So gehen US-Konzerne mit „Diversity“ um

Der Umgang mit DEI in den USA steht unter Druck. Einige Unternehmen streichen Programme zu Diversität und Inklusion, andere halten daran fest.
Ein McDonalds-Restaurant in Chelsea in New York zeigt die Progress Pride Flagge zu Ehren des Gay Pride Day 2023.
McDonald's stellt seine Bemühungen um Diversität, Gleichheit und Inklusion ein. (© Imago)

Seit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus stehen Diversitätsmaßnahmen in den USA unter verstärkter Beobachtung. Ein neuer Erlass verbietet sogar DEI-Programme in der öffentlichen Verwaltung, und private Unternehmen mit staatlichen Fördermitteln fürchten mögliche Sanktionen.

Die Auswirkungen zeigen sich bereits: Unternehmen wie McDonald’s, Walmart, Ford, Target und Goldman Sachs haben in den letzten Wochen angekündigt, DEI-Initiativen zu überarbeiten oder zurückzufahren. Wie Techcrunch berichtet, gibt es insbesondere in der Tech-Branche deutliche Einschnitte. Meta hat interne DEI-Ziele und das Faktenchecken abgeschafft (ebenso wie TikTok) und Tesla erwähnt DEI nicht mehr in Unternehmensdokumenten. Tesla-Chef Elon Musk positioniert sich sogar öffentlich und ausdrücklich gegen Diversität.

Derweil hat Google Diversity-Maßnahmen aus offiziellen Berichten gestrichen und kündigte Anfang Februar an, dies auch mit seinen DEI-Einstellzielen zu tun. Auch von Webseiten wie dem Startups Founders Fund und der des Teams für verantwortungsbewusste KI und menschenzentrierte Technologie (RAI-HCT) wurden durch das Unternehmen Formulierungen bezüglich Diversität angepasst oder gestrichen.

Der Tenor vieler Unternehmen: DEI-Maßnahmen dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass Entscheidungen auf Basis von Geschlecht oder ethnischer Herkunft getroffen werden. Ein internes Memo bei Meta betont, dass dies „nie die Praxis war“, es jedoch keine entsprechenden Vorgaben mehr geben soll.

Wer an DEI festhält – und warum

Während viele Unternehmen vorsichtig agieren oder Maßnahmen einschränken, halten einige Tech-Giganten weiterhin an ihrer Diversitätsstrategie fest. Apple, Nvidia und IBM setzen nach außen hin weiterhin auf Inklusionsmaßnahmen und argumentieren mit positiven Effekten für Innovation und Unternehmenskultur. Erst kürzlich lehnte Apple einen Aktionärsvorschlag ab, der die Beendigung der DEI-Programme des Unternehmens forderte. Chef Tim Cook kündigte jedoch zugleich an, dass ein veränderter rechtlicher Rahmen Anpassungen an den Initiativen erforderlich machen könnte.

Salesforce veröffentlicht weiterhin Berichte zu Diversität und CEO Marc Benioff positioniert sich offen gegen den politischen Druck.

Microsoft und Amazon versuchen, einen Mittelweg zu finden: Zwar wurden interne DEI-Teams verkleinert, doch nach außen hin bekennen sich beide Unternehmen weiterhin zu Vielfalt und Integration. Das zeigt, dass viele Konzerne das Thema nicht vollständig aufgeben wollen, sondern einen weniger sichtbaren, risikoärmeren Weg suchen.

Diversity-Rückzug hat keinen Einfluss auf Unternehmensbewertung

Unternehmen, die ihre DEI-Strategien zurückfahren, riskieren Reputationsverluste und eine geschwächte Arbeitgebermarke. Laut einer Umfrage der Washington Post und Ipsos stehen 60 Prozent der US-Amerikaner DEI-Programmen weiterhin positiv gegenüber. Unternehmen, die sich von solchen Initiativen distanzieren, riskieren daher, einen Teil ihrer Kundschaft zu verprellen.

Zudem sind DEI-Maßnahmen oft integraler Bestandteil der Talentgewinnung und -bindung, insbesondere in Branchen mit Fachkräftemangel. Das Zurückfahren solcher Initiativen kann die Attraktivität als Arbeitgeber mindern und die Vielfalt im Unternehmen reduzieren.

Jedoch: Der Rückzug aus DEI-Programmen hat wohl kaum Einfluss auf die Unternehmensbewertung. Mehrere Unternehmen, darunter Lowe’s, Harley-Davidson und Tractor Supply, haben ihre DEI-Politik überarbeitet, ohne dass dies erhebliche Auswirkungen auf ihre Aktienkurse hatte. Laut Jaime Katz, Analystin bei Morningstar, haben sich Unternehmensführungen von den Boykottaufrufen konservativer Gruppen verunsichern lassen – insbesondere nach dem massiven Umsatzrückgang bei Bud Light, nachdem die Marke eine Transgender-Influencerin in einer Werbekampagne gezeigt hatte.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen von DEI-Initiativen auf Aktienkurse sind jedoch uneindeutig. Eine Studie von Wissenschaftlern aus Hongkong und Kalifornien zeigte, dass DEI-Ankündigungen die Aktienkurse von produzierenden Unternehmen kurzfristig positiv beeinflussen können, während sie bei Technologieunternehmen teils negativ wahrgenommen werden. Investoren könnten in diesen Fällen befürchten, dass die Maßnahmen dazu führen, weniger qualifizierte Arbeitskräfte zu bevorzugen.

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.