Von Gastautor Christian Barth, Client Portfolio Director & Business Development Lead, SapientRazorfish Kontinentaleuropa
Die Referenten und Spezialisten der Konferenz treiben die neuesten Trends auf die nächste Stufe. Bestes Beispiel ist das Thema Blockchain, auf das ich mich hier konzentrieren möchte. Bisher hauptsächlich in den Bereichen Finance und Fintechs im Einsatz, erleben die Zuschauer auf der SXSW 2017 nun dessen Evolution.
Ein kleiner Exkurs: Was ist Blockchain
Kurzum: Blockchain ist ein kryptografisches Protokoll, das konstant Updates zu einem gemeinsam geteilten „Leger“ schickt, so dass Daten und Inhalte, die geteilt, kopiert und verschlüsselt werden, zu 100 Prozent verifiziert und evaluiert werden können. Ein entscheidender Vorteil in diesem dezentralisierten System ist, dass kein Unternehmen die Hoheit über die Daten hat.
Daher wurde Blockchain in der Vergangenheit als Innovation gehandelt, die dabei helfen sollte, digitale Transaktionsprozesse transparent und permanent nachvollziehbar zu halten.
Blockchain gibt Menschen eine Stimme
Die Frage, der viele Aussteller auf der Konferenz in Texas nun nachgehen, lautet: Kann Blockchain noch mehr oder bleiben die Anwendungen auf die Finanzbranche beschränkt? Nach dem, was ich bisher auf der Messe gesehen habe, bin ich davon überzeugt, dass Blockchain sich auf sämtliche Branchen erfolgreich umsetzen lässt –‚Blockchain – for every industry’. Zusätzliche Relevanz erhält Blockchain, wenn man gesellschaftlich hochrelevante Bereiche wie die Strafverfolgung betrachtet. Ein Beispiel: Menschenhandel ist heute mehr denn je von Datentransfers und digitalen Austausch von Informationen abhängig. Zusätzlich wird moderne Sklaverei dadurch erleichtert, dass weltweit rund 1,5 Milliarden Menschen keine gültigen Ausweise besitzen bzw. nicht einmal behördlich registriert sind.
Hier kann Blockchain eine wichtige Rolle übernehmen. Die Methode kann etwa dabei helfen, diesen Menschen eine Identität zu geben – und so Menschenhandel wesentlich erschweren. Durch konstante Updates von Informationen in der Blockchain, lassen sich beispielsweise letzte Aufenthaltsorte oder ähnliches bestimmen. Ähnlich verhält es sich auch für weniger heikle Themen wie Autorenrechte oder den Besitz geistigen Eigentumes. Diese in Zeiten einer ‚Copy-and-Paste’-Gesellschaft durchzusetzen, wird immer mehr zur Herausforderung. Denn wir leben heute in einer Welt, in der alles „connected“ ist und in Zukunft noch stärker vernetzt sein wird. Für mich geht es in diesem Themenfeld bei Blockchain daher künftig um Folgendes: Wie kann ich wieder in den Besitz meiner persönlichen Informationen gelangen – trotz Datenkraken wie Google oder Facebook? Blockchain kann helfen, eine dezentralisierte Identität aufzubauen. Es geht darum, selbst entscheiden zu können, wer welche Daten in welcher Form von mir bekommt bzw. welche Informationen ich wie und mit wem teile.
Blockchain kann helfen, Urheberrechte nachvollziehbar zu halten
Auch andere Problemstellungen, beispielsweise im Bereich Entertainment, können mit Blockchain einfach gelöst werden. Viele Künstler erstellen etwa Content, der auf sozialen Medien kopiert oder verändert wird. Blockchain kann dabei helfen, Urheberrechte nachvollziehbar zu halten, indem es digitale Pfade aufdeckt und eindeutige Quellen- Zuordnungen ermöglicht. Mit den beschriebenen Anwendungsbereichen ist die Diskussion, die auf der SXSW geführt wird, aber noch lange nicht zu Ende. Ist Blockchain die Lösung für Fake News? Wird man künftig eine Lock Box (Schließfach) für seine (digitale) Identitäten haben, die man einfach teilen kann? Auch wenn noch lange nicht alle Antworten gegeben werden können, bringt Blockchain gesellschaftsrelevante Bewegung nach Austin. Ich bin gespannt auf die Zukunft.
Zum Autor: Christian Barth ist seit Januar 2015 als Client Portfolio Director & Business Development Lead für den Ausbau des Bereichs Digital Brand Experience & Transformation in Kontinentaleuropa und die Führung internationaler Kunden in Deutschland und Südwesteuropa zuständig. Vor seinem Wechsel zu SapientRazorfish verantwortete Barth seit 2008 als Managing Director International den internationalen Ausbau der Serviceplan Gruppe.