Streaming oder lineares TV: Nicht der Kanal, das Format entscheidet 

Streaming ist beliebter als klassisches Fernsehen, dafür braucht es nicht unbedingt Statistiken. Doch irgendetwas am klassischen TV-Programm begeistert Zuschauer nach wie vor, das ist auch den Streaminganbietern nicht entgangen.
Streamingdienste gibt es fast wie Sand am Meer und die Menge an Inhalten ist überwältigend. Aber nicht die Masse macht's.
Streamingdienste gibt es fast wie Sand am Meer und die Menge an Inhalten ist überwältigend. Aber nicht die Masse macht's. (© Unsplash / Tech Daily)

Streaming ersetzt das lineare Fernsehen. Das gaben mehr als die Hälfte der Befragten in der Global Streaming Study 2024 an. Laut Statista lag die Zahl der Menschen, die auf das klassische TV-Angebot verzichten, 2023 bei 22 Prozent, beim Streaming sind es hingegen nur 13 Prozent. Was treibt die Menschen zu den On-Demand-Anbietern?  

Was Streaming besser macht als Fernsehen 

Laut einer Umfrage der Plattform UserTesting ist es zunächst genau das: On-Demand. Auf Abruf aus einer großen Mediathek die Lieblingsshow auszuwählen – ob zuhause oder unterwegs, auf dem Smart-TV wie auf dem Smartphone – bietet völlige Flexibilität im Unterhaltungsprogramm. Aber das hat nicht nur Vorteile. Viele Nutzerinnen und Nutzer beklagen den „Content Overload“ auf Netflix und Co. und sind unzufrieden mit den Empfehlungsalgorithmen der Plattformen.  

Ein anderer Aspekt ist die Werbung. Jetzt haben zwar mittlerweile alle großen Streaming-Anbieter ein Werbemodell, das Argument der „Werbefreiheit“ ist somit dahin, allerdings ist es für Nutzende ein Unterschied, wie die Werbung geschaltet wird. Auf den privaten Sendern im Fernsehen läuft in der Regel alle 20 Minuten ein Werbeblock, oft mitten in der Folge oder im Film. Aus der Streaming-Studie geht jedoch hervor, dass Zuschauerinnen und Zuschauer ein geringeres Problem mit Werbung haben, wenn diese nur vor dem Anfang spielt und die Sendung dann ungestört weiterläuft. 

Zu guter Letzt bietet Streaming mehr als nur Filme und Serien. Auch Videospiele lassen sich über Provider wie Prime Video oder Netflix zocken. Das ist vor allem für jüngere Zielgruppen ein Argument, sich für ein Streaming-Abo zu entscheiden.  

Was sich Anbieter aus dem linearen Fernsehen abgeschaut haben

Doch nur weil das Fernsehen an Relevanz verloren hat, ist es noch lange nicht irrelevant geworden. TV-Werbung ist noch immer mit Abstand die teuerste Werbegattung. Noch immer generieren nicht nur Sendungen wie das Dschungelcamp oder Germany’s next Topmodel (GNTM) hohe Einschaltquoten. Das haben auch die Streaming-Anbieter erkannt und ihr Portfolio aufgestockt. Was als Ersatz der Videotheken begann, die hauptsächlich beliebte Blockbuster und Serien anboten, ist nun eine bunte Mischung aus eben diesen und immer mehr eigenen Shows.  

Vor allem Reality-TV-Serien und Dokumentationen fanden ihren Weg in die Streamingdienste. Es erscheinen immer mehr Formate, die an das klassische TV erinnern. Zum Beispiel veröffentlichte Amazon Prime bereits in zweiter Auflage die Reality-Gameshow „The 50“, in die sie 50 bekannte Gesichter aus TV-Formaten wie „Promis unter Palmen“ oder „Sommerhaus der Stars“ einladen.  

Streaming oder Fernsehen: Eine Frage der Formate 

Dass On-Demand beliebter ist, ist auch den Fernsehsendern nicht entgangen. Und so bieten die meisten ihre Sendungen mittlerweile auch online auf Abruf an, entweder in Mediatheken oder in Form eigener Streamingservices wie Joyn von ProSieben Sat.1 oder RTL+ von RTL. Und das mit Erfolg. Die Formatklassiker wie GNTM oder Dschungelcamp führten bei den Streaming-Portalen der Sender zu neuen Bestwerten

Das deckt sich mit den Ergebnissen der UserTesting-Befragung. Demnach hängt die Wahl des Streamingdienstes davon ab, ob er die gewünschte Sendung bereitstellt. Das Portal schlussfolgert: Die Kundenloyalität ist abhängig von den Inhalten. Nutzerinnen und Nutzer erklären sich bereit, den Anbieter zu wechseln, wenn dieser nicht länger ihre Lieblingssendung führt.  

Die Macht des linearen Fernsehens liegt somit nicht in seiner Funktionsweise, denn die ist längst überholt, aber vielmehr in seiner starken Kundenbindung zu den etablierten Sendungen. Die Loyalität liegt nicht bei den Anbietern, sondern bei den Formaten. Und die beliebtesten Formate in Deutschland stammen alle aus dem linearen Fernsehen: Tatort, Dschungelcamp und allen voran die Tagesschau. 

Maurice Mühlberg (mm, Jahrgang 2003) ist seit August 2024 Werkstudent bei der absatzwirtschaft. Geboren und aufgewachsen nahe Leipzig, widmet er sich nun dort seinem Politikwissenschaftsstudium. Er ist zudem ehrenamtlich als Ressortleiter im Wissenschaftsressort der Leipziger Hochschulzeitung „luhze“ aktiv und beschäftigt sich als Autor viel mit dem Thema Nachhaltigkeit. Neben dem Schreiben ist er begeisterter Musiker.