypponen, der die neue Qualität von Cyberattacken unterstrich, gaben viele Experten auf der Messe Einblicke in ihre Arbeit.
Topthema Künstliche Intelligenz
Selbstlernende Systeme waren ein Leuchtturmthema der Cebit. So zeigte Hewlett Packard Enterprise, wie Computer in kürzester Zeit Millionen von Krankheitssymptomen aus unterschiedlichen Quellen vergleichen können, um die optimale Medikation für einen Patienten zu finden. Bei IBM konnten die Besucher einen smarten Assistenten mit Sprachsteuerung, Kameras und Sensoren kennenlernen, der den deutschen Astronauten Alexander Gerst bei seiner Mission auf der Raumstation ISS unterstützt. Auch der digitale Workspace profitiert von KI-Technologien: Assistenten wie Alexa oder Chatbots, die auf Zuruf reagieren, erleichtern die Bedienung vieler neuer Software-Tools. Zudem präsentierten viele Aussteller Lösungen mit 360-Grad-Output für komplette Prozesse. Ein wichtiges Thema ist dabei auch die Datensicherheit. Weil gefährliche Angriffe häufig von Mitarbeiterarbeitsplätzen ausgehen, stellten mehrere Aussteller automatisierte Security-Konzepte vor.
Topthema Robotics
Der humanoide Roboter „Pepper“ von SoftBank Robotics reagiert auf menschliche Gefühlsregungen und kann Fragen zu Produkten oder Dienstleistungen beantworten. An der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft stellten Forschungseinrichtungen auf der Cebit ihre neuesten Entwicklungen vor. So präsentierte das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) den Roboter „ARMAR-6“, der menschlichen Kollegen beispielsweise mit der Bohrmaschine zur Hand geht, aber auch den Gebrauch neuer Werkzeuge durch Beobachtung erlernt. Ein besonderes Highlight war die visionäre Keynote von Marc Raibert, Gründer und CEO der amerikanischen Firma Boston Dynamics. Was in diesem Boom-Bereich derzeit möglich ist, zeigte er mit einem vierbeinigen Roboterhund, der sich autonom durch unwegsames Gelände bewegen kann.
Auch die „Predictive Maintenance“ und „Smart City“ spielten in Hannover eine wichtige Rolle. So stellte Huawei ein intelligentes Nervensystem für Metropolen vor, um die wachsende Verkehrs- und Umweltbelastung zu verringern. Und ein Showcase der Software AG machte deutlich, wie sich die Abfallentsorgung und die Reparatur defekter Straßenlampen verbessern lässt – mit smarten Sensoren an den Mülltonnen und vernetzten Beleuchtungskonzepten.
Topthema Future Mobility und Blockchain
Smarte Mobilitätskonzepte standen in der Halle 25 im Fokus. Hier feierte Volkswagen mit dem Roboterauto „Sedric Active“ eine Weltpremiere. Schon in wenigen Jahren will der Konzern die Vision von der „Mobilität auf Knopfdruck“ umsetzen. Neben dem autonomen Fahren ging es auch um Themen wie Quanten-Computing und Carsharing. Heiß diskutiert wurde auch die Blockchain. Mehrere Unternehmen zeigten, dass sich die Technologie ebenso für den sicheren Datenaustausch im IoT eignet wie für den Handel mit erneuerbarer Energie oder Carsharing-Dienste. Dass sogar Verwaltungen von der Blockchain profitieren können, demonstrierte Materna mit dem Konzept einer ständig aktuellen Feinstaubkarte mit Bürgerbeteiligung.
Einziger Wermutstropfen: Seit Beginn des Jahrtausends verlor die Messe drei Viertel ihrer Besucher. 2017 kamen nur 200.000 Gäste zur Cebit. Mit dem neuen Konzept wollten die Machern nun wieder mehr Menschen ansprechen. 2018 ging die Zahl aber noch einmal drastisch auf 120.000 Gäste zurück. Trotzdem sind Veranstalter, Aussteller und Besuchern positiv überrascht.