Von Gastautor Markus Niederastroth
Nach der Film- und Musikindustrie, dem Buch- und Einzelhandel gerät nun auch die Social Economy zunehmend in das Kielwasser der digitalen Revolution. Weil wir immer mehr Zeit in der virtuellen Welt verbringen, wollen wir auch dort helfen und spenden. Crowdfunding-Plattformen wie startnext.com oder visionbakery.com bieten auf der einen Seite ein optimiertes Format, um potenzielle Unterstützer geeignet anzusprechen. Auf der anderen Seite verfügen immer mehr Menschen über das technische Equipment und Know-how, um auf solchen Plattformen professionell für ihre sozialen Anliegen zu werben.
Auf den Crowdfunding-Plattformen herrscht ein harter Wettbewerb. Eine Projektidee reiht sich an die nächste. Und jedes Projekt nennt viele gute Gründe dafür, warum gerade dieses Projekt unterstützt werden soll. So werben die Projekte zum Beispiel für den Erhalt von Arbeitsplätzen in Nepal, eine Notfall-App (nicht nur für Senioren) oder Bildung für Flüchtlinge. Die Social Entrepreneure konkurrieren hier zum einen untereinander, aber auch mit Start-ups und Projekten ohne soziales Anliegen.
Potenzielle Unterstützer recherchieren mit Hilfe der Suchfunktionen zielgerichtet nach Projekten, die sie interessieren. Niemand hat es mehr nötig, seine Unterstützung in anonyme Klingelbeutel zu werfen, die später nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden.
„Dankeschöns“ – der Fuß in der Tür zum Business
Für die Unterstützung bedanken sich die Social Entrepreneure mit sogenannten „Dankeschöns“. Dabei handelt es sich neben symbolischen „Dankeschöns“ wie etwa einer Kerze, die im fernen Nepal für einen Unterstützer angezündet wird, zumeist um Projektergebnisse, also beispielweise ein gestricktes Kleidungsstück aus Nepal. Mit solchen „Dankeschöns“ tun die Projekte dann einen Schritt in Richtung Business. Denn die Unterstützer fördern hier natürlich nicht nur ein Projekt in Nepal, de facto bestellen sie ein qualitativ hochwertiges, in Handarbeit gefertigtes Kleidungsstück.
Dass hier nicht nur gekleckert, sondern auch geklotzt wird, zeigt Carsten Waldeck. Er hatte die Vision von einem preiswerten, fair und nachhaltig produzierten mobilen Endgerät. Auf startnext.com sammelte er in zwei Kampagnen über 160.000 Euro. Heute vertreibt er sein Phablet (Phone und Tablet) über einen Online-Shop.
Fazit
Virtuelle Schwarmfinanzierung ist absolut im Trend. Alleine auf startnext.com wurden mittlerweile über 20 Millionen Euro gesammelt – das meiste davon in diesem Jahr. Für die Zukunft des Social Marketing bedeutet diese Entwicklung, dass die Grenzen zum Business noch weiter verschwimmen: Auf den Crowdfunding-Plattformen präsentieren sich nicht nur Projekte mit und ohne sozialem Anliegen harmonisch nebeneinander. Sogar die Grenzziehung innerhalb eines Projektes fällt schwer. Denn während sich die symbolische Kerze noch im Bereich der Spende verorten lässt, beginnt mit der Auftragsfertigung eines Kleidungsstücks schon das Social Business.
Aber vielleicht ist es gar nicht so richtig wichtig, hier detailverliebt Grenzen auszuloten. Wichtig ist das Ergebnis, nämlich dass dank Schwarmfinanzierung die Markteintrittsbarrieren sinken und es auch für Social Entrepreneure immer leichter wird, ihre Anliegen einer interessierten Zielgruppe kostengünstig zu präsentieren. In der Folge gelingt es immer häufiger, soziale Anliegen zur Marktreife zu führen und damit die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen.
Über den Autor: Diplom-Kaufmann Markus Niederastroth verfügt unter anderem über die Lehrbefähigung für „Absatz und Marketing“. Projekte, an denen er mitgearbeitet hat, wurden 2005 mit dem Innovationspreis Bio-Lebensmittel-Verarbeitung, 2006 von Schulen ans Netz, 2009 vom eco Verband der deutschen Internetwirtschaft, 2011 von der Gesellschaft für Informatik, 2012 mit dem Max-Weber-Preis für Wirtschaftsethik in der Kategorie “Schul- und Lehrbuchprojekte” und 2014 mit dem Gütesiegel „Schulbuch des Jahres – Ökonomische Bildung 2014/15“ der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT ausgezeichnet.
Der asw-Schwerpunkt in dieser Woche: Social Marketing. Dabei beleuchten wir jeden Tag einen Aspekt des Themas aus Theorie und Praxis, stellen die aktuellen Studien vor und befragen Experten.