Trend-Kolumne zur Einsamkeit: Weihnachtsbäume umarmen

Dieses Jahr werden wir alle Weihnachtsbäume umarmen. Und das ist okay. Denn entweder wollen wir die eigenen vier Wände besonders schön machen und diese gelernte Romantik wirklich ausleben oder wir sind einsam. Und einsam sind wir, zumindest sehr viele von uns, schon länger. Vor allem die jungen Menschen. Nur hat es keiner gemerkt.
Weihnachtsbaum
Einsamkeit: Nicht, dass wir am Ende alle wirklich noch unsere Weihnachtsbäume umarmen. Aus Mangel an Alternativen. (© Imago)

Es gibt jede Menge Erhebungen zum Thema Einsamkeit. Statista zum Beispiel veröffentlicht dazu Daten von Juli vergangenen Jahres. Demnach ist fast ein Viertel der 18- bis 39-Jährigen ständig beziehungsweise häufig einsam. „BBC-Radio 4“ kam in einer landesweiten Umfrage auf satte 40 Prozent der 16- bis 24-Jährigen, die sich einsam fühlen. Lange vor Corona, im Jahr 2018. Wow!

Konkreter und dramatischer wird es, wenn man auf das Video von Guto Rhun – einem ganz normalen 30-Jährigen – trifft, in dem er erklärt, wie seine eigene Wohnung zum Zentrum der Einsamkeit wird. Obwohl er in einer Stadt mit 335.000 Einwohnen lebt. Oder weil? Er kann ein komplettes Wochenende in seiner Unterkunft verbringen, ohne menschliche Interaktion. Und dafür muss man wohl kaum ins britische Cardiff. Diese Umstände finden wir sicher auch „next door“. In Urbach, Ulm, Pfronten oder Magdeburg.

Spielwiese für QVC, Netflix und Tiktok

Was für eine Spielwiese für HSE24 und QVC. Oder auch für Netflix und Tiktok. Aber geht es nicht auch anders? Anders als der Konsum aufgrund von Langeweile? Wo genau ist die Grenze zwischen scheinbar vorwurfsvollem Konsum und sinnvollem Angebot? Wie können Unternehmen Gutes tun und die wahrgenommene Diskrepanz zwischen den erhofften und den tatsächlich vorhandenen sozialen Beziehungen eines Menschen positiv beeinflussen?

Sind Wearables wie Moodbeam moralisch legitimiert? Immerhin verspricht der Stimmungs-Checker, dass wir „unsere Gemütslage“ neu definieren, indem er Vitaldaten misst und irgendwie auswertet. Naheliegender scheinen da sogenannte Familienservices, bei denen Schauspieler in die Rolle von Freunden, Liebhabern oder Familienmitgliedern schlüpfen. Ja, „Rent a family“ ist beispielsweise in Japan durchaus üblich. Seit den Neunzigerjahren werden hier professionelle Schauspieler bestellt, um auch einfach mal gemeinsam zu kochen. Wirklich schräg wird es, wenn gutaussehende Männer gebucht werden, um japanischen Frauen – im Büro – Tränen wegzuwischen. Diese Japaner.

Aber im Ernst: Neue Geschäftsmodelle braucht das Land und natürlich (!) weniger einsame Menschen. Warum nicht beides verbinden? Wie das Eenmal, ein Restaurant in Amsterdam und zurzeit in London, welches nur einzelne Tische anbietet. Endlich alleine essen, ohne blöde Blicke, doofe Anmache und unpassende Speisen und Getränke.

Gleichzeitig würde es zuverlässig helfen, die Kopfhörer nicht immer aufzuziehen. Denn selbst wenn die schönen neuen „Beats by Dre“-Kopfhörer von Billie Eilish mit „Noise Cancelling“ positioniert werden, sie heißen wohl nicht zum Spaß „Solo Pro“. Es braucht wohl auch den Benutzer, der dann im Single-Restaurant nicht auch noch die Ohrstöpsel aktiviert.

Lösungen für Weihnachten und darüber hinaus

So oder so, es wird Zeit, sich dieses emotionale und gesellschaftlich problematische Thema anzusehen. Als Person und als Marktanbieter – allemal als Marketer. Nicht, dass wir alle tatsächlich noch unsere Weihnachtsbäume nach der Beschaffenheit der Nadeln aussuchen und sie wirklich umarmen. Aus Mangel an Alternativen. Dabei würden nur Weihnachtskugeln zu Bruch gehen und die Anzahl der glücklichen Unternehmen und Menschen wäre ziemlich überschaubar. Es braucht Lösungen für Weihnachten und darüber hinaus.

Setzen Sie die Zukunft auf Ihre Agenda und lassen Sie uns rebellisch – mit Freiheit und Vollgas – die Welt prägen!

Wir wünschen ein schönes Fest!

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