Der Ausbau des mobilen Netzes ist in Deutschland viele Jahre auf der Strecke geblieben. Um so größer sind die Erwartungen in den neuen Standard 5G. Die Auktion der ersten Frequenzen beginnt am Dienstag. Was können Verbraucher konkret erwarten? Und was hat die Industrie davon? Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Super-Netz der Zukunft.
Was ist 5G überhaupt?
5G bezeichnet die fünfte Mobilfunkgeneration. Die bisherigen waren das analoge mobile Telefonieren sowie die Digitalstandards GSM, UMTS und LTE. 5G kann die Daten rund hundert Mal schneller transportieren als das aktuelle LTE (4G). Der neue Standard verspricht aber auch kürzere Laufzeiten der Daten (Latenz). Außerdem können in einer 5G-Funkzelle viel mehr Geräte bedient werden als bei den älteren Standards. Mit 5G lassen sich Geräte bis auf einen Meter genau orten. Die 5G-Architektur kann sich intelligent an den jeweiligen Erfordernissen der Geräte im Netz ausrichten. So kann ein 5G-Netz zum Beispiel in einer Fertigungshalle besonders viele Dinge und Maschinen miteinander verbinden, in einer anderen Situation hohe Bandbreiten etwa für die Wiedergabe hochauflösender Videos zur Verfügung stellen oder aber auf Straßen ein besonders schnelles und zuverlässiges Netz mit kurzen Latenzen zur Verkehrssteuerung bieten.
Warum sind kurze Laufzeiten in 5G relevant?
Die Daten können über 5G fast in Echtzeit übermittelt werden, die Latenzzeit kann unter einer Millisekunde liegen und darf höchstens zehn Millisekunden betragen. Das macht das Netz zum Beispiel attraktiv für den Betrieb ferngesteuerter Fahrzeuge und Präzisions-Roboter. Auch Telemedizin-Anwendungen, zum Beispiel eine Operation aus der Ferne, sind nur mit einer geringen Latenz möglich.
Welche Frequenzen werden jetzt versteigert?
In der 5G-Auktion, die am 19. März beginnen soll, geht es um 41 Frequenzblöcke, die in vergleichsweise hohen Bereichen liegen (2 sowie 3,4 bis 3,7 Gigahertz). Nach den Gesetzen der Physik haben diese hohen Frequenzen keine großen Reichweiten. Es können zwar theoretisch bis zu fünf Kilometer überbrückt werden, aber auch nur dann, wenn kein Baum, Haus oder ein anderes Hindernis im Weg steht. Die Frequenzen aus der Versteigerung eignen sich deshalb weniger, um etwa ländliche Gebiete mit Mobilfunk großflächig abzudecken. Der Funkstandard 5G lässt sich aber auch auf anderen Frequenzen nutzen, die größere Entfernungen überwinden können. Dazu gehört das Frequenzspektrum im 700-MHz-Bereich, der bereits 2015 versteigert wurde.
Wie kann 5G die unterschiedlichen Anforderungen bedienen?
Bei 5G gibt es nicht ein Netz für alle, sondern viele virtuelle Netze, die bestimmte Anforderungen erfüllen. “Network-Slicing” wird dieses Prinzip genannt. Manche Anwendungen verlangen möglichst große Datenübertragungsraten, andere haben nur kleine Datenmengen zu übertragen, die aber mit möglichst geringer zeitlicher Verzögerung ankommen müssen, beispielsweise bei Robotersteuerungen in Fabriken oder der Vernetzung selbstfahrender Fahrzeuge. In der Logistik wird dagegen eine möglichst stromsparende Anbindung von unzähligen Gegenständen an das Internet der Dinge gewünscht. Für etliche Anwendungsszenarien gibt es also einen Slice.
Wer profitiert von 5G?
Zunächst werden vor allem Unternehmen profitieren, die den neuen Standard zum Beispiel in ihrer Fertigungshalle oder in einem Fuhrpark für das Internet der Dinge nutzen. Für die Industrie 4.0 gilt 5G als unverzichtbar. Auch intelligente Verkehrsleitsysteme sind in Planung, bei denen sich etwa die Ampelschaltung am tatsächlichen Verkehrsaufkommen orientiert. Zudem wird der Einsatz von 5G für den Betrieb autonomer Fahrzeuge getestet.
Was hat der private Nutzer davon?
Erst kürzlich haben zahlreiche Hersteller neue Smartphones angekündigt, die bereits den 5G-Standard unterstützen. Doch wann die ersten Käufer davon einen Vorteil haben werden, ist offen. Noch gibt es keine buchbaren Tarife der Mobilfunk-Provider für den neuen Standard. Vorteile dürfte 5G privaten Nutzern überall dort bringen, wo viele Menschen zusammenkommen und gleichzeitig online sein wollen. So eignet sich 5G zum Beispiel ideal dafür, auf einem Open-Air-Konzert oder bei einem Fußballspiel im Stadion keinen Besucher mehr netztechnisch im Regen stehen zu lassen.
Nein, LTE ist eine wesentliche Grundlage von 5G. Die Mobilfunkbetreiber bauen die 4G-Netze auch weiterhin massiv aus. Für viele Anforderungen dürfte sogar LTE völlig ausreichen – zum Beispiel beim Streaming von Videos. Das meinen zumindest die Provider. Im einfachen Betrieb kommt LTE auf eine Bandbreite bis zu 150 Megabit pro Sekunde, in manchen Städten sind heute bereits bis zu 300 Mbit/s möglich. Das bereits seit 2016 gebaute LTE Advanced Pro (4,5G) soll dann sogar Geschwindigkeiten bis einem Gigabit pro Sekunde liefern. Selbst große Videodateien ließen sich damit in Sekundenschnelle herunterladen. Allerdings sind viele LTE-Netze nicht in der Lage, die theoretisch möglichen Höchstgeschwindigkeiten auch in der Praxis zu liefern. Bei 5G soll die bei den Nutzern tatsächlich ankommende durchschnittliche Datenübertragungsrate im Vergleich zu LTE viel höher sein.
Löst 5G das Problem der schlechten Netzabdeckung?
Wohl kaum. Zuletzt forderten zwar allen voran die Länder Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz den Ausbau von 5G in allen Regionen. Technisch gesehen ist es aber keine banale Aufgabe, den schnellen 5G-Funk in jeden Winkel Deutschlands zu bringen.
Das liegt zunächst einmal an der Tatsache, dass bei den hohen Ansprüchen an das neue Netz die meisten Mobilfunk-Basisstationen über Glasfaserleitungen angebunden sein müssen. In Ausnahmefällen kann eine Basisstation auch mit Richtfunk ins Netz gebracht werden. Diese Funkverbindung kann aber nicht die Geschwindigkeiten der Glasfaser bieten. In der Regel gilt deshalb: Ohne Glasfaser kein 5G.
Erschwerend kommt hinzu, dass die bei der Auktion angebotenen 5G-Frequenzen eigentlich nicht für eine flächendeckende Versorgung in Frage kommen. “Jetzt wird Spektrum bei 3,6 Gigahertz versteigert. Das ist allerdings wegen ungünstiger Ausbreitungsbedingungen für die Flächenversorgung gänzlich ungeeignet”, kritisierte Achim Berg, Präsident des Branchenverbandes Bitkom.
Wie aufwändig wäre ein flächendeckender Ausbau mit 5G?
Anstelle der existierenden 60.000 bis 70.000 Funkmasten brauche man im 3,6er Band rund 800.000 Funkmasten, um 98 Prozent der Haushalte mit 5G zu versorgen, rechnete Berg vor. “Deutschland müsste im Abstand von je einem Kilometer mit Funkmasten gespickt und schachbrettmusterartig aufgebaggert oder aufgefräst werden. Dagegen entstehen jetzt schon die ersten Bürgerinitiativen.” Jeder einzelne 5G-Mast kostet schätzungsweise mehr als 100.000 Euro, sodass sich das schnell zu Milliardensummen addiert.
Bei der Kalkulation des Bitkom-Präsidenten wurde allerdings nicht berücksichtigt, dass 5G auch mit niedrigeren Frequenzen funktioniert, die die Provider bereits vor drei Jahren ersteigert haben. Das 700-MHz-Band wurde einst für die erste Version des digitalen Antennen-Fernsehens DVB-T genutzt und wurde nach 2015 Schritt für Schritt für den Mobilfunk leergeräumt. Der Teufel liegt aber auch hier im Detail: Die drei großen Provider – Telekom, Vodafone und Telefónica (O2)- verfügen im 700-MHz-Band nur über enge Slots von zwei mal zehn Megahertz. Aufgrund dieser geringen Bandbreite wird sich deshalb die dort erzielbare Datenrate bei 5G in engen Grenzen halten.
Wann können ländliche Regionen mit schnellerem Internet rechnen?
Da andere Frequenzbereiche mit hoher Reichweite für 5G in absehbarer Zeit nicht frei werden, müssen die Mobilfunk-Kunden auf dem Land darauf hoffen, dass sich zumindest die Versorgung mit der vierten Mobilfunkgeneration LTE verbessert. Dort werden nämlich Frequenzen verwendet, die sich besser für eine flächendeckende Versorgung eignen (800 MHz und 900 MHz) als die neuen Frequenzen aus der 5G-Auktion. Positiv auswirken wird sich dabei, dass Technologiekonzerne wie Qualcomm und Samsung auch daran arbeiten, den bestehenden Standard LTE immer schneller zu machen.
Aber auch für die Verbesserung der LTE-Versorgung müssen viele neue Basisstationen aufgestellt werden. Und dafür benötigt man auch die Glasfaser-Leitungen in der Fläche. Damit sich der ganze Aufwand rechnet, wächst der Druck auf die Provider, mit ihren Wettbewerbern zusammenzuarbeiten. Das Szenario, dass ein Mobilfunkunternehmen die Basisstation samt Funkmast komplett aufbaut, ans Netz anschließt, betreibt und dann die Kunden der Konkurrenz über ein regionales Roaming mitfunken lässt, stößt allerdings bei Telekom, Vodafone und Telefónica auf Widerstand. Sie bevorzugen eine Zusammenarbeit bei der Infrastruktur: Ein Provider sorgt für den Glasfaser- und Stromanschluss und stellt den Funkmast auf. Die Wettbewerber können dann für ihre Technik einen Platz mieten und darüber ihre Kunden ohne Roaming direkt bedienen.