Konzerne stehen derzeit vor enormen Herausforderungen. Bestes Beispiel dafür ist RTL: Das Medienunternehmen musste zuletzt große Teile seines Publishing-Geschäfts verkaufen und sich auf die Kernmarken konzentrieren. Auch viele Mittelständler leiden unter der Multi-Krise und setzen den Rotstift an.
Nichtsdestotrotz wollen und müssen Unternehmen auch weiterhin investieren, um der aktuellen Krisenlage zu begegnen, in neue Märkte vorzudringen und Innovationen hervorzubringen. Aus diesem Grund legen viele Konzerne Corporate Venture Capital in erfolgsversprechende Start-ups an, entwickeln Accelerator-Programme für diese oder bauen über Venture Building komplett neue Unternehmungen auf. Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich auch Corporate Entrepreneurship oder Intrapreneurship, bei denen es darum geht, Mitarbeiter*innen zu befähigen, wie Unternehmer*innen zu denken und zu handeln. Miele hat beispielsweise jüngst einen eigenen Start-up-Inkubator gegründet, in dem Mitarbeitende abseits der etablierten Konzernstrukturen ihre Ideen schneller vertesten und verwirklichen können.
Start-ups lernen gerne aus Fehlern
Die Crux: Konzerne und Start-ups leben in unterschiedlichen Business-Realitäten. Während Corporates erprobte, sichere Geschäftsmodelle durchführen, sind Start-ups permanent auf der Suche nach unbekannten Modellen. Sinnbildlich erinnern Konzerne an All-inclusive-Reisende, während Start-ups zu den Dschungelabenteurer*innen gehören.
Start-ups profitieren von flachen Hierarchien, eigenverantwortlichem, agilem Arbeiten und sie machen gerne Fehler, um zu lernen. Das führt dazu, dass beim Thema Corporate Entrepreneurship – schon im Begriff selbst – zwei Welten aufeinandertreffen, deren Realitäten unterschiedlicher nicht sein könnten. Viele Konzerne schaffen zwar Vorzeige- und Leuchtturmprojekte, die risikoarm ihre Innovationskraft deutlich machen. Allerdings gelingt es ihnen häufig nicht, diese Innovationskraft in den Urkonzern zurückzuführen.
Mit Corporate Entrepreneurship das Kerngeschäft transformieren
Um aus der Krise heraus zu innovieren, muss es folglich darum gehen, Raum für Neues zu schaffen, zu experimentieren, möglichst schnell Ideen im Markt zu vertesten und die daraus gezogenen Learnings in den Konzern zurückfließen zu lassen. Corporate Entrepreneurship ist hier das Mittel zum Zweck und nicht der Zweck selbst.
Dabei sollte es gelingen, das unternehmerische Denken so im Konzern zu fördern, dass das ganze Unternehmen davon profitiert und in die Lage versetzt wird, den Kern seines Wirtschaftens zu verändern. Interne Inkubatoren-Programme mit Freiräumen und einem inspirierenden Umfeld können ein Weg sein. Die Herausforderung hierbei ist es, als Konzern den Mut aufzubringen, das eigene Kerngeschäft durch die Integration neuer Geschäftsmodelle zu hinterfragen. Kurzum: Es bedarf echter Company Innovation.
Nur im Auge des Hurrikans lässt sich Einfluss nehmen
Company Innovationen brauchen Mut und Entscheidungswillen – vor allem seitens der Führungskräfte. Geld allein reicht ohnehin nicht aus, um neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen.
Je weiter eine Innovationseinheit vom Konzern entfernt ist, desto weniger Wandel und Wirkung erreicht man. Deshalb ist es wichtig, für gegenseitiges Verständnis zu sorgen und echte Kollaboration zwischen Corporate- und Innovationseinheit zu schaffen und den Impact der neuen Ideen für das Kerngeschäft zu berücksichtigen. Dafür muss ein neues Verständnis von Führung her, eines, das Verantwortung dezentralisiert, Partizipation und unternehmerisches Denken stärkt und stetige Innovationsarbeit zur Priorität macht.
Transparenz und die Möglichkeit, jederzeit an neuen Ideen mitzuwirken, das regelmäßige Hinterfragen der eigenen Position sowie das frühzeitige und mutige Vertesten in realen Kontexten sind nur einige Wege hin zu mehr Start-up-Mindset in etablierten Unternehmen. Erfolgreiches Innovieren, das dem Kerngeschäft zu Neuem Wachstum verhilft, ist ein kontinuierlicher Prozess, der aktiv aus der Organisation heraus und nicht neben ihr betrieben werden darf.