Uber – eine Idee mit vielen Tücken
Der Taxikonkurrent Uber sorgt immer wieder für Debatten, vor allem weil sich das Unternehmen nicht immer an Gesetze gehalten hat. In mehreren Ländern ist ein Konkurrenzkampf zwischen Uber- und Taxianbietern ausgebrochen. Taxifahrer mussten seit Einführung von Uber im Jahr 2009 hohe Einbußen hinnehmen, denn allzu viele Fahrgäste bevorzugten die innerstädtische Mitfahrgelegenheit mit einer Privatperson. Die einzigen Voraussetzungen, die Uber von den Fahrern verlangte: ein Führungszeugnis und eine Auskunft über den Punktestand beim Kraftfahrt-Bundesamt. Was Uber-Fahrer im Gegensatz zu Taxifahrern nicht benötigten: geeichte Wegstreckenzähler, einen Nachweis über den technischen Zustand des Fahrzeugs, eine Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Fahrpersonals und somit eine Anerkennung des in Deutschland geltenden Personenbeförderungsgesetzes – es lag also ein Wettbewerbsverstoß vor. Seit April 2015 sind in Deutschland gewerbliche Fahrten von Privatpersonen verboten. Uber erlitt dann auch vor dem Europäischen Gerichtshof eine schwere Niederlage. Dieser stufte das Unternehmen als Verkehrsdienstleister ein statt als reinen Vermittler und machte damit das ursprüngliche Geschäftsmodell zunichte.
Uber entwickelt die Sharing-Plattform aber stetig weiter und bietet heute auch kommerzielle Taxidienste an. Ob es sich bei Uber also um ein klassisches Sharing-Economy-Modell handelt, ist zweifelhaft. Ein Ridesharing, also die gemeinsame Nutzung eines Fahrzeuges für den Personentransport von einem Ort zum anderen wie bei Mitfahrgelegenheiten, ist es nicht. Ziel von Ridesharing ist es, eine höhere Auslastung von Fahrzeugen zu erreichen und dadurch Emissionen zu verringern. Ziel von Uber ist es, so viele erfolgreiche Transaktionen wie möglich zwischen Fahrer und Gast sowie Fahrer und Uber zu vermitteln.
Auch Carsharing zählt zur Sharing Economy, obwohl es professionell von Unternehmen wie Daimler und BMW mit dem Dienst Drivenow betrieben wird. Carsharing ist die organisierte gemeinschaftliche Nutzung von Autos. Die Fahrzeuge gehören entweder den Mitgliedern einer Community oder befinden sich in Besitz einer Organisation, die gegen Gebühren auch die Logistik übernimmt. Zu Beginn des Jahres 2017 gab es bundesweit 9 400 Fahrzeuge des stationsbasierten Carsharings sowie 7 800 Free-Floating-Fahrzeuge. Die Zahl der angemeldeten Nutzer bei stationsbasiertem Carsharing wuchs von Anfang 2016 bis Anfang 2017 um 5,8 Prozent. Im Free-Floating-Carsharing kamen sogar 430 000 Fahrberechtigte hinzu, was einem Zuwachs von 51,8 Prozent entspricht. Ob damit dem ursprünglichen Ziel des Carsharings gedient wird, durch bessere Auslastung für weniger Autos und weniger Autoverkehr zu sorgen, wird von Experten bezweifelt.
Zwei Definitionen für ein Phänomen
Loske differenziert: „Meine persönliche Scheidelinie zwischen Teilen und Besitzen lautet: Praktische Alltagsdinge, wo immer möglich, gemeinschaftlich nutzen, weil das gut für die Umwelt und gut für den Geldbeutel ist. Dinge, die einem wirklich, wirklich wichtig sind, nach Möglichkeit besitzen, sie pflegen, gut in Schuss halten und weitergeben, verschenken, vererben oder verkaufen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.“
Sharing ist nützlich, kann aber Gefahr laufen, von der herrschenden Ökonomie aufgesogen zu werden, warnt Loske. „Ich plädiere für ein Gestaltungs- und Regulierungsregime für die Sharing Economy, in dem soziale und ökologische Standards sowie Wettbewerbsfairness angemessen zur Geltung gebracht werden.“ Trotz ihrer Popularität bei den Verbrauchern sind manche Modelle gesetzlich schlecht geregelt. Kritiker argumentieren, dass es der Sharing Economy nur noch um ökonomisches Eigeninteresse und Ausbeutung statt ums Teilen geht.
Tatsächliche soziale Organisationen
Zwei Beispiele für soziale Sharing-Modelle, von denen alle Nutzer etwas haben, sind zum Beispiel der Kleiderkreisel und Foodsharing. Was wichtig ist für den Experten Loske: eine genaue Differenzierung. „Es gilt, den primär gemeinwohlorientiert arbeitenden vom primär gewinnorientiert arbeitenden Teil der Sharing Economy definitorisch zu scheiden, um nicht alles in einen Korb zu werfen und sicherzustellen, dass Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt wird.“ Foodsharing, Stadtgärten, Mitfahrzentralen, Reparaturcafés, Kleidertauschpartys, Nachbarschaftsautos, Recyclingbörsen oder Übergangsnutzungen leer stehender Immobilien sind seiner Meinung nach etwas völlig anderes als kommerzielle Buchungsplattformen für Übernachtungs- und Transportmöglichkeiten, frei flottierende Carsharing-Angebote, Geräte- und Werkzeugverleih, Maschinenringe, Coworking-Spaces oder Kleider-Flatrates.
Dieser Teil der Sharing Economy ist von einem echten Wertewandel geprägt: Akteure wie Uber, Airbnb, Drivenow und Co. brauchen die Idee einer funktionierenden Crowd nicht mehr, weil es sich um reine Geschäftsmodelle handelt. Sie stellen die Sharing- und Crowd-Rhetorik als Marketing- und Kommunikationsstrategie in den Vordergrund, ist sich Loske sicher. „In Bereichen, wo es auch um normative Ansprüche geht, also soziale Kooperation, Umweltschutz, Fairness, sinnvolle Geldverwendung, wird ein ‘Crowdfeeling‘ aber gebraucht: Man ist Teil einer größeren Geschichte, wenn man sich an Urban Gardening, Foodsharing, Kleider-
tauschpartys oder der Crowd-Finanzierung von sozial-ökologischen Projekten beteiligt.“