Die Digitalisierung ebnet die Grenzen zwischen PR und Marketing ein. Zum Beispiel bei der Deutschen Telekom. Philipp Schindera, Leiter Unternehmenskommunikation, sagt: „Wir haben ein gemeinsames Spielfeld: Social Media.“ Seit Juni gibt es bei dem Bonner Konzern ein Projekt zur besseren Abstimmung von Kommunikatoren und Brand-Managern. 2021 soll es richtig losgehen, kündigte Schindera Anfang dieser Woche bei einer Online-Session der Deutschen Akademie für Public Relations an.
„Zurzeit sind wir noch sehr eigenständig unterwegs. Wir sehen aber zu, dass wir enger zusammenarbeiten, um das Potenzial von Social Media zu nutzen“, sagte er. Vor der Digitalisierung waren bezahlte und unbezahlte Kommunikation getrennte Welten. Jetzt gebe es eine große Schnittmenge mit dem Marketing, meint Schindera.
Keine Trennung zwischen externer und interner Kommunikation
Der 51-Jährige verantwortet seit 14 Jahren die Unternehmenskommunikation der Telekom, seine Karriere als PR-Fachmann hat der frühere Radiojournalist einst bei T-Mobile begonnen. Rund 130 Mitarbeiter sind für Pressearbeit, Social-Media-Präsenz, Mitarbeiterkommunikation und Events zuständig. Allerdings: Die klassische Trennung zwischen externer und interner Kommunikation gibt es bei der Telekom nicht mehr. Stattdessen „Themen-Owner“, die Botschaften individuell verpackt in die jeweiligen Kanäle speisen, unterstützt von Kollegen mit speziellem Expertenwissen.
Das Unternehmen habe viel in Schulungen investiert, berichtet Schindera. Der These, Digitalisierung sei eine Frage des Geldes, widerspricht er gleichwohl. Zum Beispiel seien Produktion und Verbreitung von Videos oder Podcasts längst nicht mehr so aufwendig wie früher. Vielmehr: „Digitalisierung ist eine Frage der Einstellung“ – Kommunikation als Dialog gestalten; beständig nach neuen Kanälen Ausschau halten, die es sich zu bespielen lohnt.
„Es ist nur folgerichtig, dass die ‚Tagesschau‘ auf Tiktok ist“, findet Schindera. Über lineares Fernsehen erreiche die Mutter der deutschen Nachrichtensendungen junge Teenager nicht mehr. Für die Telekom ist daneben beispielsweise das Videoportal Twitch interessant, weil sie dort die wichtige Zielgruppe der Gamer unterwegs ist.
Bots im Kundenservice und im Community-Management
Nach Schinderas Ansicht lässt sich nicht sagen, dass die Digitalisierung erst am Anfang steht, „es hat sich schon Gewaltiges getan“. Mit Künstlicher Intelligenz und Bots gehe die Entwicklung aber weiter. Zur Beantwortung von Standardfragen setze die Telekom Sprachbots bereits im Kundenservice ein, die Mitarbeiter hätten so mehr Zeit für komplexe Gespräche. Auch im Community-Management könne ihr Einsatz sinnvoll sein – als Unterstützung. „Dass sie Menschen ersetzen, sehe ich im Moment nicht.“
Schindera gegen Corporate Influencer
Durch Social Media können sich auch Mitarbeiter, die keine Kommunikationsprofis sind, öffentlichkeitswirksam zu unternehmensrelevanten Themen äußern. Einige Unternehmen fördern so genannte Corporate Influencer, auch mit sanftem Druck. Schindera findet das falsch. „Entweder sie tun es aus Überzeugung, oder sie tun es nicht.“ Nur so werde eine Mitarbeiter-Fangemeinde als glaubwürdig und authentisch wahrgenommen.
Alles virtuell: „Ist das ein erstrebenswerter Zustand? Nein.“
Corona hat auch die Arbeit der Kommunikationsabteilung verändert: Die Hälfte der Büroplätze ist gesperrt, Masken und Desinfektionsmittel liegen aus, viele Kollegen sind im Homeoffice. Letzteres ist für Team Telekom keine ganz neue Erfahrung, die Betriebsvereinbarung zur Heimarbeit wurde laut Schindera schon zuvor großzügig ausgelegt. „Deshalb war die virtuelle Zusammenarbeit für uns nicht so ungewöhnlich.“
Dass es allerdings klappt, die Übernahme eines US-Konkurrenten digital abzuwickeln, hätte vor der Pandemie wohl kaum jemand für möglich gehalten. Schinderas Fazit: „Es gibt nichts, was nicht auch virtuell funktioniert. Ist das ein erstrebenswerter Zustand? Nein.“
Auch ihre Weihnachtsfeier, traditionell ein großes Spektakel am Bonner Hauptsitz, verlagert die Telekom dieses Jahr in den digitalen Raum, samt Weihnachtsständen und Chorgesang. Das hat immerhin den Vorteil, dass theoretisch jeder der über 200.000 Mitarbeiter dabei sein kann. Schindera: „Alle sind ausdrücklich eingeladen.“