Von Kathrin Schürmann
Bewertungs- und Empfehlungsplattformen gewinnen für das Online-Marketing immer mehr an Bedeutung. Durch die zunehmende Verbreitung und Integration von mobiler Internetnutzung und Location-based Services trifft diese Form des Empfehlungsmarketings den Nerv der Zeit und bietet gerade auch kleineren und mittelständischen Unternehmen gute Chancen zur Neukundengewinnung. Zusätzliche Relevanz erfahren die Bewertungsplattformen dadurch, dass Online-Bewertungen von Suchmaschinen wie Google beim Ranking berücksichtigt werden. Für viele Unternehmen ist die Notwendigkeit guter Online-Bewertungen daher groß, denn negative Bewertungen sind schlecht fürs Geschäft – nicht nur in finanzieller Hinsicht.
Die Frage, was sich Unternehmen im Einzelfall gefallen lassen müssen und was nicht, ist aus rechtlicher Sicht oft schwierig zu beantworten. Am häufigsten wird darüber gestritten, ob einzelne Bewertungen den Tatbestand der Kreditgefährdung oder Verleumdung erfüllen, zum Beispiel durch Fake-Bewertungen von Konkurrenten. Um Beleidigungen geht es im Unternehmensbereich eher selten. Zunehmend steht – wie der Fall „Yelp“ zeigt – auch die Haftung der Plattformbetreiber selbst im Fokus.
Unternehmen dürfen bewertet werden
Unternehmen müssen es in den allermeisten Fällen dulden, dass sie online auf Yelp & Co. bewertet werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat im Jahr 2012 über die Klage eines Berliner Hotels entscheiden, das erreichen wollte, vollständig aus einer Reisebewertungsplattform entfernt zu werden. Der Grund: Umsatzeinbußen wegen – aus Sicht des Hotels – unsachlicher anonymer Bewertungen.
Die Richter entschieden zugunsten der Bewertungsplattform. Deren Geschäftsmodell stehe nämlich unter dem Schutz der Meinungsfreiheit. Der Umstand, dass die Bewertungen anonym abgegeben werden können, spiele keine Rolle – die Meinungsfreiheit gilt auch für Unbekannte. Das Hotel könne von der Bewertungsplattform allenfalls verlangen, dass einzelne beleidigende oder nachweislich falsche Bewertungen, etwa von Konkurrenten (Fake-Bewertungen), gelöscht werden, da diese nicht unter dem Schutz der Meinungsfreiheit stehen. Unternehmen hätten jedoch kein Recht darauf, auf Bewertungsplattformen überhaupt nicht bewertet zu werden, da das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege – selbst wenn die Bewertungen überzogen und pointiert formuliert sind.
Vorgehen gegen Verfasser von rechtswidrigen Bewertungen
Oft sind die Verfasser einer rechtswidrigen Bewertung unbekannt. Auskunftsansprüche gegen den Plattformbetreiber bestehen in den meisten Fällen aus datenschutzrechtlichen Gründen aber nicht. Doch selbst wenn ein Recht auf Auskunft besteht, geht dieses oft ins Leere, da kaum ein Bewertungsportal die Identität ihrer Nutzer überprüft.
Der Plattformbetreiber haftet
Wenn dem betroffenen Unternehmen somit – wie in den meisten Fällen – die Identität des Verfassers einer rechtswidrigen Bewertung verborgen bleibt, bleibt ihm nur die Möglichkeit, gegen den Betreiber der Bewertungsplattform als sogenannter „Störer“ vorzugehen. Denn in Deutschland ist es – anders als etwa in den USA – nicht möglich, Verfahren gegen Unbekannte zu führen.
In der Regel sind Bewertungsplattformen nicht verpflichtet, jede Bewertung zu überprüfen. Dies würde deren legitimes Geschäftsmodell unangemessen erschweren, wenn nicht unmöglich machen, da eine automatisierte inhaltliche Überprüfung aller Bewertungen technisch (noch) nicht machbar ist. Eine Pflicht zur Überprüfung entsteht für die Plattformbetreiber daher erst dann, wenn sie auf eine mögliche Rechtsverletzung hingewiesen werden. Die fraglichen Bewertungen müssen von den Plattformbetreibern daraufhin sofort überprüft – typischerweise durch Nachfragen beim Verfasser – und dann gegebenenfalls gelöscht werden.
Viele Plattformbetreiber stellen hierfür spezielle Formulare oder Ansprechpartner bereit. Die Praxis zeigt aber, dass derartige Beschwerden häufig nicht zum gewünschten Erfolg führen.
Am zweckmäßigsten ist zumeist die förmliche Abmahnung des Plattformbetreibers, also die genaue Beschreibung der beanstandeten Bewertung und die Androhung gerichtlicher Schritte. Die Erfahrung zeigt, dass die Plattformbetreiber häufig einlenken, wenn die Abmahnung die Rechtswidrigkeit der streitigen Bewertung überzeugend darlegt.
Der Fall „Yelp“
In letzter Zeit macht in Deutschland vor allem die Bewertungsplattform „Yelp“ Schlagzeilen. Das US-Unternehmen hatte im Jahr 2012 die deutsche Bewertungsplattform Qype gekauft. Im Zuge der Integration der deutschen Qype-Bewertungen in seine Datenbanken hat Yelp jedoch zahlreiche Bewertungen deutscher Unternehmen herausgefiltert. Dies führt dazu, dass die betroffenen Unternehmen nun eine deutlich schlechtere Gesamtbewertung erhalten, weil positive Bewertungen zwar noch angezeigt, aber nicht mehr für die Gesamtbewertung berücksichtigt werden. Viele Unternehmen zogen daraufhin vor Gericht – mit Erfolg. Die Richter entschieden, dass es unzulässig sei, eine Gesamtbewertung anzuzeigen, wenn nicht klar ist, auf Grundlage welcher Bewertungen sie ermittelt worden ist.
Fazit: Strategie entwickeln
Bewertungsplattformen sind sinnvoll und werden auch in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die rechtlichen Fragen im Bereich des Empfehlungsmarketings durch Bewertungsplattformen sind jedoch kompliziert. Es handelt sich häufig um juristisches „Neuland“, so dass bis zur Klärung der Rechtslage durch die Gerichte noch einige Zeit vergehen dürfte. Bis dahin sind Unternehmen jedoch nicht schutzlos gestellt. Mit der richtigen Strategie stehen die Chancen gut, erfolgreich gegen rechtswidrige oder unfaire Bewertungen vorzugehen. Daher wird es auch für die Anbieter von Bewertungsplattformen immer wichtiger, sich Klarheit über die rechtlichen Risiken ihres Geschäftsmodells zu verschaffen.
Über die Autorin:
Rechtsanwältin Kathrin Schürmann ist in der Kanzlei Schürmann Wolschendorf Dreyer tätig und berät Unternehmen schwerpunktmäßig in Fragen des IT- und Datenschutzrechts sowie des Wettbewerbsrechts. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Unternehmen aus dem E-Business.