Woran denken Sie, wenn Sie „Magenta“ hören? Viele würden diese Frage wohl mit „an die Deutsche Telekom“ beantworten. Die auffällige, kräftige Farbe zwischen Rot und Blau ist mehr als nur ein Farbton. Für Europas größtes Telekommunikationsunternehmen hat Magenta eine besondere Bedeutung erlangt – sie ist zum Markenzeichen und Identitätsmerkmal geworden. Ähnlich ist es mit dem Sparkassen-Rot oder dem Lila von Milka. Doch was passiert, wenn sich zwei Marken um ähnliche Farben streiten? Hier sind fünf Fälle, in denen Unternehmen für ihre Farbmarke vor Gericht gezogen sind:
1. Milka gegen Tony’s Chocolonely
Wann: 2024
Fall: Als das niederländische Unternehmen Tony’s Chocolonely Anfang des Jahres eine ähnliche Farbe wie Milka für seine Verpackung verwendete, reichte der Konzern hinter Milka, Mondelez, Klage ein. Tony’s Chocolonely solle nicht weiterhin Schokoladenprodukte in der EU „unter Verwendung der Farbe Lila“ anbieten, in Verkehr bringen, zu den genannten Zwecken besitzen, einführen oder ausführen. Das betraf auch die Verwendung der Farbe Lila auf der Verpackung oder in der Werbung.
Ergebnis: Ende Februar urteilte das Landesgericht Hamburg zu Gunsten von Mondelez: Tony’s Chocolonely darf seine Schokolade ab sofort nicht mehr in lilafarbenen Verpackungen bewerben und in der Europäischen Union verkaufen.
2. Deutsche Telekom gegen Lemonade und gegen Pinkbus
Wann: ab 2019
Fall: Die Deutsche Telekom ist schon mehrfach für ihre seit 1995 eingetragene Farbmarke Magenta vor Gericht gezogen, unter anderem 2019 gegen das amerikanische Versicherungs-Start-up Lemonade. Auch nach dem Start des Kölner Fernbus-Start-ups Pinkbus im selben Jahr beschwerte sich der Konzern über die Farbe der grell lackierten Busse.
Ergebnis: Nach einem entsprechenden Gerichtsurteil musste Lemonade die beanstandete Farbe von allen Ressourcen in Deutschland entfernen. Das Start-up hatte aber 2019 beim deutschen und europäischen Patentamt die Löschung der Marke Magenta beantragt und eine Social Media-Kampagne unter dem #FreeThePink gestartet. In Frankreich erzielte das Unternehmen 2020 diesbezüglich einen Sieg vor Gericht: Französische Behörden befanden, es gebe „keinen Beweis für die ernsthafte Benutzung der Marke“ durch die Deutsche Telekom im Bereich Versicherungen. „Dem Besitzer des strittigen Markenzeichens sollten daher seine Rechte aberkannt werden“, hieß es im Urteil.
Pinkbus einigte sich 2019 außergerichtlich mit der Telekom, um eine Unterlassungserklärung zu vermeiden und musste die unternehmenseigenen Busse neu folieren.
3. Lindt & Sprüngli gegen Heilemann
Wann: 2018-2022
Fall: Der Glanz des Lindt-Goldhasen ist ein Symbol für Ostern. Die zur Thüringer Viba sweets gehörende Allgäuer Confiserie Heilemann hatte seit der Ostersaison 2018 ebenfalls einen sitzenden Schokoladenhasen in einer fast gleichen goldfarbenen Folie verkauft. Der Chocolatier Lindt & Sprüngli zog daher vor Gericht.
Ergebnis: Vom Landgericht München über das Oberlandesgericht München führte der rechtliche Weg Lindt und Heilemann 2021 schließlich bis in den Bundesgerichtshof (BGH). Dieser entschied: Da der Farbton von 70 Prozent der Kund*innen Lindt zugeordnet würde, habe der Goldhase sich am Markt als Marke durchgesetzt und eine sogenannte „Verkehrsgeltung“ erlangt. Ein Jahr später folgte das Urteil des Oberlandesgerichts München, das Heilemann untersagt, weiterhin goldene Osterhasen zu verkaufen.
4. Langenscheidt gegen Rosetta Stone
Wann: 2010-2014
Fall: Der Wörterbuch-Verlag Langenscheidt hatte sich 2010 die Farbmarke Gelb für seine zweisprachigen gedruckten Wörterbücher eintragen lassen. Diese sind bereits seit 1956 in das Gelb mit dem bekannten blauen „L“ gekleidet. Rosetta Stone, ein Anbieter für Sprachlernprogramme, verwendete in der Werbung und für Kartonverpackungen ebenfalls einen gelben Farbton. Langenscheidt verklagte das US-Unternehmen daher auf Unterlassen und Schadensersatz.
Ergebnis: Langenscheidt gewann den Streit um die eigene Farbe 2014 in letzter Instanz vor dem BGH. In Deutschland darf Rosetta Stone seine Produkte nicht mehr in der gelben Verpackung vertreiben oder bewerben. Auch die von Rosetta Stone beantragte Löschung der Farbparke blieb erfolglos.
5. Sparkasse gegen Santander
Wann: 2009-2019
Fall: Schon seit den 60ern werben die Sparkassen mit dem Farbton HKS 13 und haben diesen 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen. Die spanische Großbank Santander setzte seit Ende der Achtzigerjahre auf den kaum dunkleren Farbton HKS 14. 2009 reichte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) Klage am Landgericht Hamburg ein.
Ergebnis: Der Streit zog sich mehr als ein Jahrzehnt hin und führte auch hier bis zum BGH. 2019 gab es dann einen Vergleich: DSGV und Santander einigten sich darauf, dass das Rot im deutschen Markenauftritt des spanischen schwächer dargestellt wird.