Soziale Medien in der Kritik: Drinbleiben, dranbleiben! 

Warum mutige Kommunikator*innen bei X, Facebook & Co. mehr denn je gebraucht werden und wieso es keine Option für Unternehmen sein sollte, sich aus Social Media zurückzuziehen.
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Virginie Briand ist Partnerin bei Deloitte Creative Consultancy. (© Thorsten Jochim, Montage: Olaf Heß)

Die Wahrheit hat es gerade nicht leicht. Mark Zuckerberg, der Chef von Meta, hat angekündigt, die Faktenchecks bei Instagram und Facebook in den USA wieder abzuschaffen. In Zukunft sollen die User selbst herausfinden, was wahr und was falsch ist. Ob im nächsten Schritt auch die EU und damit Deutschland betroffen sein könnten, ist nicht auszuschließen.  

Nach Musk nun also auch Zuckerberg. Ähnlich wie auf X sollen künftig einfache Nutzer*innen anstatt Profis Falschinformationen kennzeichnen. Die Wahrheit wird damit in geopolitisch unsicheren Zeiten in die Hände der Community gelegt. Ein Kniefall vor dem neuen US-Präsidenten? Der Untergang des Abendlandes? Ein Freifahrtschein für Falschinformation, Desinformation und Hassrede? Und was bedeutet das für professionelle Kommunikator*innen? 

Fakt ist, es wird unübersichtlich. Lassen Sie uns kurz durchatmen und die Dinge sortieren. 

Wachsam und wirksam bleiben 

Die Veränderung ist gewaltig. Der Vertrauensverlust ist bereits da. Die Möglichkeiten für gezielte Desinformationskampagnen scheinen größer als je zuvor. Kommunikator*innen müssen daher wachsam, engagiert und klar ihren Job machen – auch und gerade in den Sozialen Medien. Heißt: in Diskussionen mutig und laut zu Wort melden, Fakten liefern, Haltung zeigen. 
 
Redliche Kommunikator*innen müssen auch wirksam bleiben. Sie dürfen nicht lockerlassen, um bei den internen und externen Stakeholdern Vertrauen aufzubauen, wo andere Misstrauen sähen. An der Wahrheit dranbleiben. Und vor allem: Drinbleiben. Rausgehen aus den sozialen Medien ist für Unternehmen und Institutionen keine Lösung. Es wird künftig noch mehr darum gehen, das Gleichgewicht zwischen Fakten und Fake News herzustellen. Oder zumindest das so wichtige Gegengewicht zu Letzteren zu bilden. 

Aufgeben ist keine Option. Auch beim Stand von 0:3 ist mit der richtigen Ein- und Aufstellung ein 3:3 grundsätzlich möglich. Dafür braucht es die entsprechende Kompetenz und die nötigen Strukturen in den Kommunikationsteams. 

Traditionelle Medien als Vertrauensanker 

Unternehmen und Kommunikator*innen haben darüber hinaus die Pflicht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten (Reichweite, Reputation, Impact) auf die nötige Regulatorik hinzuweisen. Denn die bestehenden EU-Richtlinien reichen nicht aus. Das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) erleichtert zwar die Entfernung illegaler Inhalte und schützt die Grundrechte der Nutzer*innen. Reine Falschbehauptungen sind allerdings häufig nicht strafbar, das Gleiche gilt für Desinformation. Die neue Bundesregierung in Deutschland muss hier auf Landes- und EU-Ebene aktiv werden und Regulierung verschärfen. 

 
Was ein wenig Zuversicht gibt: Während in den USA gemäß Gallup-Umfragen das Vertrauen in Journalisten und traditionelle Medien seit Jahrzehnten schwindet, sieht es in Deutschland anders aus. Gemäß Allensbach-Institut sind etablierte Medien in Deutschland noch immer der Vertrauensanker. Soziale Medien gelten nur bei 12 Prozent als zuverlässig, so die repräsentative Studie aus dem Jahr 2024. Demnach gaben 77 Prozent der Befragten an, dass sie das öffentlich-rechtliche Fernsehen für vertrauenswürdig halten, gefolgt von regionalen Tageszeitungen (65 Prozent), öffentlich-rechtlichen Radios (64 Prozent) und der überregionalen Presse mit 57 Prozent. 
 
Das mag auch daran liegen, dass Qualitätsmedien – wie dpa oder Spiegel – durch eigenständige, große Faktencheck-Teams mehr Wert auf die Wahrheit legen als jemals zuvor. Das ist eine gute Nachricht. Und sie stimmt.  

Virginie Briand ist Partnerin Creative Consulting bei Deloitte Digital. Die Kolumnistin unterstützt seit über 20 Jahren Führungskräfte und Organisationen bei der Kommunikation.