Von Matthias Riedle, Vorstand beim Marketing Club Augsburg
Die Digitalisierung schreitet voran, und das ist – alles in allem – etwas Gutes. Vor allem durch die Corona-Pandemie nimmt der Datenverkehr dank Homeoffice, digitalen Veranstaltungen, E-Learning und vermehrtem Streaming enorm zu. Es gibt immer mehr Tätigkeiten und Geschäfte, die online gehen, um Lockdowns und andere Beschränkungen zu überleben.
Natürlich kann man dankbar sein für die Möglichkeiten, die das Internet einem eröffnet. Noch vor ein paar Jahren wäre das Leben in so einer Pandemie wesentlich komplizierter und eintöniger vonstattengegangen und an Arbeiten wäre nicht zu denken gewesen. Doch was oft vergessen wird, während Millionen Bits und Bytes durch das Netz gejagt werden, ist der CO2-Fußabdruck, den jeder von uns online hinterlässt.
CO2-Emissionen der Internetdienste
Mal schnell etwas googeln, eine Folge der Lieblingsserie streamen, eine E-Mail versenden, Fotos in die Cloud laden: Das ist Alltag im Leben der allermeisten Deutschen. Nichts, worüber man lange nachdenkt, und mit Sicherheit auch nichts, von dem man weitreichende Konsequenzen erwartet.
Was vielen allerdings nicht bewusst ist, ist die Tatsache, dass der Anteil des Internets am weltweiten Energiebedarf bei zwei Prozent liegt. Wer mit dieser Zahl nichts anfangen kann, dem sei gesagt, dass das Web damit gleichauf liegt mit der Luftfahrtindustrie. Wer also auf das Fliegen verzichtet und seinen Urlaub lieber im Internet verbringt, um die Umwelt nicht zu belasten, der darf an dieser Stelle anfangen, sich Gedanken zu machen. Denn die CO2-Emissionen, die beim Streamen und Surfen produziert werden, sind enorm. Bei einer einzigen Suchanfrage über den Internetgiganten Google entstehen 0,02 Gramm CO2. Laut Google lag die Anzahl der täglichen Suchanfragen bereits im Jahr 2019 bei über 3,5 Milliarden. Tendenz stark steigend.
Stromfresser Rechenzentren
In Zeiten der „Fridays for Future“-Bewegung und endloser Diskussionen über den Klimawandel fragt sich so manch einer bereits beschämt, wie sehr er der Umwelt wohl in seinem Leben schon geschadet hat. Das Bewusstsein für einen grünen Lebensstil nimmt zu, immer mehr Menschen verzichten weitestgehend auf Plastikmüll, steigen auf Elektroautos oder öffentliche Verkehrsmittel um und achten beim Lebensmittelkauf auf Bio- und regionale Produkte. Das ist in jedem Fall ein Trend, der sehr zu begrüßen ist. Doch da die Daten, die jeder Einzelne täglich durch das Internet schießt, nicht auf der privaten Stromrechnung auftauchen, werden sie geflissentlich ignoriert.
Nein, die große Stromrechnung geht an die Konzerne, die Rechenzentren betreiben, deren Ausmaße wir uns nur schwer vorstellen können. Der jährliche Stromverbrauch aller Rechenzentren in Deutschland liegt laut einer Studie des Borderstep Instituts, die gemeinsam mit dem Fraunhofer IZM durchgeführt wurde, bei 14,3 Milliarden Kilowattstunden. Das sind zwei Prozent des gesamten jährlichen Energiebedarfs in Deutschland. Die Studie belegt, dass die Tendenz steigt und der Stromverbrauch im Jahr 2025 bereits bei 16,4 Milliarden Kilowattstunden liegen wird. Wer sich also intensiv mit dem Thema digitale Nachhaltigkeit beschäftigt, der merkt schnell, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Aber was kann getan werden, um den digitalen Fußabdruck zu verkleinern?
Die grüne Webseite
Natürlich kann sich nun jeder Einzelne Gedanken über sein persönliches Surfverhalten machen. Es scheint durchaus sinnvoll zu hinterfragen, ob man wirklich jeden noch so unwichtigen Funfact googeln und sich zum Zeitvertreib stundenlang Videos anschauen muss. Bekanntlich soll ja jeder vor seiner eigenen Haustüre kehren und so vielleicht ein kleines Stückchen zum Umweltschutz beitragen.
Doch noch viel schlauer ist es, das Pferd von hinten aufzuzäumen und bei den Unternehmen anzufangen. Um tatsächlich Bits zu sparen, sollte der Datentransfer verringert werden. Wie das gelingen kann? Mit einer grünen Webseite. Was auf den ersten Blick kompliziert klingt, ist in jedem Fall eine lohnende Investition in die Zukunft.
Nun fragt sich der interessierte Marketingmanager im ersten Moment vielleicht, wie seine Webseite denn grüner werden kann. Das fängt bereits beim Hosting an. Inzwischen gibt es immer mehr Webhoster, die sich auf nachhaltige Webseiten spezialisiert haben und die ihre Rechenzentren mit Ökostrom betreiben. Weiter geht es bei der Programmierung. Ein sauberer und übersichtlicher Code, der auf überflüssige Plug-ins verzichtet, führt zu kürzeren Ladezeiten.
Das gleiche Ziel verfolgt die Reduzierung unnötiger Daten, die eine Internetpräsenz belasten. Es gab eine Zeit, da bestanden Webauftritte vor allem aus Texten, hier und da fand man kleine Bilder. Heutzutage ist mehr offensichtlich mehr, denn Blogs, Webseiten und Online-Shops werden gerne üppig mit möglichst vielen Videos, Grafiken und Bildern bestückt. Als Betreiber sollte man sich die Frage stellen, ob das für den Zweck – welcher auch immer das ist – dringend nötig ist. Vielleicht sollte man zu der guten alten Weisheit zurückfinden, dass eben doch weniger mehr ist.
Gut für die Umwelt und für Google
Die Unternehmenswebseite zu reduzieren und damit schneller und nutzerfreundlicher zu machen, lässt nicht nur Umweltschützer jubeln, auch Google sieht so etwas gerne. Das neueste Update legt nämlich wesentlich mehr Wert auf technische Details. Die drei wichtigsten Metriken dabei sind, ganz einfach ausgedrückt: die Ladezeit des größten Content-Teils im sichtbaren Bereich des Browser-Fensters, die Zeit zwischen der ersten Interaktion des Nutzers bis zur tatsächlichen Reaktion der Webseite und die visuelle Stabilität. Wer also weiterhin gut bei Google ranken möchte, der sollte seinen Internetauftritt dahingehend anpassen. Dabei werden die Datenmengen automatisch verschlankt und der digitale Fußabdruck verringert.
Ein Hoch auf das Internet
Wer jetzt aufgrund seines Surfverhaltens ganz beschämt ist, der kann beruhigt aufatmen. Denn natürlich ist die Digitalisierung per se keine Umweltsünde. In der Tat hat sie sogar einiges zum Umweltschutz beigetragen. Tonnen von Papier und Postwege wurden reduziert, Carsharing kann nur dank dem Internet bestehen und eine Videokonferenz verbraucht wesentlich weniger CO2 als all die Kollegen, die per Flugzeug oder Zug anreisen.
Damit die Errungenschaft Internet weiterhin positiv behaftet bleiben kann, müssen Unternehmen nachziehen und ihren digitalen Fußabdruck reduzieren. Ein erster und sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist die grüne Internetpräsenz.
Der Artikel erschien zuerst im Printmagazin der absatzwirtschaft, das Sie hier abonnieren können.