In Deutschlands Büros und Werkhallen breitet sich zunehmend Gleichgültigkeit aus. Einer neuen Untersuchung zufolge haben Arbeitnehmer im vergangenen Jahr so oft wie nie zuvor nur noch das Nötigste geleistet. Die emotionale Bindung an den Arbeitgeber – und damit auch die Arbeitsmoral – ist auf einem Tiefpunkt, während das Vertrauen in Führungskräfte und die wirtschaftliche Zukunft schwindet. Das geht aus dem Gallup Engagement Index 2024 hervor.
Besonders alarmierend: Lediglich neun Prozent der Beschäftigten fühlen sich ihrem Arbeitgeber noch stark verbunden – 2023 lag dieser Wert noch bei 14 Prozent. Gleichzeitig sind immer weniger Mitarbeiter bereit, langfristig bei ihrem aktuellen Unternehmen zu bleiben. Nur knapp die Hälfte plant, noch mindestens ein Jahr dort tätig zu sein, während sich nur rund ein Drittel vorstellen kann, länger als drei Jahre zu bleiben.
Arbeitsmoral: „innere Kündigung“ mit milliardenschweren Folgen
Der sogenannte „Dienst nach Vorschrift“ hat massiv zugenommen: 78 Prozent der Arbeitnehmer arbeiten nur noch nach minimalen Vorgaben – ein deutlicher Anstieg gegenüber 67 Prozent im Vorjahr. „Das heißt, dass fast zwei Millionen weniger Arbeitnehmende als im Vorjahr mit Hand, Herz und Verstand bei der Sache waren“, heißt es in der Studie.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind enorm. Laut Gallup belaufen sich die durch Produktivitätsverluste entstandenen Kosten auf 113 bis 135 Milliarden Euro – nur geringfügig weniger als im Vorjahr.
Führungskräfte im Vertrauensverlust
Marco Nink, Studienautor bei Gallup, erklärt: „Die vorherrschende schwach ausgeprägte emotionale Bindung trägt zur Wechselwilligkeit bei, während sich die Einschätzung des Arbeitsmarktes zunehmend von der wirtschaftlichen Lage entkoppelt.“ Trotz anhaltend schlechter Wirtschaftsnachrichten beurteilen viele Beschäftigte ihre Jobchancen weiterhin optimistisch – ein Effekt, der dem anhaltenden Fachkräftemangel zugeschrieben wird.
Besonders eklatant ist der Vertrauensverlust in Führungskräfte: Nur noch 21 Prozent der Arbeitnehmer vertrauen ihrem Vorgesetzten – ein Absturz um 20 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Noch 2019 lag dieser Wert bei 49 Prozent. „Die Daten deuten auf tiefe Skepsis und ein Empfinden von Entfremdung in weiten Teilen der Arbeitnehmerschaft hin“, so die Studie.
Unternehmen hätten es zwar geschafft, „innere Kündigung“ durch gezielte Maßnahmen wieder zu reduzieren – aber sie hätten es bisher nicht geschafft, Motivation zu wecken. Ziel müsse es sein, durch eine motivierende Führungskultur zu hoher emotionaler Bindung zu kommen und damit die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Der Gallup Engagement Index wird seit 2001 jährlich erhoben. Für die aktuelle Studie wurden zwischen dem 18. November und 20. Dezember 2023 insgesamt 1.700 zufällig ausgewählte Arbeitnehmer ab 18 Jahren telefonisch befragt. Die Ergebnisse gelten als repräsentativ für die deutsche Arbeitnehmerschaft.
Mit Material der dpa.