Seit 2023 gehen die TikTok-Videos der kölschen Rücksackmarke Aevor regelmäßig viral. Statt klassischen Werbevideos setzt die Marke auf Storytelling und Unterhaltung – und genau das zahlt sich aus. Innerhalb kürzester Zeit gewinnt der Aevor-TikTok-Account eine Vielzahl an Follower*innen und die Marke steigert ihren Onlineumsatz um 40 Prozent. Die Hauptperson auf dem Kanal: Belinda Zühlke. Sie ist Werkstudentin bei Aevor und nimmt die TikTok-User*innen mit in ihren Arbeitsalltag, filmt sich bei Gesprächen mit Kolleg*innen, bei Teamausflügen nach Winterberg oder auf Verfolgungsjagd in Lissabon.
Wir haben Belinda Zühlke und Nils Eiteneyer, Co-Managing-Director von Aevor, in ihrem Büro im Kölner Stadtteil Bickendorf getroffen. In ihrem TikTok-Studio, in dem sich ein Großteil ihrer Videos abspielt, haben wir mit ihnen über die Anfänge, die Entwicklung und die Erfolge ihrer TikTok-Journey gesprochen.
„Jeder und jede soll sich einbringen“
Begonnen hat alles im August 2022. Damals lädt die Rucksackmarke ihr erstes Video auf TikTok hoch. In dem Video zeigt Belinda ein Rucksack-Modell in die Kamera. Über ihr der Satz: „Erster Uni-Tag mit meinem neuen Backpack“.
„Am Anfang haben wir sehr viel ausprobiert und es hat ungefähr ein Jahr gebraucht bis der Kanal richtig erfolgreich geworden ist“, so Zühlke. Die 22-Jährige arbeitet seit 2022 bei Aevor und ist seitdem für den TikTok-Account der Marke zuständig. Zu Beginn postete die Marke vorwiegend Videos mit Sounds, die damals auf TikTok viral gingen und sogenannte „Point of View“-Videos. Darauf folgte circa einen Monat später das erste Serien-Format „Die Aevor-Teamreise Tag 1-3“, in dem die Zuschauer*innen in Vlogs mit auf die Camping-Reise nach Hellental genommen wurden.
Die Idee vermehrt mit Storytelling-Elementen zu arbeiten entwickelte sich über mehrere Wochen. „Ich dachte mir, dass es viel mehr Sinn ergibt, den Leuten eine Geschichte zu erzählen, die sie mitverfolgen können“, sagt die Werkstudentin über die Entwicklung der Idee. So postet sie mit der Zeit unter anderem Videos, die zeigen, wie Meetings bei Aevor ablaufen, nimmt die Zuschauer*innen bei einer Höhlen-Wanderung in der Natur mit und erlaubt sich regelmäßig Späße mit ihren Vorgesetzten. So antwortet die Werkstudentin beispielsweise in einem Video auf eine Aufforderung ihres Kollegen humorvoll mit „Wenn du jemanden haben willst, der Respekt vor dir hat, hättest du Millennials einstellen sollen“. Für die Follower*innen wirken die Videos, als würde sie eine Kamera aufstellen und spontane Situationen filmen. Dem ist größtenteils allerdings nicht so: „Für viele Videos habe ich mich hingesetzt und alles aufgeschrieben – jedes Wort, was wir gesagt haben, jeder Blick, der gewandert ist“, so die Werkstudentin.
Aktuell postet die Marke außerdem verstärkt Videos in Form von Challenges, wie die Brauhaus-Challenge. Hier sollte Zühlke mit einigen Kolleginnen in zehn verschiedenen Brauereien das Kölsch testen. Ausgerüstet mit den Bauchtaschen von Aevor machen sich die vier Frauen auf den Weg, sich der Challenge zu stellen. In Videos wie diesen würde zwar ein Rahmen gesteckt, genau gescriptet werde hier allerdings nicht. Die Ideen für solche Videos werden bei Aevor meist im Team besprochen. Das sei besonders bei kreativen Blockaden eine große Hilfe. „Jeder und jede soll sich einbringen und so entstehen dann auch oft die besten Ideen“, sagt Zühlke.
Seit 2016 produziert Aevor nachhaltige Rucksäcke. Außerdem verkauft die Marke kleinere Taschen und Fahrradzubehör. Aevor ist Teil der Fond Of Group und hat seinen Sitz in Köln. „Unser Ziel bei Aevor ist es, faire Konditionen für Mensch und Umwelt mit höchster Qualität, Funktionalität und einzigartigem Design zu vereinen“, heißt es auf der Webseite des Unternehmens.
Von Übernachtungspartys im Büro
Mittlerweile hat der offizielle Aevor-Account über 96 Tausend Follower*innen und insgesamt über drei Millionen Likes. Das erfolgreichste Video der Marke hat 2,7 Millionen Views und kommt auf knapp 240 Tausend Likes. Im Video feiert die Werkstudentin gemeinsam mit einer Praktikantin eine Übernachtungsparty im Aevor-Büro. Sie essen Sushi, schauen eine Serie und verbringen gemeinsam eine gute Zeit.
„Unsere TikTok-Strategie war von Anfang an, Dinge zu machen, die neu waren“. Das habe für Zühlke viel mit dem Markenkern von Aevor „Encourage Movement“ zu tun. „Wir machen das, was sich andere nicht trauen, und schauen, wie die Community reagiert.“ Die Abrufzahlen der Videos zeigen: Diese Strategie kommt gut bei den TikTok-User*innen an.
Der Markenkern von Aevor „Encourage Movement“ zeigt laut Nils Eiteneyer klar, was die Marke erreichen möchte: „Wir wollen mutig sein, Dinge ausprobieren und für Themen einstehen, die die Gesellschaft bewegen“. Eiteneyer arbeitet seit mehr als sechs Jahren im „Fond Of Kosmos“, wie er es nennt. Seit 2020 ist er Co-Managing Director der Rucksackmarken Aevor und pinqponq. Er sitzt gemeinsam mit seinem Kollegen Till Lászlop in der Geschäftsführung beider Marken. „Mit den Produkten geht es uns um physische Bewegung. Es geht uns als Marke aber auch darum, gesellschaftlich etwas zu bewegen und nicht nur uns selbst“, sagt er.
Ein bisschen Spaß muss sein
Ihr Erfolgsgeheimnis teilten Eiteneyer, Lászlop und Zühlke Anfang Mai auf der Yellow Stage der OMR. Die Werkstudentin und TikTok-Verantwortliche nutzte die große Bühne, um auf die Eckpunkte ihres selbst entwickelten „Haus des Contents“ einzugehen:
- Struktur, Geld und Vertrauen
- Brand-Fit
- Community
- Hype
- Planung
- Spaß, Kreativität und Mut
Besonders Motivation und Spaß seien für Zühlke ein großer Teil ihrer TikTok-Strategie. Eiteneyer fügt im Interview mit der absatzwirtschaft hinzu: „Uns ist vor allem wichtig, dass obwohl sich alle gut verstehen und Freundschaften dabei sind, auch hart und professionell gearbeitet wird. Das ist etwas, was man so nach außen hin nicht sieht.“
Die Erfolge ihrer TikTok-Strategie zeigen sich deutlich in den Zahlen des Unternehmens: „Unsere Markenbekanntheit ist durch TikTok sehr gewachsen. Das hören wir qualitativ von unseren Vertriebskollegen und -kolleginnen, die täglich im Handel unterwegs sind. Quantitativ sehen wir das unter anderem direkt bei TikTok anhand der Views und Likes“, so der Managing Director. Seit die Videos auf dem Aevor-Account viral gehen, konnte die Marke ihren Onlineumsatz um 40 Prozent steigern. Hieran habe TikTok einen großen Anteil. „Wir sehen die Veränderungen natürlich auch in eigenen Daten, die wir erheben. 10 Prozent unserer Kund*innen kennen uns schon von TikTok“, so Eiteneyer.
Ein zentraler Punkt, um auf TikTok als Marke erfolgreich zu sein, sei die Plattform ernst zu nehmen. „Je ernster wir TikTok genommen haben, desto erfolgreicher sind wir geworden. Die erfolgreichsten TikToks sind die, für die wir am härtesten gearbeitet und am meisten geplant haben“, so Zühlke.