Studien der Woche: Kontaktloses Bezahlen auf dem Vormarsch

Marktforschung und Wirtschaft veröffentlichen täglich neue Studien, die für Unternehmen und Marketer wichtig sein können. Die absatzwirtschaft liefert eine Zusammenschau der wichtigsten Ergebnisse der vergangenen Woche.
Immer mehr Kunden nutzen kontaktloses Bezahlen. Das funktioniert auch mit dem Smartphone.

Top 1: Deutsche zahlten 2018 erstmals mehr mit Karte als mit Bargeld

Die Bundesbürger sind Bargeld-Liebhaber. In kaum einem anderen Land wird beim Bezahlen noch so oft zum Portemonnaie gegriffen wie in Deutschland. Doch eine neue Technik untergräbt derzeit die Begeisterung für Bares.Kleinere Beträge werden beim Einkauf in Deutschland zwar meist noch mit Bargeld bezahlt, doch bei größeren Besorgungen dominiert inzwischen die Zahlung per Karte. Die Folge: Im vergangenen Jahr wurde im stationären Einzelhandel erstmals mehr Geld per Giro- und Kreditkarte ausgegeben als in bar, wie eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI ergab.

Die Liebe der Deutschen zum Bargeld hat wohl allmählich ihren Höhepunkt überschritten. Denn auch wenn die 208 Milliarden Euro, die 2018 bar über den Ladentisch gingen, eine beeindruckende Summe sind: Noch etwas mehr Geld – nämlich 209 Milliarden Euro – wurde 2018 per Karte ausgegeben. Es ist laut EHI ein Wendepunkt. Zum ersten Mal hätten in Deutschland die Kartenzahlungen die Barzahlungen übertroffen.

Quelle: EHI-Studie Kartengestütze Zahlungssysteme im Einzelhandel 2019

Einen wichtigen Grund für diese Entwicklung sieht der Leiter des Forschungsbereichs Zahlungssysteme beim EHI, Horst Rüter, im Siegeszug des kontaktlosen Bezahlens, bei dem die Karte nur noch kurz an den Bezahlterminal gehalten wird. „Das ist viel besser angenommen worden, als es selbst die Optimisten erwartet haben“, berichtete der Branchenkenner. Vor allem im Lebensmittelhandel und in Drogeriemärkten komme diese Art des Zahlens gut an. Denn der ganze Zahlungsvorgang dauere oft nur halb so lange wie bei der „normalen“ Kartenzahlung, bei der die Karte ins Lesegerät hineingeschoben werden muss.

„Durch das kontaktlose Bezahlen werden mittlerweile auch viele kleinere Beträge mit der Karte bezahlt“, betonte Rüter. Außerdem könne die Technologie dahinter auch für Zahlungen mit dem Smartphone etwa durch Apple Pay, Google Pay oder Paypal genutzt werden. Bislang sei das Bezahlen mit dem Smartphone zwar noch ein „relativ zartes Pflänzchen“, meint der Experte. „Aber das kommt.“

Der Aufholbedarf ist allerdings auch beträchtlich. Einer Studie der Boston Consulting Group zufolge lag Deutschland 2017 im Europavergleich bei den Kartenzahlungen pro Kopf auf dem 29. Platz von 33 untersuchten Ländern. Nur in Italien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien wurden Giro- und Kreditkarten noch seltener eingesetzt als in der Bundesrepublik. Vorreiter beim bargeldlosen Bezahlen sind demnach die skandinavischen Länder – allen voran Norwegen. Doch auch Frankreich, Großbritannien, Russland und Polen liegen beim Thema Kartenzahlung weit vor Deutschland.

Top 2: Verbraucher kaufen im Internet am liebsten auf Rechnung

Die Verbraucher in Deutschland kaufen im Internet nach wie vor am liebsten auf Rechnung, das heißt sie überweisen den Kaufpreis erst nach Erhalt der Ware. Das geht aus der vom Kölner Handelsforschungsinstitut EHI veröffentlichten Studie „Online Payment 2019“ hervor.

Danach wurden im vergangenen Jahr mehr als ein Viertel der Umsätze im Online-Handel – exakt 27,9 Prozent – per Rechnungskauf abgewickelt. Die Zahlmethode bleibe damit unangefochten Spitzenreiter im Beliebtheitsranking der Bezahlarten, berichteten die Handelsexperten. Auf Rang zwei rangierte demnach der Online-Bezahldienst Paypal mit einem Marktanteil von 20,5 Prozent, auf Rang drei dicht dahinter das Lastschriftverfahren mit 19,7 Prozent. Rund jeder zehnte Kauf (10,7 Prozent) wurde per Kreditkarte bezahlt. Seinen Marktanteil steigern konnte unter den Top vier im vergangenen Jahr aber nur Paypal, die anderen Bezahlarten mussten mehr oder weniger große Einbußen hinnehmen.

Quelle: EHI-Studie Online-Payment 2019

Beim Bezahlen per Kreditkarte werfen laut EHI inzwischen die ab dem 14. September geltenden schärferen Sicherheitsbestimmungen ihren Schatten voraus. Gut zwei Drittel der befragten Onlinehändler nutzen laut EHI grundsätzlich bereits den neuen Sicherheitsstandard. Doch mache die damit verbundene zusätzliche Sicherheitsüberprüfung den Check-out per Kreditkarte im Internet deutlich komplexer. Rund 40 Prozent der Händler, die den neuen Standard bereits einsetzten, klagten deshalb über mehr Kaufabbrüche.

Top 3: Werbung auf Webshops stärkt Kaufbereitschaft

Mehr als jeder zweite Online-Shopper startet seine Produktsuche im Netz nicht auf Google, sondern direkt auf einer der großen E-Commerce-Plattformen. Das machen sich immer mehr Marken zunutze, indem sie Werbemittel auf den Webshops (Retail Media) schalten.

Doch wird Werbung auf Amazon, Zalando oder About You überhaupt wahrgenommen? Dieser Frage ist der Plattform-Service-Provider heyconnect gemeinsam mit dem Fachbereich „E-Commerce“ der Fachhochschule Wedel nachgegangen und zu folgenden Ergebnissen gelangt:


  • Mit Retail Media wird die Kaufwahrscheinlichkeit um 125 Prozent erhöht
  • Die Werbemittel werden durchschnittlich 1,5 Sekunden lang betrachtet. Dabei zeigt die Bekanntheit der Marke keinen Einfluss auf die Wahrnehmung der Werbung
  • Teaser-Flächen mit Werbeinhalt werden im Schnitt 1,1 Sekunden lang fixiert – und damit 60 Prozent länger als Content-Flächen ohne Werbung
  • Der Einfluss von Werbung auf die gestützte Markenbekanntheit ist enorm: Eine bis dato unbekannte Marke erzielte nach Durchführung der Studie einen Wert von 17,5 Prozent
  • Beim Abverkauf kann Retail Media den Markenvorschuss ausgleichen: Die Kaufwahrscheinlichkeit der unbekannten Marke ist nahezu genauso hoch wie die der bekannten Marke (jeweils knapp 20 Prozent

Das Fazit der Studienmacher:

„Marken, die nicht im Relevant-Set der Kunden sind, gehen auf den großen E-Commerce-Plattformen unter“, sagt Julian Schmolz, Head of Retail Media bei heyconnect. „Die Studienergebnisse zeigen, dass Retail Media eine große Chance für Marken ist, sich aktiv in den Fokus einer kaufbereiten Zielgruppe zu rücken.“

„Plattformen wie Amazon, OTTO und Zalando verfügen über enorme Reichweiten und großes Kundenwissen“, sagt Prof. Dr. Jan-Paul Lüdtke, Studiengangsleitung Fachbereich „E-Commerce“ bei der FH Wedel. „Die Studie zeigt, dass Werbung auf E-Commerce-Plattformen ein enormes Potenzial hat. In den USA sehen wir bereits den Trend, dass Retail Media etablierten Werbegrößen wie Google und Facebook ernsthaft Konkurrenz macht.“

Methodik: Im Januar 2019 wurden 130 Kaufvorgänge von 65 Personen im Alter zwischen 18 und 49 Jahren (60 Prozent weiblich, 40 Prozent männlich) auf den E-Commerce-Plattformen Otto und Zalando untersucht. Die Probanden erhielten drei bis vier Produkte eines weißen T-Shirts zur Auswahl, die sich nur durch die Marke unterschieden. Über ein Eye-Tracking-Verfahren wurde dabei die visuelle Wahrnehmung von unterschiedlichen Werbemitteln (Homepage Ad, CategoryAd und ProductAd) untersucht.