Studien der Woche: Was sind journalistische Inhalte wert?

Marktforschung und Wirtschaft veröffentlichen täglich neue Studien, die für Unternehmen und Marketer wichtig sein können. Die absatzwirtschaft liefert eine Zusammenschau der wichtigsten Ergebnisse der vergangenen Woche.
Immer weniger Menschen schließen ein Print-Abo ab. Doch auch für Medien im Netz wollen viele nicht zahlen. (© Juliana Malta / Unsplash)

Von Thomas Thieme und Henning Eberhardt

Top 1: Jeder Zweite nicht bereit für Medien zu zahlen

Schlechte Nachrichten für die Verfechter von Online-Paywalls im Netz: Jeder zweite Deutsche ist nicht bereit, für journalistische Angebote zu bezahlen. Das zeigt der online-repräsentative Media Innovation Report von Next Media.Hamburg und Statista. Demnach gaben 49 Prozent der Umfrageteilnehmer/innen an, dass ihnen in Bezug auf journalistische Inhalte jegliche Zahlungsbereitschaft fehle. Gleichzeitig zeigten sich insgesamt nur zehn Prozent der Befragten dazu bereit, mehr als 15 Euro für Journalismus auszugeben.


Interessant ist bei dieser Fragestellung zudem der Blick auf die Altersgruppen: Die 50- bis 65-Jährigen, die mit dem klassischen Medien-Model aufgewachsen sind, sind weniger zahlungsbereit, als die jüngere Generation, die kostenlosen Content gewöhnt sein dürfte. Während bei den 19- bis 29-Jährigen nur 38 Prozent eine Zahlungsbereitschaft von null Euro angaben, waren es ganze 58 Prozent der 50- bis 65-Jährigen.

Die Studie zeigt auch, dass öffentlich-rechtliche Inhalte im Vergleich zum Content anderer Anbieter immer noch als am vertrauenswürdigsten wahrgenommen werden. 69 Prozent der Bundesbürger/innen schätzen diese Angebote als eher glaubwürdig ein, 24 Prozent sogar als sehr glaubwürdig. Ähnlich verlässlich werden Redaktionen in Print (62 Prozent) und Online (59 Prozent) bewertet. Privatsender, Blogs und Influencer schneiden dagegen nicht so gut ab: 82 Prozent der Befragten sehen Influencer als eher unglaubwürdig an, 69 Prozent halten Blogs für eher unglaubwürdig. Interessant ist bei dieser Fragestellung auch der generationsübergreifende Konsens bei den Antworten.
Was ist den Deutschen bei der Arbeit von Journalisten am wichtigsten? Die Antwort auf diese Frage fällt deutlich aus: 60 Prozent sehen Ehrlichkeit als wichtigstes Kriterium an. Erfahrung, Quellen und Authentizität folgen mit deutlichem Abstand. Die Arbeitsmethoden sowie die Werdegang eines Journalisten spielen mit nur zwei und einem Prozent eine noch viel geringere Rolle. 

Methodik: Diese online-repräsentative Studie wurde im Vorfeld des Scoopcamp, einer Innovationskonferenz für Medien, von Statista im Auftrag von Next Media.Hamburg zwischen dem 25. und 30. Juni 2019 durchgeführt. Insgesamt haben 1000 Personen teilgenommen, die zu 50,4 Prozent männlich und zu 49,6 Prozent weiblich sind.

Top 2: Verbraucher ziehen Sprach- und Chat-Assistenten echten Menschen vor

Eine Studie des Capgemini Research Institute hat ergeben, dass immer mehr Verbraucher Bots einem menschlichen Berater und Verkäufer vorziehen. Das gelte besonders für die Suche nach neuen Produkten und Services oder für Fragen nach dem Kauf. Fast 70 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich in drei Jahren lieber an ihren Sprachassistenten wenden, als einen Laden oder ihre Bankfiliale aufzusuchen.

Laut der Studie schätzen zudem Unternehmen Gesprächsassistenten inzwischen als entscheidend für die Kundenbindung und das gesamte Kundenerlebnis ein. Mehr als drei Viertel der Unternehmen (76 Prozent) gaben an, dass sie einen nachweisbaren Mehrwert aus Sprach- oder Chat-Assistenten ziehen konnten. Knapp sechs von zehn Unternehmen bestätigen (58 Prozent), dass ihre Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen wurden. Durch digitale Assistenten konnten beispielsweise die Kosten für den Kundendienst um mehr als 20 Prozent gesenkt werden, gleichzeitig stieg die Nutzung digitaler Assistenten durch die Verbraucher um 20 Prozent.

Methodik: Für die Studie wurden mehr als 12.000 Verbraucher befragt, davon 1266 in Deutschland, die entweder einen Sprachassistenten oder einen Chat-Assistenten oder beides für Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen aus den folgenden Bereichen verwendet haben und weiterhin nutzen: Konsumgüter und Einzelhandel, Privatkundenbankgeschäft und Versicherung sowie Automobil. Darüber hinaus wurden 1000 Führungskräfte aus diesen Branchen nach ihrer Meinung zu Akzeptanz, Umsetzung und Zufriedenheit von Voice-Schnittstellen befragt, einschließlich reiner Online-Marktteilnehmer.

Top 3: Fast drei Viertel der Deutschen kaufen Weihnachtsgeschenke online

Ein Großteil der Deutschen (69 Prozent) wird dieses Jahr seine Weihnachtseinkäufe online erledigen. Dies ergab eine internationale Bazaarvoice-Umfrage unter 2500 Konsumenten aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA. Dennoch weiß ein Viertel (26 Prozent) immer noch die Vorzüge des stationären Handels zu schätzen, denn hier findet der Konsument Weihnachtsstimmung und persönlichen Kundenservice – und er muss nicht auf die gekauften Artikel warten.

Knapp ein Drittel der Deutschen kümmert sich zwischen Anfang und Mitte Dezember um Weihnachtsgeschenke. Für rund ein Viertel der Deutschen sind Rabatttage wie Black Friday oder Cyber Monday im November der Startschuss für den Geschenkekauf. 27 Prozent beginnen schon Anfang September. Zwölf Prozent nutzen den Sommerschlussverkauf. Im angelsächsisch geprägten Ausland ist man noch früher dran: 29 Prozent der Briten und 19 Prozent der US-Amerikaner greifen schon beim „Prime Day“ im Juli zu. Für Händler bedeutet das, dass sie nicht erst in der Vorweihnachtszeit sondern bereits gegen Mitte des Jahres von entsprechenden Verkaufsaktionen profitieren können.

Auch wenn die Mehrheit der Deutschen Weihnachtsgeschenke mittlerweile im Internet bestellt, haben Konsumenten auch hier einiges zu bemängeln: Die Hälfte (51 Prozent) klagt über lange Lieferzeiten. 41 Prozent haben Probleme damit, angesichts der Vielzahl an Marken- und Produktoptionen die richtige Kaufentscheidung zu treffen. Beide Probleme entfallen im stationären Handel, denn hier spielen Lieferzeiten keine Rolle und durch individuelle Beratung fällt es leichter, sich zu entscheiden. Allerdings hat auch das gute alte Ladengeschäft seine Schattenseiten: Etwa der Hälfte der Deutschen vergeht beim Gedanken an lange Warteschlangen (61 Prozent) und überfüllte Läden (47 Prozent) die Lust aufs Shoppen. Weitere Probleme sind aufdringliches Verkaufspersonal (45 Prozent) und die begrenzte Produktauswahl (33 Prozent).

Methodik: Im Auftrag von Bazaarvoice befragte das texanische Meinungsforschungsunternehmen Dynata Anfang dieses Jahres 2500 Konsumenten danach, wann und wie sie ihre Weihnachtseinkäufe erledigen. 1000 der Befragten waren US-Bürger, jeweils 500 Briten, Franzosen und Deutsche.

Die vollständige Studie zum Download finden Sie hier

Top 4: Sieben Stunden Mediennutzung täglich

Im Durchschnitt verbringen die Deutschen täglich sieben Stunden mit medialen Video-, Audio- und Textinhalten. Nur rund eine Stunde entfällt auf das Lesen von Texten, wobei sich auch die Textnutzung zunehmend ins Netz verlagert. Die meiste Zeit entfällt auf das Ansehen von Videos (3:22 Stunden) und die Audionutzung (3:06 Stunden). Zu diesen zentralen Ergebnissen kommt die Studie „ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2019“.

In der Gesamtbevölkerung dominieren nach Nutzungsdauer die lineare Fernsehnutzung mit 76 Prozent sowie die lineare Radionutzung mit 79 Prozent. Bei den 14- bis 29-Jährigen ist eine deutlich andere Nutzung zu beobachten. Ihre für Medien aufgewendete Zeit ist mit 5:57 Stunden geringer als die der Gesamtbevölkerung. Von der Zeit zur Videonutzung werden 33 Prozent mit Fernsehen, live zum Ausstrahlungszeitpunkt, verbracht – 67 Prozent entfallen auf die zeitversetzte Nutzung von Fernseh- und Videoinhalten. Bei Audio verhält es sich ähnlich, allerdings abgeschwächt. Hier liegt das Verhältnis bei 42 Prozent linearer Radionutzung gegenüber 58 Prozent zeitsouveräner Nutzung in Form von Musik-Streaming (41 Prozent), Musik über CDs (14 Prozent) und Podcasts (3 Prozent). Dies dokumentiert den Trend zur zeitsouveränen Nutzung, wobei der Erfolg nach wie vor vom Inhalt abhängt.

Analog zur Nutzungsdauer zeigt sich auch nach Reichweiten bei Unter-30-Jährigen der Trend zur zeitsouveränen Nutzung von Video und Audio: Streamingdienste, Videoplattformen und Mediatheken haben dabei die klassischen Verbreitungswege eingeholt. Konkurrenz erwächst den Fernsehsendern dabei zunehmend durch Streamingdienste von Netflix und Amazon, die ähnliche Nutzungsmuster wie das Fernsehen aufweisen. Bei den Radiosendern sind es vor allem Streamingdienste wie Spotify, die im Musikbereich konkurrieren.

Methodik: Die Studie ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2019 wurde im Rahmen der „Studienreihe Medien und ihr Publikum“ (MiP) realisiert. Die Daten basieren auf einer repräsentativen Dual-Frame-Stichprobe von insgesamt 2000 deutschsprechenden Personen ab 14 Jahren in Deutschland. Die Studie wurde vom Institut Kantar durchgeführt und dauerte von Ende Januar bis Mitte April 2019.

Top 5: Deutschland hat bei der Anwendung von Markensicherheit Nachholbedarf

Das individuelle Markenrisiko, dass digitale Werbeanzeigen in einem für eine Marke nicht konformen Umfeld ausgespielt wird, ist in Deutschland am höchsten. Insbesondere in den Bereichen Desktop Display (13,8 Prozent) und Mobile Web Display (18,4 Prozent) liegt Deutschland deutlich über dem globalen Durchschnitt (4,7 bzw. 5,9 Prozent) und bildet im internationalen Ländervergleich das abgeschlagene Brand Risk-Schlusslicht.

Dies ist das Ergebnis des aktuellen „Media Quality Report H1 2019“ von Integral Ad Science (IAS), für den mehr als 500 Milliarden weltweit ausgelieferte Impressions analysiert wurden. Zum ersten Mal weist dieser MQR bereits in der Länderausgabe eine Übersicht über die globale Mediaqualität in den Bereichen Brand Risk, Viewability und Ad Fraud aus und liefert Werbetreibenden, Agenturen sowie Publishern die wichtigsten Insights und Benchmarks aus den Digitalmärkten auf einen Blick.

Deutlich verbessert haben sich die deutschen Viewability-Werte – und das über alle Formate hinweg. Bei Desktop Display Ads erhöht sich die Sichtbarkeit im deutschen Markt auf 69,4 Prozent und liegt damit erstmals über dem internationalen Schnitt (69,2 Prozent). Global haben Desktop Video Ads (71,9 Prozent) in Sachen Viewability die Nase vorn. Gleichzeitig steigt der Ad Fraud-Anteil in deutschen Werbekampagnen um 0,5 Prozentpunkte auf 1,2 Prozent, während die internationale Betrugsrate um drei Prozentpunkte auf 11,7 Prozent zurückgeht.

Den kompletten „Media Quality Report“ finden Sie hier.

Top 6: Virtual Reality auf dem Weg aus der Nische

Die noch junge Technologie der Virtual Reality hat nach Prognosen des Beratungshauses PwC das Potenzial, schon bald dem Nischenmarkt zu entwachsen. Wie PwC ermittelte, stiegen die in Deutschland mit VR erzielten Erlöse 2018 auf 116 Millionen Euro. Das sei ein Plus von 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, teilte PwC am Freitag mit. Bis 2023 erwartet das Unternehmen ein jährliches Wachstum von im Schnitt 19 Prozent.

Der größte Anteil entfiel demnach mit 62 Millionen Euro auf die Games-Branche (plus 31 Prozent), gefolgt von Erlösen aus dem Verkauf entsprechender Videos mit 43 Millionen Euro (plus 48 Prozent). „Zwar wäre es zu früh, aus diesen Verkaufszahlen bereits einen Durchbruch abzuleiten“, sagte Werner Ballhaus von PwC in Deutschland. „Aber die Zahlen deuten das große Potenzial von Virtual Reality bereits an.“ Oft seien die Erfolgschancen neuer Technologien zu Beginn tendenziell überschätzt, auf mittlere Sicht dann aber häufig eher unterschätzt worden. „Genau so könnte es auch mit Virtual Reality sein“, sagt Ballhaus. Vor einigen Jahren gab es einen regelrechten Hype um neue Anwendungen, dem sei dann schnell die Ernüchterung gefolgt.

Dass Anwendungen, mit denen Nutzer in virtuelle Welten eintauchen, nun doch bald ihr Potenzial im Markt beweisen, dafür sieht PwC mehrere Faktoren. So seien die Kosten für die Hardware, etwa durch zwei neue VR-Headsets von Facebook, deutlich gesunken – mit Tendenz nach unten. Im vergangenen Jahr habe sich zudem die Anzahl der VR-Spiele für die Playstation um mehr als hundert Stück fast verdoppelt. Eine weitere Triebfeder dürfte die wachsende Nutzerfreundlichkeit durch mobile Brillen bieten, die ohne Kabelverbindung zu Konsole oder PC funktionieren, schätzen die Berater. Als entscheidenden technologischen Treiber sieht Ballhaus allerdings den neuen Mobilfunkstandard 5G. Damit könnten VR-Geräte auch außerhalb des Heimnetzes genutzt werden, denn 5G biete die nötigen niedrigen Latenzzeiten und sei für die hohen Datenmengen ausgelegt.

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