TikTok steht weltweit massiv unter Druck. Nach Vorwürfen, dass es über die Plattform Wahlbeeinflussung in Rumänien gegeben haben soll, ermitteln rumänische Behörden und EU-Kommission. In den USA könnte TikTok sogar Ende Januar der Stecker gezogen werden. Nur von der deutschen Creator Economy hört man acht Wochen vor der nächsten großen Wahl in Deutschland zu dem Thema wenig.
Als Folge der mutmaßlich gehackten Präsidentschaftswahl des NATO-Partners Rumänien leitet die EU-Kommission nun Ermittlungen gegen Tiktok ein. In Rumänien wurde gerade die erste Runde der Präsidentschaftswahl vom Obersten Gerichtshof annulliert. Die Entscheidung zur Wahlannullierung ist ein Novum in der rumänischen Geschichte und sie ist einschneidend für eine Demokratie, in der die Gesellschaft ohnehin extrem polarisiert ist.
Gewonnen hatte der kremlfreundliche Rechtsradikale Calin Georgescu. Der weithin unbekannte Kandidat hatte keine Partei im Rücken, hat an keinem einzigen TV-Duell teilgenommen und hatte noch Wochen vor der Wahl im November weder Chancen noch Follower*innen. Zudem – so behauptete er – hätte er kein Geld in seine Kampagne gesteckt.
TikTok im Kreuzfeuer
Möglicherweise war das auch gar nicht nötig. Zwei Wochen vor der Wahl waren laut frei gegebenen Geheimdienst-Unterlagen über 25.000 Fake-Accounts auf Tiktok scharf gestellt worden, die mutmaßlich Millionen von Follower*innen bespielten. Fast die Hälfte aller Rumän*innen ist auf Tiktok. Flankiert wurde die mutmaßliche Einfluss-Operation angeblich von illegaler Finanzierung, Verschleierungsversuchen und Cyberattacken aus dem Ausland. Tiktok tut, was Plattformen in solchen Fällen immer machen: Sie versucht darzulegen, wie erfolgreich es im Kampf gegen politische Einflussnahme ist und gibt sich demokratietreu.
Auch in Amerika unter Druck
Dass die EU-Kommission nun eine eigene Untersuchung startet, wird Tiktok nicht freuen. Die Plattform hat schon in den USA viel Stress, wo ihnen am 19. Januar 2025 der Stecker gezogen werden könnte. Derzeit liegt ein Einspruch gegen ein Gesetz von Tiktoks Mutter Bytedance beim US Supreme Court, das über Tiktoks Schicksal in den USA entscheiden könnte. Scheitert dieser, bliebe Bytedance nur noch der Verkauf an ein amerikanisches Unternehmen, was das Unternehmen bisher strikt ablehnt. Vier Wochen sind nicht viel Zeit für so viele Entscheidungen.
Stille Nacht, heilige Nacht
Es passiert also gerade sehr viel an diesem eher seltsamen Ort, wo Teenager Dance Videos auf die techgetriebene Great Power Geopolitik des 21. Jahrhunderts stoßen. Ende Februar ist auch bei uns Bundestagswahl. Der Verdacht liegt nahe, dass russische Trollfarmen derzeit Überstunden schieben, um die Demokratie der größten EU-Wirtschaft mit Deepfakes, Halbwahrheiten und Hetzkampagnen zu überziehen. Die einzigen, von denen man fast gar nichts zu dem Thema hört, sind Deutschlands Influencer*innen und die Creator Economy. Wo sonst Klartext geliebt wird, ist es zu diesem zentralen Thema erstaunlich ruhig. Wenn’s ums eigene Business Modell geht, sind einige Themen wohl doch etwas heiß.