Im Sommer beschäftigten viele verschiedene Themen die Menschen und Medien in Europa. Zunächst waren das neue Hilfspaket und die Neuwahlen in Griechenland beherrschend. Mit den hunderttausenden Flüchtlingen – vor allem aus Syrien – fanden zunehmend auch die Ursachen der Flucht starke Berücksichtigung. Im Hoch- und Spätsommer gerieten somit zunehmend die Krisen und Kriege im Nahen und Mittleren Osten stärker ins Bewusstsein der europäischen Verbraucher. Wie können die Flüchtlinge innerhalb Europas gerecht verteilt werden? Wie können sie möglichst schnell in die Gesellschaft integriert werden? Diese Fragen beherrschten die Berichterstattung in den Medien. Doch auch die Logistik sowie die Versorgung der Flüchtlinge auf ihrem Weg durch Europa wurden zunehmend zum Thema.
Insgesamt ist die Lage in den betrachteten Ländern sehr unterschiedlich. In einigen Ländern lösten eher psychologische Faktoren, wie die stärker ins Bewusstsein drängenden Krisen, eine gewisse konjunkturelle Skepsis aus. Entsprechend beurteilten viele Bürger die Konjunktur- und Einkommenserwartung sowie die Anschaffungsneigung schlechter, als es die inländischen Rahmendaten erwarten ließen. Das Konsumklima EU28 ist seit Juni um einen halben Punkt auf 10,3 Zähler im September gesunken. Im August rutschte der Indikator sogar auf 9 Punkte ab.
Deutsche befürchten schwächere Konjunktur
Die Konjunkturerwartungen der Deutschen befinden sich auf Talfahrt. Der Indikator sank im September zum vierten Mal in Folge. Seit Juni büßte er somit 18,5 Punkte ein. Mit einem Wert von 6,4 Punkten lag der Konjunkturindikator im September aber noch immer knapp über seinem Vorjahresniveau von 4,4 Zählern. Auch ihre Einkommensaussichten schätzten die deutschen Verbraucher weniger optimistisch ein als im Juni. Über die Sommermonate sank der Indikator um 9,5 Punkte auf aktuell 47,7 Zähler. Dennoch liegt die Einkommenserwartung nach wie vor auf einem überaus hohen Niveau. Auch im Vergleich zum Vorjahr steht noch ein Plus von 4,3 Punkten zu Buche. Der Eintrübung der Konjunkturaussichten konnte sich auch die Anschaffungsneigung nicht entziehen. Der Indikator verlor im dritten Quartal 6,6 Punkte und ging auf 50,4 Zähler zurück. Im Vergleich zum letzten Jahr verzeichnet der Indikator noch ein Plus von 7,9 Punkten.
Frankreich: Anschaffungsneigung auf höchstem Stand seit fast 14 Jahren
Die Konjunkturerwartung der Franzosen hat sich im Sommer wieder stabilisiert. Der Indikator lag im September bei 6,1 Punkten. Das sind 0,6 Zähler mehr als im Juni. Die Franzosen gehen also von einer konstanten bis leicht steigenden Wirtschaftskraft ihres Landes aus. Vor einem Jahr – im September 2014 – verzeichnete der Indikator fast 33 Punkte weniger. Zwar erwarten die französischen Verbraucher bislang noch keine signifikant steigenden Einkommen, der zugehörige Indikator hat sich jedoch im dritten Quartal deutlich verbessert. Er stieg um 16,6 Punkte auf -7,1 Zähler im September. Vor einem Jahr lag die Einkommenserwartung noch bei -36,4 Punkten. Eine ähnlich positive Entwicklung zeigt sich auch bei der Anschaffungsneigung. Sie lag im September bei 8,7 Punkten und damit um fast 7 Zähler höher als im Juni. Der Indikator erreichte damit den höchsten Wert seit Dezember 2001. Damals stand er bei 17,2 Punkten.
Großbritannien: Konjunkturerwartung geht zurück
Die Briten gehen offensichtlich davon aus, dass die Wirtschaft ihres Landes in den kommenden Monaten nicht mehr so stark wachsen wird wie zuletzt. Die Konjunkturerwartung ist im dritten Quartal um 8,5 Punkte auf 11,2 Zähler gesunken. Das ist der niedrigste Wert seit Juli 2013. Vor einem Jahr lag der Indikator noch bei 24,6 Punkten. Die Einkommenserwartung der britischen Verbraucher ist hingegen stabil geblieben. Nach leichten Schwankungen in den Sommermonaten lag der Indikator im September mit 11,9 Punkten auf exakt dem gleichen Wert wie im Juni. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist er um etwas mehr als 10 Punkte gestiegen. Im Vergleich zu Juni ist auch die Anschaffungsneigung konstant geblieben. Sie lag im September mit 15,2 Punkten lediglich 0,6 Zähler über ihrem Vorquartalswert. Im August erreichte der Indikator allerdings mit 18,2 Punkten den höchsten Wert seit Oktober 2003. Es ist somit davon auszugehen, dass die britischen Verbraucher derzeit mehr Geld für hochwertige Produkte und Dienstleistungen ausgeben als in den letzten Monaten und Jahren.
Spanische Verbraucher rechnen weiterhin mit stabiler Konjunktur
Die spanischen Verbraucher gehen weiterhin von einem steigenden Wirtschaftswachstum in den nächsten Monaten aus. Zwar ist die Konjunkturerwartung seit Juni um knapp 4 Punkte auf 33,6 Zähler gefallen. Das Niveau ist jedoch nach wie vor ausgesprochen hoch. Diese Einschätzung der Verbraucher wird durch die wirtschaftliche Entwicklung durchaus unterstützt. Das Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Aufgrund der wieder guten und offensichtlich stabilen Konjunktur gehen die Spanier auch weiterhin von steigenden Einkommen aus. Das dürfte auch an der langsam, aber kontinuierlich zurückgehenden Arbeitslosigkeit liegen. Der entsprechende Indikator lag im September bei 20 Punkten. Das sind 2,5 Zähler mehr als im Juni. Im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt steht ein Plus von über 15 Punkten zu Buche. Für Anschaffungen, die über die täglich notwendigen Dinge hinausgehen, haben die spanischen Verbraucher dennoch bisher kein Geld übrig. Die Anschaffungsneigung ist zwar im dritten Quartal um über 7 Punkte gestiegen. Mit -5,3 Zählern liegt der Indikator jedoch nach wie vor im negativen Bereich.
Konjunkturerwartung in Belgien stark eingebrochen
Trotz stabiler Wirtschaftsdaten ist die Konjunkturerwartung der belgischen Verbraucher im dritten Quartal massiv eingebrochen und um rund 22 Punkte auf -3,6 Zähler gesunken. Die bedeutet den niedrigsten Wert seit Juni 2013. Die pessimistische Einschätzung in Bezug auf die weitere Entwicklung der Konjunktur beeinflusst auch die Einkommenserwartung. Der Indikator ist im dritten Quartal um 9,8 Punkte auf -22,9 Zähler gesunken. Vor einem Jahr – im September 2014 – lag der Wert bei -7,7 Punkten. Diesem Sog konnte sich auch die Anschaffungsneigung nicht entziehen. Der Indikator fiel um 6,5 Punkte auf 2,0 Zähler und liegt nur noch knapp über seinem langjährigen Durchschnittswert von 0 Punkten.
Griechenlands Konjunkturerwartung fällt dramatisch
Die nach wie vor schwierige wirtschaftliche und politische Situation in Griechenland wirkt sich massiv auf die Konjunkturerwartung der Verbraucher aus. Im Vergleich zum Juni fiel der Indikator bis September um über 20 Punkte auf -30 Zähler. Im Vergleich zum Vorjahresmonat steht ein Minus von rund 20 Punkten. Die stark gesunkene Konjunkturerwartung spiegelt sich auch in der Einkommenserwartung der griechischen Bevölkerung wider. Der dazugehörige Indikator ist im dritten Quartal um fast 21 Punkte auf -33,5 Zähler gefallen. Die Verbraucher rechnen ganz offensichtlich aufgrund der neuen Absprachen zwischen ihrer Regierung und der EU mit weiteren drastischen finanziellen Einschnitten. Hinzu kommen drohende Steuerzahlungen, wie beispielsweise ausstehende Immobiliensteuern, von denen 70 Prozent der Griechen betroffen sind. Demzufolge ist auch die Anschaffungsneigung der griechischen Verbraucher stark zurückgegangen. Während sie im Juni noch -17,5 Punkten verzeichnete, fiel sie im September auf -37,0 Zähler. Die Bürger sind ganz offensichtlich froh, wenn sie mit ihrem Geld die Ausgaben des täglichen Lebens bestreiten können. Aufwendungen für hochwertige Produkte oder Dienstleistungen werden sie sich voraussichtlich noch lange nicht leisten können.
Polen: Verbraucherstimmung trübt sich trotz starker Wirtschaftsdaten ein
Obwohl die Wirtschaft in Polen in den ersten zwei Quartalen deutlich gewachsen ist, schwächte sich der Konjunkturoptimismus der Verbraucher im dritten Quartal etwas ab. Der entsprechende Indikator fiel seit Juni um 3,5 Punkte und stand im September bei 15,7 Zählern. Im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt steht jedoch ein Plus von mehr als 10 Punkten zu Buche.
Die Einkommenserwartung ist mit einem Minus von 9,1 Punkten im dritten Quartal deutlich zurückgegangen. Im September lag der Indikator nur noch bei 7,1 Zählern. Vor genau einem Jahr lag er mit 0,3 Punkten nur knapp über dem langjährigen Durchschnittwert von 0 Zählern. Die Kauflaune der polnischen Verbraucher ist über die Sommermonate drastisch zurückgegangen. Die Anschaffungsneigung lag im September bei -8,8 Punkten. Das sind fast 18 Zähler weniger als noch im Juni. Schlechter stand der Indikator zuletzt im August des vergangenen Jahres.
Tschechen rechnen mit deutlich steigenden Einkommen
Die tschechische Wirtschaft brummt. Das Bruttoinlandsprodukt ist in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres um 4,1 beziehungsweise 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gewachsen. Auch wenn die Konjunkturerwartung seit Juni um knapp 8 Punkte gefallen ist, gehen die Verbraucher offensichtlich davon aus, dass sich die Wirtschaft auch weiterhin gut entwickeln wird. Im September lag der Indikator bei 23,4 Zählern. Aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung ist auch die Arbeitslosigkeit sehr niedrig. Im August lag sie bei 5 Prozent. Die Verbraucher gehen dementsprechend von steigenden Einkommen in den nächsten Monaten aus. Der entsprechende Indikator lag im September bei 38,4 Punkten. Das waren zwar 3 Punkte weniger als im Juni. Vor einem Jahr lag er noch bei 25 Zählern. Mit dieser Entwicklung kann die Anschaffungsneigung noch nicht ganz mithalten. Der Indikator verzeichnete im September 8,5 Punkte. Das sind 3,6 Zähler mehr als im Juni. Die Mehrheit der Tschechen kann nach der langen Wirtschaftskrise offensichtlich neben den alltäglich notwendigen Dingen noch kein Geld für hochwertige Produkte und Dienstleistungen aufwenden.
In Bulgarien geht die Anschaffungsneigung zurück
In Bulgarien entwickelt sich die Wirtschaft weiter positiv, der Index liegt mit -7,4 Zählern aber weiterhin im negativen Bereich. Dennoch ist die Konjunkturerwartung im Vergleich zum zweiten Quartal um 5,5 Punkte gestiegen. Noch deutlicher fällt die Zunahme mit Blick auf den Vorjahresmonat aus. Für diesen Zeitraum ist ein Anstieg um fast 18 Punkte feststellbar. Eine positive Entwicklung kann auch bezüglich der Einkommenserwartung gemessen werden. Die Arbeitslosenquote ist zwar noch hoch, aber stabil. Somit rechnen die Bulgaren mit gleichbleibenden Löhnen und Gehältern. Im Vergleich zum Juni verzeichnet der Indikator einen Anstieg um 5,9 Punkte auf -0,7 Zähler. Verglichen mit September 2014 beträgt die Steigerung fast 18 Punkte. Dennoch ist die Anschaffungsneigung im dritten Quartal um -5,1 Punkte gesunken. Das Einkommen reicht für viele Bulgaren weiterhin gerade, um den Grundbedarf zu decken. Größere Anschaffungen sind für einen Großteil der Bevölkerung nicht bezahlbar.
Die Ergebnisse zum GfK Konsumklima Europa stammen aus einer Konsumentenbefragung, die im Auftrag der EU-Kommission in allen Ländern der Europäischen Union durchgeführt wird. In den 28 Ländern werden monatlich etwa 40.000 Personen befragt. Diese sind repräsentativ für die erwachsene Bevölkerung in der EU.
Grundlage der GfK-Indikatoren zum Konsumklima Europa sind monatlich vorgenommene Befragungen zur Stimmung der Konsumenten. Dabei geht es zum einen um die gesamtwirtschaftliche Situation der einzelnen Länder und zum anderen um die Lage der Haushalte selbst.