Galloway ist derzeit „Clinical Professor of Marketing“ an der NYU Stern School of Business, er lehrt dort „Brand Strategy and Digital Marketing“ und berät mit seiner Firma L2 Inc. Unternehmen bei ihrer digitalen Strategie. Vor L2 hatte Galloway bereits die Firmen Red Envelope und Prophet Brand Strategy gegründet. Das World Economic Forum wählte ihn unter die „Global Leaders of Tomorrow“.
„The Gang of four“: Google, Amazon, Facebook, Apple
Zum Frühstück bittet Scott Galloway an diesem Morgen um ein Becks – zumindest lässst er sich eines auf die Bühne bringen. Zum Trinken hat er dann aber keine Zeit, genauso wenig wie seine Zuhörer: Denn wenn einer der bekanntesten Marketingprofessoren der Welt einen seiner Vorträge hält, geht es zügig voran.
Den vielen Zahlen auf seinen Charts galoppiert Galloway mit einer Geschwindigkeit an Sprache voran und lässt kaum Zeit, angemessen über all die Informationen zu staunen:
- Amazon ist verantwortlich für 42,7 Prozent des amerikanischen E-Commerce – das ist mehr als die zehn größten E-Commerce-Wettbewerber zusammen. Gleichzeitig bestritt der Versandriese im vergangenen Jahr 51 Prozent des gesamten E-Commerce-Wachstums in den Staaten.
- Apple wuchs in den letzten Jahren mehr als die zehn größten Wettbewerber zusammen genommen.
- Facebook macht mittlerweile mehr Geld mit Werbung als die gesamte US-amerikanische Magazinbranche, außerdem wächst das Unternehmen so schnell wie bislang kein anderer Konzern.
- Mit 34 und 17 Prozent Marktanteil des mobilen Werbemarktes bilden Google und Facebook gemeinsam das Zentrum des Mobile Advertising-Universums.
Kurz gesagt: Amazon, Google, Facebook und Apple – Galloway nennt sie die „Gang of four“ – regieren die Welt oder zumindest das Internet, die Tech- und Werbebranche. Aber: Wussten wir das nicht bereits alle?
Vision statt Profit
Galloway leitet daher eine andere Frage daraus ab, aber auch die klingt mittlerweile eher rhetorisch als ernst gemeint: Wie machen sie das? Natürlich hat der 1,9 Millionen-Dollar-Professor eine markige Antwort darauf vorbereitet, die in etwa so lautet: „Amazon has done something, that noone ever did before: It replaced profits by vision.“
Aber wie konkurriert man mit einem Unternehmen, das kein Geld machen will? Galloway hat darauf drei Antworten: „Brain, Love, Empathy“ – Verstand, Liebe und Empathie. Produkte, Firmen, Marken müssten diese drei menschlichen Gefühle oder Fähigkeiten ansprechen, um Erfolg zu haben. Apple bescheinigt Galloway keine allzu rosige Zukunft: Virtual Reality? Apple-Watch? Alles „Head-Fakes“, sagt der Professor. Sie zielten zu sehr darauf ab, mit dem Gehirn zu konkurrieren, statt auch das Herz anzusprechen.
Binsenweisheiten und viel Tam Tam
Um seine „Glas-halb-leer“-Visionen der Welt seriös zu untermauern, legt Galloway dann noch eine kleine Adele-Performance hin: Mit Locken-Perücke (Hat Adele nicht kurze, glatte Haare?) singt er „Hello“, und das ganze wirkt so abgedreht, dass man vergisst zu verstehen, was das eigentlich soll.
Galloway hat mit einem ähnlichen – um nicht zu sagen, dem gleichen – Vortrag bereits auf der DLD-Konferenz zu Beginn des Jahres Aufsehen erregt. Während ihn viele Zuhörer ob seiner kernigen Thesen wie einen Musikstar hypten, bemängelten Kritiker seinen Hang zu Binsenweisheiten, die er mit viel Tam Tam zu inszenieren weiß.
Beide mögen Recht haben, Fakt ist: Begeistern kann Galloway – und das, obwohl er das Glas eigenen Aussagen zufolge eher als „halb leer“ statt halb voll sehe. Zum Schluss gibt er der Bühnenprofi noch ein paar Tipps fürs Leben:
„Your most precious object is your human capital.“
„Cool and money are opposites from each other.“
„There is a difference between success and fulfillment.“
Und, ganz wichtig für alle Marketer und E-Commerce-Wannebes: „Never Trust someone who says, E-Commerce is a business. It’s a channel. And you should be in as many channels as you can.“