Herr Waibel, 22 Jahre nach dem Start der legendären Vorgängerkampagne kann Baden-Württemberg schon wieder kein Hochdeutsch: Stattdessen heißt es nun „The Länd“. War diese Verbindung gewollt?
PETER WAIBEL: Auf jeden Fall. Es ist ja nicht einfach, eine so beliebte und aufmerksamkeitsstarke Kampagne abzulösen. Daher war es schon Teil des Pitches zu entscheiden, ob es mit dem alten Claim weitergeht oder nicht. Der Grund, warum uns diese großen Fußstapfen nach 22 Jahren doch etwas „ausgelatscht“ erschienen, war, weil das Land nun international auftreten und aktiv Fachkräfte rekrutieren will. In dieser Hinsicht ist Hochdeutsch als Sprache weniger relevant – aber wir wollten auch nicht ganz aufgeben, was mit der Vorgängerkampagne geschaffen wurde. Daher haben wir die Selbstironie in der Tonalität beibehalten.
Selbstironie, die keineswegs überall mit Wohlwollen aufgenommen wird. Sind Sie vom Shitstorm im Netz überrascht worden oder war er einkalkuliert?
Wir haben es schon erwartet, waren allerdings von der emotionalen Wucht überrascht. Das Thema beschäftigt viele, das ist zunächst einmal ein Erfolg unserer Kommunikation. Wie immer, wenn etwas laut ist, melden sich diejenigen, die dagegen sind, noch lauter zu Wort: In den sozialen Medien gab es regelrechte Hasstiraden. Wir erhalten aber auch viel positives Feedback, nicht nur im Netz, sondern auch über E-Mails und Anrufe. Ich kann mich an keine Kampagne aus der Vergangenheit erinnern, die in kurzer Zeit eine solch hohe Resonanz erzeugt hätte.
Die noch harmloseren Spötteleien im Netz machen sich über Baden-Württemberger*innen lustig, die Schwierigkeiten mit der korrekten Aussprache des „th“ hätten. Woran stören sich die Kritiker*innen der Kampagne am meisten?
Der Aufhänger sind meistens die aus ihrer Sicht zu hohen Kosten. Da wird immer von 21 Millionen Euro gesprochen. Dass sich diese auf drei Jahre verteilen und sie damit gar nicht über den bisherigen jährlichen Kosten liegen, interessiert niemanden. Andere Kritiker fragen, wieso Baden-Württemberg jetzt ausgerechnet auf Englisch für sich werben muss. Wir nehmen die Kritik sportlich und hoffen natürlich, dass wir noch viele Menschen vor Ort von den Zielen der Kampagne überzeugen können.
Was war die größte Herausforderung dabei, das Bundesland ins rechte Licht zu rücken?
Die steht noch vor uns. Der Start ist geschafft, wir haben die Aufmerksamkeit, jetzt müssen wir sie auf die Themen und Inhalte der Kampagne lenken. Ich gewinne ja keine Fachkräfte dadurch, dass ich ein Schild in die Luft halte, auf dem „The Länd“ steht. Es wird darum gehen, die Vorzüge des Bundeslandes zu kommunizieren. Die beiden Punkte auf dem „a“ in „Länd“ stehen für das „Sowohl-als-auch-Land“, wie es Theodor Heuss genannt hat: Der hohe Freizeitwert und die hohe Arbeitsqualität machen dieses Land besonders und heben es hoffentlich auch ab von ein paar anderen. Ich gehe davon aus, dass sich die Gemüter beruhigen, wenn es um diese Inhalte geht.
Die Kampagne soll vor allem unter ausländischen Fachkräften für das Bundesland mit dem sperrigen Namen werben. Bisher ist sie allerdings nur in Baden-Württemberg selbst wahrzunehmen. Was sind die nächsten Schritte?
2022 wird die Kampagne zunächst national ausgerollt. Auch da gibt es Studienabsolvent*innen und Fachkräfte, die wir von den Vorzügen Baden-Württembergs überzeugen können. Anschließend gehen wir über die deutschen Grenzen hinaus. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat es ja zum Kampagnenstart gesagt: Es herrsche ein „beinharter Wettbewerb um Fachkräfte“, egal ob es um Pflegekräfte aus Osteuropa oder IT-Spezialist*innen aus Asien geht.
Der Artikel erschien zuerst in der Dezember-Printausgabe der absatzwirtschaft.