Mehr als 72.000 Follower*innen zählt der Twitter-Kanal Dr. Oetker Pizza DE inzwischen und gehört zu den erfolgreichsten Marken-Accounts in Deutschland. Er zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass das Social-Media-Team von Dr. Oetker mit seinen Kund*innen so kommuniziert, als würden zwei Freunde zusammen an einer Bar sitzen und ein Bierchen trinken. Unverbindlich, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, mit Dialogen auf Augenhöhe – ganz in Best-Buddy-Manier.
Pizza für alle – wieso eigentlich nicht?
„Ein heller Kopf verwendet nur Dr. Oetker Fabrikate“ – angelehnt an diesen Slogan des Unternehmens entstand das berühmte rotweiße Logo mit dem Hellkopf, das heutzutage jedes Kind kennt. Und dachte man beim Namen Dr. Oetker früher meist an Backmischungen, verbindet man die Marke inzwischen auch mit gekühlten Desserts, fertigen Kuchen, Müslis, Snacks und Pizzen. Letztere sorgen auf Twitter bereits seit einer Weile für Furore – und jede Menge lustiger, potenzieller Pizzakreationen.
Auf dem Twitter-Account „Dr. Oetker Pizza DE“ tummeln sich TK-Pizzaliebhaber ebenso wie diejenigen, die sich die Pizza ihrer Träume wünschen und dem Unternehmen deshalb ganz wilde Vorschläge machen – schließlich hat solch eine Pizza im Kühlregal des nächsten Discounters immer schon gefehlt. So wie die Fischstäbchenpizza, die anfangs nur ein Hirngespinst des Twitter-Users Stullen-Andreas war. Doch was vor drei Jahren als witzige Fehde begann, entwickelte sich zu einem echten Internet-Phänomen.
Stullen-Andreas bekommt seine Fischstäbchen-Pizza
Aber erstmal alles auf Anfang. Stullen-Andreas und der Twitter-Kanal „Dr. Oetker Pizza DE“ lieferten sich einen ständigen Schlagabtausch in den sozialen Medien. Das Ziel des Users: Dr. Oetker dazu zu bewegen, endlich die Pizza herauszubringen, von der er ein Leben lang geträumt hatte, nämlich eine Fischstäbchenpizza: mit Original Fischstäbchen von Käpt’n Iglo, natürlich. Pizza Hawaii und Pizza Pasta waren ihm wohl nicht ausgefallen genug.
„Wir haben 2018 und es gibt noch keine Pizza Fischstäbchen“, beklagte Stullen-Andreas bereits im November 2018. Drei Jahre lang forderten er und seine sehr beharrliche Community die Einführung der Dr. Oetker Fischstäbchenpizza. Am 1. April 2022 war es dann endlich so weit. „Es ist wahr. Ab dem 01.04. ist die #Fischstäbchenpizza (links im Bild), belegt mit Original Käpt’n @igloDeutschland Fischstäbchen, als limitierte Edition im Handel erhältlich. Kein Scherz, versprochen. Teilt die frohe Kunde“, schrieb Dr. Oetker auf Twitter. Auf dem Bild sieht man Stullen-Andreas höchstpersönlich, der „seine“ Kreation stolz in den Händen hält: die Ristorante Pizza Bastoncini di Pesce.
Und das, obwohl Dr. Oetker selbstironisch zugab: „Musk tut sich mit dem Kauf von Twitter fast so schwer wie wir mit der Einführung der Fischstäbchenpizza.“
Für die kulinarische Idee konnte Dr. Oetker tatsächlich Fischstäbchen-Hersteller Iglo als offiziellen Kooperationspartner gewinnen. Bei einem Besuch bei Dr. Oetker in Bielefeld durfte Stullen-Andreas seine Pizza dann auch endlich probieren. „Ich kann nur ungläubig mit dem Kopf schütteln“, erklärte er in einem Video, das er auf Twitter teilte. „Ich bin vielleicht der Vorsitzende dieses Clown-Vereins, aber geschafft haben wir das alle zusammen.“
Pizza-Rezept zum Selbstmachen
Die Fischstäbchenpizza war nur als limitierte Edition erhältlich, eine dauerhafte Aufnahme ins Sortiment ist eher unwahrscheinlich. Wer die Pizza jedoch auch in Zukunft nicht missen möchte, kann sie sich selbst zusammenbasteln: nämlich aus der Ristorante Pizza Spinaci und sechs Iglo-Fischstäbchen. Dr. Oetker hat dazu auch ein Rezept auf seiner Webseite veröffentlicht – das kürzeste überhaupt: „Tiefgekühlte Fischstäbchen auf der tiefgekühlten Pizza verteilen. Pizza auf dem Rost backen.“ https://www.oetker.de/rezepte/r/fischstaebchenpizza
Auch heute noch bekommt das Unternehmen Vorschläge für neue Pizzen, darunter finden sich Kreationen mit Rosenkohl, Sushi, Bananen, Obazda, Domino-Steinen, Lebkuchen oder auch halb mit einer Ente und halb mit Smarties belegt.
Und auch hier ist der Twitter-Kanal von Dr. Oetker nicht um Antworten verlegen. „Führ dir das mal lieber alleine ein“, so die Antwort auf den Vorschlag der Ente-Smarties-Pizza.
Vielleicht muss der Enten-Fan aber einfach dranbleiben und das Team von Dr. Oetker so lange nerven, bis es – wie bei der Fischstäbchenpizza – tatsächlich einknickt.
Traditonsunternehmen nimmt sich selbst auf die Schippe
Das Unternehmen ist auf seinem Twitter-Account also mit ganz viel Humor unterwegs. Mit Selbstironie blickt die Marke auf ihre eigenen Werbeprodukte zurück. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Bild-Sammelkarten eine beliebte Beigabe zu Alltagsprodukten, so auch bei Dr. Oetker. Die Karte, die das Team von Dr. Oetker auf Twitter veröffentlichte, stammt aus einer Serie über Postboten in aller Welt. „Was das mit unseren Produkten zu tun hat? Das fragen wir uns auch“, heißt es dort mit einem Augenzwinkern.
Schlagabtausch mit der Deutschen Bahn
Dass das Social-Media-Team des Lebensmittelproduzenten spontan ist, zeigte auch ein äußerst kurioser Vorfall, bei dem ein Fahrgast die Tür eines ICE und somit auch die Weitefahrt des Zuges blockierte, der in Richtung München in den Fuldaer Bahnhof einfuhr. Der Mann hatte nicht etwa auf einen Freund, sondern auf sein in Fulda bestelltes Essen gewartet. Die Deutsche Bahn machte den Anfang auf Twitter und veräppelte den Fahrgast: „Seine Bestellung: Quattro Endstagioni“.
In den Kommentaren zum Tweet melden sich dann auch noch die Social-Verantwortlichen von Dr. Oetker Pizza DE zu Wort und unterbreiteten der Deutschen Bahn einen Vorschlag, wie man solche Verspätungen in Zukunft verhindern könnte. „Wann Dr. Oetker Pizza im Bord-Bistro, um solche Vorfälle zu vermeiden? WANN?!“ Die Deutsche Bahn konterte: „Ok, aber auf welcher Schiene müssen sie dann gebacken werden?“ Dabei bediente das Unternehmen einen Running Gag, bei dem es um die Beschreibung auf der Pizza-Packung geht, in der es heißt, dass man die mittlere Schiene nutzen soll. Die ist tatsächlich etwas schwierig zu finden, wenn der Backofen vier Schienen hat.
Wer steckt hinter den schlagfertigen Tweets?
Maximilian Wächter heißt der Mann hinter den Tweets des Kanals von Dr. Oetker Deutschland. Er ist Digital Marketing Manager und für den Bereich „Pizza“ zuständig. Gegenüber dem Blog „Social Hub“ erwähnte der Social-Media-Manager, dass der Kanal ursprünglich einen experimentellen Charakter hatte. „Wir wollten Werbeanzeigen auf Twitter testen und haben deswegen den Dr.-Oetker-Pizza-DE-Kanal ins Leben gerufen. Dann habe ich angefangen, den Kanal zu bespielen und mich ausgetobt, um zu sehen, wie Twitter überhaupt funktioniert“, erklärte Wächter. Durch die Arbeit habe er dann festgestellt, dass Twitter einfach sein Kanal sei: kurze, knackige Texte, eine coole Punchline und nicht viel visuelles Drumherum. „Das hat mir gefallen und liegt mir. Mit einigen unterhaltsamen Tweets konnten wir immer mehr Follower dazugewinnen“, sagte Wächter.
Mit dem Twitter-Kanal wolle das Unternehmen vor allem die Sympathie für die Marke stärken und sie in einer Art präsentieren, die man von Dr. Oetker bisher nicht kannte. Die Rechnung scheint aufgegangen zu sein. Immer mehr User*innen folgen dem Pizza-Account, täglich kommen neue hinzu, die den lustigen Dialogen zwischen Maximilian Wächter und den Twitter-Nutzer*innen folgen wollen. Auf dem Twitter-Account versuche der Digital Marketing Manager „die maximale Spontanität zu bewahren“. Er beobachte Twitter-Trends und überlege, ob ihm etwas Gutes dazu einfalle. Wenn er aber nichts Relevantes zu sagen habe, dann lasse er es auch.
Alleine twittern als Alleinstellungsmerkmal
„Der Twitter-Account hat dabei die Besonderheit, dass ich ihn allein bespiele. Wenn ich im Urlaub bin, ist es der Kanal also auch“, erläutert Wächter. „Ich twittere mit einer eigenen Handschrift und es würde stark auffallen, wenn plötzlich eine andere Person übernimmt“, erklärte er gegenüber „Social Hub“. „Dass ich von der Twitter-Community vermisst werde, wenn der Kanal und ich im Urlaub sind, gibt mir das Gefühl, beim Community-Aufbau vieles richtig gemacht zu haben“, so Wächter.
Durchbruch mit der „Schockopizza“
Dass sich diese Art der Kommunikation auf Twitter erst mit der Zeit entwickelt hat, musste auch Wächter feststellen. Bei Twitter viral ging noch vor der Fischstäbchenpizza seine Antwort auf den Tweet eines Nutzers: „Hey Dr Oetker eure Schockopizza schmeckt nach Hurensohn“ [sic]. „Gierig gewesen und in den Finger gebissen?“, antwortete Dr. Oetker.
„Natürlich muss man bei dieser Art der Kommunikation trotzdem vorsichtig sein. Ich habe schon mit einigen Trittbrettfahrern zu kämpfen, die unsere Marke oder unsere Produkte einfach nur beleidigen, um eine ähnliche Antwort zu provozieren. Davon erhoffen sie sich selbst dann mehr Reichweite. Man darf und sollte aber nicht auf alles eingehen“, sagte Wächter im Interview mit „Social Hub“.
Es gebe natürlich auch Dinge, über die sich der Twitter-Experte nie lustig machen würde. Dazu gehören Themen wie Religion, Herkunft, Geschlecht etc. Wächter erklärt: „Twitter ist in dieser Hinsicht ein Minenfeld. Von 100 Tweets sind wahrscheinlich 80 Tweets gut und lustig, zehn versteht niemand, neun sind einfach nur schlecht und einer geht nach hinten los.“