TikTok-Verbot in den USA: Das sind die Kernfragen für Marken

Ein TikTok-Verbot in den USA könnte die Marketinglandschaft auf den Kopf stellen. Was Marketer jetzt wissen müssen, um vorbereitet zu sein.
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Ein mögliches TikTok-Verbot treibt derzeit nicht nur die Marketingwelt um. (© Unsplash)

Die USA stehen vor einer historischen Entscheidung: Der Supreme Court hat sich der umstrittenen Frage angenommen, ob TikTok, eine der weltweit erfolgreichsten Social-Media-Plattformen, in den USA verboten werden soll. Die Debatte hat weitreichende Konsequenzen – nicht nur für die Nutzer*innen und das Unternehmen selbst, sondern auch für Marken, die TikTok als wichtigen Bestandteil ihrer Marketingstrategie nutzen.

Hintergründe des TikTok-Verbots

Die Hauptsorge der US-Regierung liegt in der nationalen Sicherheit. TikTok, das sich im Besitz des chinesischen Unternehmens ByteDance befindet, wird beschuldigt, Nutzerdaten an die chinesische Regierung weiterzugeben oder potenziell dafür verwendet werden zu können. ByteDance bestreitet diese Vorwürfe vehement.

Die Debatte erreichte ihren Höhepunkt, als der Supreme Court Anfang Januar 2025 eine mündliche Verhandlung abhielt. Die US-Regierung argumentierte, dass ein Verbot notwendig sei, um sensible Nutzerdaten vor ausländischem Zugriff zu schützen. TikTok verteidigte sich, indem es auf strenge Datenübereinkommen verwies, wie etwa die Speicherung von Daten auf Servern in den USA.

Laut CNN konzentrierten sich die Fragen der Richter während der Anhörung auf die Balance zwischen nationaler Sicherheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Bemerkenswert ist, dass TikTok auch im Kontext der politischen Polarisierung diskutiert wurde: Der frühere Präsident Donald Trump hatte bereits 2020 versucht, die App zu verbieten, was jedoch von Gerichten blockiert wurde. Zudem wurde in der Verhandlung die Frage aufgeworfen, ob ein Verbot technisch umgangen werden könnte, beispielsweise durch die Nutzung von VPNs. TikTok wird von Millionen von Amerikanern genutzt, und viele Expert*innen sehen ein Verbot als potenziell verfassungswidrig an. Die Anhörung schien jedoch nicht gut für TikTok verlaufen zu sein, berichtete der US-Nachrichtensender. Das macht es es wahrscheinlicher denn je, dass das Verbot ab dem 19. Januar in Kraft treten könnte.

Die Sicht der Marketing-Welt

Ein Verbot würde die Marketinglandschaft grundlegend verändern. Marken haben in den letzten Jahren enorme Summen in TikTok-Kampagnen investiert. Die Plattform hat sich als zentraler Ort für virales Marketing und die Ansprache jüngerer Zielgruppen etabliert.

Untersuchungen zeigen, dass Unternehmen auf TikTok durchschnittlich höhere Engagement-Raten erzielen als auf anderen Plattformen. Besonders attraktiv für Marketer ist die starke Algorithmus-gesteuerte Personalisierung von Inhalten, die für hohe Reichweiten sorgt. Sollte TikTok in den USA verboten werden, würden Marketer gezwungen sein, alternative Plattformen wie Instagram Reels oder YouTube Shorts zu nutzen. Diese Plattformen bieten zwar ähnliche Features, erreichen jedoch bislang nicht die gleiche Dynamik und Authentizität, die TikTok bei seiner Zielgruppe genießt.

Marken müssten nicht nur ihre Strategien, sondern auch ihre Zielgruppenansprache grundlegend überdenken. Influencer Marketing, das auf TikTok floriert, würde besonders hart getroffen. Viele Influencer haben sich eine loyale Community auf der Plattform aufgebaut – diese Community wäre nicht ohne Weiteres auf andere Plattformen zu transferieren.

Mögliche Auswirkungen auf deutsche Unternehmen

Die Entscheidung des Supreme Court hat auch erhebliche Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, die auf dem US-Markt aktiv sind. Marken, die TikTok für ihre Kampagnen nutzen, müssten ihre Strategien neu ausrichten, da ein Verbot die Reichweite und den Zugang zu Millionen US-amerikanischer Nutzer drastisch einschränken würde. Für Unternehmen, die stark auf TikTok als Kanal zur Markenbildung oder direkten Kundengewinnung setzen, könnte dies eine Neuausrichtung ihrer digitalen Marketingstrategien erforderlich machen.

Zusätzlich könnten sich Diskussionen um Datenschutz und nationale Sicherheit auch in Europa intensivieren. Auch hierzulande dürften Politiker*innen die Debatte in den USA mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. In Deutschland, wo der Datenschutz traditionell eine herausragende Rolle spielt, könnten ähnliche Fragen aufkommen: Sollten Plattformen, die ausländischem Einfluss unterliegen, stärker reguliert werden? Welche Standards gelten für den Schutz der Nutzerdaten? Das ist politisch betrachtet sehr spannend, denn TikTok ist auch hierzulande zu einem wichtigen Mittel im Wahlkampf geworden, um jüngere Wähler*innen zu erreichen.

Causa TikTok: ein Wendepunkt für Social Media

Ein Verbot in den USA könnte den Druck auf die EU und nationale Regierungen erhöhen, eigene Maßnahmen gegenüber TikTok zu prüfen. Die Diskussion könnte sich auch auf den Digital Markets Act der EU ausweiten, der darauf abzielt, die Macht von Tech-Giganten zu begrenzen. Dabei ist nicht auszuschließen, dass TikTok in Zukunft strengeren Auflagen unterworfen wird, um die Datensicherheit und den Verbraucherschutz zu gewährleisten. Unternehmen sollten daher nicht nur ihre Marketingstrategien, sondern auch ihre Compliance-Maßnahmen rechtzeitig anpassen, um auf mögliche regulatorische Veränderungen vorbereitet zu sein.

Ob TikTok in den USA verboten wird, bleibt vorerst offen. Die Entscheidung des Supreme Court könnte jedoch weitreichende Konsequenzen haben – für Nutzer*innen, Unternehmen und den globalen Marketingmarkt. Marken, die bisher auf TikTok gesetzt haben, sollten sich auf mögliche Alternativen vorbereiten und flexibel bleiben. Wie die Entscheidung letztlich ausfällt, wird auch darüber entscheiden, wie sich die Balance zwischen Datenschutz und wirtschaftlichen Interessen in der digitalen Welt zukünftig gestaltet.

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.